Der legendäre Spieleentwickler und Mitverantwortliche für Nex Machina wählt seine Lieblingsspiele
Matt Groizard:
Das Bemerkenswerte an Housemarques neuestem Spiel, Nex Machina, ist nicht nur, dass es ein weiterer fantastischer Arcade-Shooter des Studios ist, sondern auch, dass die Entwicklung in Zusammenarbeit mit dem legendären Spieleentwickler Eugene Jarvis erfolgte.
Jarvis ist der Vater des Top-Down-Shooter-Genres, prägte es mit dem bahnbrechenden Klassiker der 1980er, Robotron: 2084, und vollendete es in den 1990er Jahren mit dem glorreichen Sci-Fi-Koop-Shooter Smash TV. Da Nex Machina genauso als geistiger Nachfolger der anderen Titel von Housemarque angesehen werden kann wie das PS4-Debüt Resogun, haben wir beschlossen, dass es endlich Zeit wird, uns mit dem Herrn persönlich zu unterhalten und etwas über seine Lieblingsspiele in Erfahrung zu bringen, wie zum Beispiel …
1. Das erste Spiel, das du je gespielt hast.
Pong. Ich habe mit meiner Schwester viel Pong gespielt und ich glaube, sie war darin sogar besser als ich. Aber Spacewar! ist das Erste, das ich in Stanford gesehen habe. Man musste dafür bezahlen und es lief auf einem Gerät, das so groß war wie ein Kühlschrank. Man könnte sagen, dass es der Vorgänger von Asteroids ist, aber als PvP. Darin ähnelt es wiederum Pong, doch im Vergleich dazu war Spacewar! komplizierter.
Eigentlich waren die ersten Spiele alle nur im PvP-Modus spielbar, da es schwer war, einen guten Computergegner zu programmieren, sodass das Spielen gegen eine andere Person wesentlich praktikabler war. Es ist lustig, dass das zum Teil auch auf heutige Spiele zutrifft, wie Street Fighter oder Arena-Shooter wie Overwatch.
2. Das Spiel, das in dir den Wunsch auslöste, Entwickler zu werden …
“Space Invaders. Um ehrlich zu sein, habe ich davor schon Flipperspiele gemacht, aber als ich Space Invaders sah, hat das in Bezug auf die Möglichkeiten von Videospielen meinen Horizont erweitert. Davor waren sie einfach eine neue Unterhaltungsform mit wenig Tiefe. Ein kleines, zehnminütiges Freudenhoch.
Space Invaders hatte eine große Wirkung mit seinen Aliengegnern und der KI. Mir wurde zum ersten Mal das Potenzial des „Mann gegen Maschine”-Aufbaus bewusst, was später große Erfolge mit Titeln wie Pac-Man, Asteroids und anderen feierte.
Flipperspiele folgten im Wesentlichen einem strikten PvE-Aufbau mit den immer gleichen Elementen: Bumper, Lichter, Töne und Metallkugeln. Das hat sehr viel Spaß gemacht, aber gleichzeitig war es ein wenig monoton, da man nur unterschiedliche Motive und Abfolgen erleben konnte.
Bei Spielen wie Space Invaders habe ich zum ersten Mal eine neue, audiovisuelle Welt wahrgenommen, der wirklich keine Grenzen gesetzt waren. Die aggressive Vorgehensweise der Eindringlinge, die einen jagen, konnte einem das Herz höher schlagen lassen. Es war eine echte interaktive Erfahrung. Solange die eigene Fantasie und die Technik es erlaubten, war alles möglich. Danach wirkten Flipperspiele ein wenig beschränkt und Videospiele hatten mich in ihren Bann gezogen.
3. Das Spiel, von dem du wünschtest, du hättest es gemacht …
Tja, das ist eine gute Frage. Hinterher ist man immer klüger. Zum Beispiel: Warum habe ich nicht Candy Crush entwickelt? Als Entwickler versucht man die Denke der Leute da draußen zu übernehmen, also versucht man immer etwas zu entwickeln, das den Nerv des menschlichen Befindens trifft.
Was die großen Titel mit den riesigen Budgets angeht … ich habe mir nie gewünscht, so etwas zu erschaffen, da sie eigentlich ein Produkt aus einer Masse an Ideen sind, die zusammenkommen, und etwas Gewaltiges und Großartiges kreieren. Sie sind nicht wirklich das Werk eines Autors, sondern eher der Arbeit von Hunderten an Menschenaltern.
Die Art Spiele, die ich gerne entwickelt hätte, sind die simplen, von denen ich denke, dass ich sie in zwei Nächten fertigstellen könnte. So wie Tetris – das könnte auch in den frühen 1970ern entstanden sein: einfach eine sehr klassische, simple Formel. Aber mit einem brillanten Konzept und einer brillanten Ausführung. Die Art Titel, von denen man hofft, dass man selbst auf die Idee kommt, bevor es jemand anderes tut.
Das gilt auch für so ein Spiel wie Candy Crush, das eigentlich auf einer bewährten Formel basiert, aber perfekt für das moderne Publikum ist.
4. Das Spiel, das dich das Medium mit anderen Augen hat betrachten lassen …
Das ist Candy Crush, aber nicht nur, weil es Spiele auf mobilen Geräten revolutionierte, denn es gab ja davor schon Angry Birds und andere tolle Titel. Candy Crush ist ein 3-Gewinnt-Spiel und diese Formel wurde bereits bei Bejeweled sehr gut umgesetzt. Wenn das auf die nächste Stufe gebracht wird, macht man sich wirklich Gedanken über menschliche Gefühle und wie die Grundlagen des Spielens ausgearbeitet werden sollen. Ich muss zugeben, dass es zwar auf den Prinzipien von Pay-to-Play und Paywall basiert, aber damit wird der Erfolg für den Spieler umso wertvoller. Wenn ihr weiterspielt und euch immer mehr in den Titel verstrickt und dann Level 1000 oder so erreicht, seid ihr wirklich voll involviert.
Das ähnelt im Grunde dem, was wir früher mit den Spielautomaten gemacht haben, bei denen man 1000 Dollar ausgeben konnte, um der beste Robotron-Spieler zu werden. Talent und Ausdauer waren hier die Schlüsselelemente – und natürlich das Portemonnaie. Bei Candy Crush sind es euer Portemonnaie und eure Geduld. Genau das hat mich wirklich angeregt, darüber nachzudenken, wie Spiele gespielt werden und dass die Dinge im Wandel sind.
In einem klassischen Geschicklichkeitsspiel erlaubt euch eure Fertigkeit, nur bis zu einem gewissen Punkt zu gelangen. Mit dieser neuen Herangehensweise konnte man auch ohne diese Fertigkeiten viel weiter kommen. Das ähnelt dem, was wir bei Smash TV gemacht haben – in diesem Spiel, wie auch in vielen Titeln der späten 80er, konnte man „Continues” kaufen. Also konnten mehr Leute das Ende sehen, wenn sie mehr gezahlt haben.
Es hat das System verändert, da nun auch nicht so gute Spieler das Ende des Spiels erreichen konnten. Lustigerweise hat das einiges an Geld eingebracht, da es scheinbar mehr schlechte als gute Spieler gibt, also war es im Grunde eine Win-win-Situation. Daraufhin fragten wir uns, was ein Spiel eigentlich ist. Baut es auf Fähigkeiten auf? Oder ist es ein Erlebnis, für das man bezahlt, wie eine Achterbahnfahrt? Es hat Spaß gemacht zuzusehen und weiterhin zu erleben, wie die Wertvorstellung sich verändert.
Auch als Everquest erschienen ist, gab es Leute, die Dinge gefarmt haben und sie dann online verkauften. Andere wiederum kauften sie und schummelten sich so sozusagen an die Spitze, aber genau das erweitert die Vorstellung davon, was ein Spiel wirklich ist. Einige wählen den leichten Weg zur Spitze, andere strengen sich lieber an. Es ist ein breites Spektrum, und für manche ist es eine Obsession oder sogar eine Zwangsneurose, aber zum Schluss spielen alle dasselbe Spiel.
5. Das letzte Spiel, bei dem du es bis zum Abspann geschafft hast …
Ich gebe es nicht gerne zu, aber das war wahrscheinlich Smash TV.
Witzig dabei ist, dass wir dafür sorgen wollten, dass die Spieler wiederkommen, wenn sie das Spiel abgeschlossen haben. Also haben wir während der Entwicklung mit dem Konzept von „Vergnügungsbauten” gespielt – magische Orte, die nur unter bestimmten Bedingungen zugänglich sind. Wir haben das nie umgesetzt, aber trotzdem entstand das Gerücht, das bald in den Spielhallen umging, und die Leute spekulierten darüber, wie sie an diese Orte gelangen könnten.
Es wurde zu einer „Urban Legend”, obwohl diese Orte im Spiel nie existiert haben. Manch einer behauptete in Online-Foren sogar, dass er sie gefunden hätte. Also wurde unsere alberne Lüge zum perfekten Endspiel, das alle erreichen wollten.
Es war ganz ähnlich dem „Polybius”-Kult, nach dem die Leute behaupteten, das Spiel gespielt zu haben. Ein weiteres Spiel war „Oops”, ein Vektor-Bildschirmspiel. Ein Prototyp, in dem man ein Ei spielte, das versuchte, sich vor seiner Befruchtung zu schützen. Es war einmalig – es existierte nur an einem Ort in Stanford, aber jetzt ist es nur noch eine Legende und scheint verschollen zu sein.
6. Dein Lieblings-Multiplayer-Spiel …
Ich liebe Spacewar!, ein PvP-Spiel. Es wurde im Jahr 1960 am MIT entwickelt und es gab Gravitation und eine Sonne, mit der man zusammenstoßen konnte. Ein wirklich sattes Gameplay-Erlebnis mit vielen unterschiedlichen Moves, wie dem Hyperraum, der einen aus der Schusslinie transportieren konnte. Außerdem gab es Beschädigungen am Schiff, die die eigenen Fähigkeiten während des Spiels beeinflussten. Man wurde zu einer Raketenspitze reduziert, die zwar schießen konnte, aber keine Bewegungskontrolle hatte. In vielerlei Hinsicht ist das das erste Videospiel.
Die Bilder liefen für die Vektorgrafik der damaligen Zeit überraschend flüssig, ein wirklich rundes Videoerlebnis. In vielerlei Hinsicht sehr nah an der modernen 4K-Technologie. Aber natürlich nur in Schwarz-Weiß.
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