Darum ist Naughty Dogs Blockbuster mehr als die Summe seiner Teile.
Lange hat es gedauert, aber nun sehen The Last of Us-Fans mit dem nahenden Release von The Last of Us Part II im Mai 2020 endlich Licht am Ende des Tunnels.
Aber wie wurde The Last of Us zu so einem Phänomen, dass weltweit so viele Spieler und Kritiker begeistern konnte?
Eine gute Frage, die wir in den folgenden Zeilen etwas näher betrachen werden und ein wenig die Bausteine beleuchten, aus denen The Last of Us besteht.
Falls ihr übrigens noch nicht in den Genuss des Titels gekommen seid, könnt ihr als PS Plus-Mitglied im Oktober The Last of Us Remastered kostenfrei im PlayStation Store herunterladen!
1. No Bullshit
Der wichtigste Aspekt für den Erfolg ihrer Produktionen ist laut Naughty Dog die Stuktur ihres Studios. Trotz den mittlerweile extrem hohen Profilen ihrer Werke hat sich das Studio eine möglichst flache Hierarchie beibehalten, die man eher in kleineren Studios antreffen würde – was bei der Schöpfung ihrer neuen IP von ungemeinem Vorteil war.
So gibt es etwa keine fixen Abteilungen; die Designer sitzen meist neben den Programmierern die gerade an dem selben Abschnitt arbeiten, was die Mitarbeiter dazu animiert, mehr mit ihren Kollegen in den Dialog zu treten. So können viele Probleme im direkten Gespräch gelöst und neue Ansätze gefunden werden, oder es entstehen dabei gänzlich neue Ideen.
Spannend wird es jedoch bei der Art des Umganges: “Wir sind hier nicht höflich, um der Höflichkeit willen. Wenn etwas schlecht ist, dann wird das gerade heraus angesprochen – es gibt hier keinen Bullshit. Jede Stimme zählt und unterm Strich achten wir immer darauf, was am besten für das Spiel ist,” erklärten der damalige Game Director Bruce Straley und Creative Director Neil Druckmann.
2. Eine Geschichte ohne Stereotypen
Nach dem Erfolg von Uncharted waren die kreativen Energien hoch, aber was damit anstellen? Die Rückkehr zu Jak & Dexter, zu denen Naughty immer noch eine tiefe Verbundenheit verspüren, wäre eine Möglichkeit gewesen, aber das Team war sich einig, dass das Resultat zu transformativ gewesen wäre. Es hätte sich zu weit von dem entfernt, was die Fans am Original begeistert hat.
Der zündende — aber auch beängstigende — Vorschlag kam kurz darauf von Neil Druckmann und Bruce Straley. Naughty Dog sollte etwas völlig Neues machen. Ein Spiel in der Post-Apokalypse.
Doch das Setting war hierbei nur Mittel zum Zweck. Worum es den beiden wirklich ging, war eine Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte von zwei Menschen, die durch ihre Reise zueinander finden.
Besonders interessant an dieser Geschichte ist jedoch, wie frei sie von Stereotypen ist. “Im Nachhinein betrachtet, waren viele Charaktere flexibel. Joels Tochter hätte sein Sohn sein können, Tess hätte die Rolle von Joel übernehmen können usw – die Geschichte hätte immer noch funktioniert,” resümierte Neil Druckmann nach dem Release.
3. Der perfekte Cast
Das bedeutet jedoch nicht, dass die Charaktere nicht wichtig gewesen wären – ganz im Gegenteil! Die Dynamik zwischen Ellie und Joel ist einer der wichtigsten Pfeiler des Titels. Die Schauspielerin Ashley Johnson konnte das Team bereits früh davon überzeugen, dass sie die perfekte Besetzung für Ellie ist und wurde im späteren Verlauf sogar zu einer wichtigen Inspirationsquelle der Entwicklung.
Länger dauerte es bei Joel, der zu Beginn der Produktion als raubeiniger Söldner porträtiert wurde. Allerdings nur, bis sich Voice Actor Troy Baker zum Casting einfand.
“Unsere erste Probeszene war spannend,” erinnert sich Johnson. “Troy war mit seinem Stil und seiner Frisur viel mehr Final Fantasy als Endzeit. Aber kaum waren wir in der Szene war jeder von unserer Energie begeistert.”
Bakers Interpretation des Charakters formte ein völlig anderes Bild von Joel, das Druckmann jedoch begeisterte und zu der Version wurde, die wir nun im Spiel begleiten.
Viele der Nuancen, mit denen z.B. Ashley Johnson (Elli), Troy Baker (Joel), Annie Wersching (Tess), Nolan North (David) und W. Earl Brown (Bill) ihren Charakteren Leben einhauchten, formten daraus zu tiefst menschliche Figuren mit nachvollziehbaren Motivationen.
4. Flexibles Denken
Generell kann man festhalten, dass es die flexible Herangehensweise von Naughty Dog während dem gesamten Entwicklungsprozesses war, die zu dem einzigartigen Endprodukt geführt hat. Während Bakers Darstellungskünste das Team den Charakter von Joel völlig überdenken ließen, war Ashley Johnson sogar für tiefgreifendere Veränderungen im Spiel verantwortlich.
“In einer der ersten Motion Capture-Szenen die wir drehten, ging es darum, dass Ellie aus einem Fahrzeug gezogen wird. Nach ein paar Takes war Ashley sichtlich frustriert und meinte zu mir: das fühlt sich nicht natürlich an,” erinnert sich Druckmann. “Auf die Frage was sich natürlich anfühlen würde, meinte sie, dass Ellie in dieser und ähnlichen Situationen doch versuchen würde, sich zu wehren.”
Darauf hin wurden nicht nur die Szenen angepasst, auch in Sachen Gameplay erhielt Ellie eine aktivere Rolle und wurde zur mitkämpfenden Begleiterin an eurer Seite. Weiters war Johnson für so manche profunde Skriptanpassung verantwortlich!
“Ashleys Improvisationen an vielen Stellen, besonders ihre humorvolleren Einlagen, haben uns gezeigt, wie wichtig ein wenig Heiterkeit im Skript ist. Diesen Aspekt hatten wir bis dahin gar nicht berücksichtig!”
Egal ob bei der kreativen Richtung oder dem Game Design, der Grundsatz, dass es kein Micromanagement während den einzelnen Phasen gibt, erlaubte es dem Titel sich organisch zum dem einzigartigen Erlebnis zu entwickeln, das The Last of Us ist.
5. Schmutzige Tricks
Aber nicht nur die Dynamik des ungleichen Duos sorgt dafür, dass wir uns mit den Charakteren, ihrer Reise und Hürden so verbunden fühlen. Naughty Dog setzen hier kleine aber feine Tricks ein, die uns tiefer in das Erlebnis hineinziehen.
Dazu erklärt Bruce Straley: “Ganz zu Beginn der Entwicklung, spielten wir mit dem Gedanken, dass Ellie Joels Tochter ist, aber wir haben schnell gemerkt, dass das für die eigentliche Idee der Reise nicht funktioniert.”
Stattdessen starten Spieler genau in der selben Lage und mit der selben Beziehung zu Ellie wie Joel — weder kennen sie sich, noch vertrauen sie einander. Erst durch das Überstehen der Gefahren ihrer Reise baut sich das Verhältnis zueinander auf.
“Hier bei Naughty Dog glauben wir an die einzigartige Möglichkeit von Spielen, sich Emotionen zu Nutze zu machen. Wenn man emotional in Charaktere investiert ist, beginnt man zu fühlen, was sie vermutlich fühlen. Somit werden ihre Handlungen für den Spieler nachvollziehbar.”
Natürlich wollen wir jetzt nichts spoilern, aber jeder der das Ende von The Last of Us erreicht, wird dieser Aussage vorbehaltlos zustimmen!
6. Glaubhaft in jedem Detail
Der Teufel liegt oft im Detail und Naughty Dog sind teuflisch gut darin, auf die scheinbar kleinen Dinge zu achten. Etwa ihre Grundsatzeinstellung, dass Spiele ebenbürtig mit Filmen und Büchern sind. Aber wie äußert sich das?
Ein gutes Beispiel ist z.B. die Gewalt in The Last of Us. Die Gewalt, mit der sich Ellie und Joel immer wieder konfrontiert sehen, ist eine Folgeerscheinung des Niedergangs der Zivilisation und fester Bestandteil des täglichen (Über)lebens in dieser verheerten Welt — also ein wichtiger Aspekt des Ganzen. Sie wird weder heruntergespielt, denn das würde die Wahrnehmung der Bedrohung, der sich Ellie, Joel und die Spieler stellen müssen, mindern, noch wird sie glorifiziert.
Oder sehen wir uns die Infizierten genauer an. Hier wurden nicht einfach “Gegnerklassen” kreiert. Damit Spieler die Infektion als glaubwürdig empfinden, hat das Team einen ganzen Lebenszyklus vom Befall bis zum Lebensende des Wirtes entworfen und diesen fest in der Welt und Geschichte von The Last of Us verankert. Apropos Infizierte…
Auch der Sound spielt eine besonders wichtige Rolle! So sollten die Sound Designer z.B. den Infizierten keine monsterhaften oder tierischen Laute verpassen, schließlich waren sie Menschen. Hier kam Voice Actress Misty Lee ins Spiel, die mit ihrer Stimme viele erstaunliche Elemente lieferte, die in Kombination mit anderen verbalen Geräuschen (unter anderem das Zungenschnalzen von Sound Designer Derrick Espino) zu den unverkennbaren Lauten der Clicker führten.
Aber nicht nur die Sound Designer experimentierten herum. So lieferte Gustavo Santaolalla neben den melancholischen Gitarrenstücken auch etliche spannende Samples, für die er PVC-Rohre oder Armaturenschläuche verwendete.
“Bei manchen Dingen lehnte ich mich sehr weit aus dem Fenster. Lustigerweise kamen viele meiner experimentelleren Samples am besten beim Team an.”
Um das authentische Feeling noch zu verstärken, ist quasi das gesamte Studio mit Aufnahmestationen für die Sound Designer versehen — die Büroräume, die Küche, sogar die Toiletten!
Alle diese Dinge sind für sich alleine schon herausragende Leistungen, aber zusammengenommen ergeben sie in The Last of Us ein Abenteuer, das die Spielegeschichte nicht mehr vergessen wird.
Und falls ihr Ellie und Joel noch nicht auf ihrer Reise begleiten konntet, habt ihr im Oktober mit The Last of Us Remastered bei PS Plus die Chance dazu. Verpasst sie nicht!
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