Final Fantasy XVI: Zur Erschaffung einer glaubhaften, bewohnten Fantasy-Welt

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Final Fantasy XVI: Zur Erschaffung einer glaubhaften, bewohnten Fantasy-Welt

Wie Umgebungs-, Level- und Kampfdesigner während der Entwicklung Hand in Hand zusammenarbeiteten, um Valisthea zu gestalten.

Naoki Yoshida gibt zu, dass er eine Geschichte in der Entwicklung von Final Fantasy XVI wohl nie vergessen wird. Der Producer beschreibt eine bestimmte Hafenstadt, die das Studio entworfen hatte. Um die ganze Stadt zieht sich eine gigantische Mauer, die sie vom angrenzenden Meer trennt und seit über drei Jahrhunderten erfolgreich vor Invasionen geschützt hat. Ein visuell beeindruckender Anblick, der sich perfekt in Valistheas Fantasy-Welt einfügt. Allerdings gab es ein Problem.

„Wir haben uns die Designs angeschaut“, so Yoshida-san. „In einer Ecke der Stadt, an der Meerseite, war eine natürliche Klippe. Sie war vielleicht 15 Meter hoch. Und das Haus des Stadtoberhaupts, der wichtigsten Person, befand sich direkt daneben. Was hätte Piraten davon abgehalten, hochzuklettern, das Haus zu zerstören und die Stadt einzunehmen? Es ergab einfach keinen Sinn.“ 

Das Team musste also einen Schritt zurück in der Planung machen, um auszubügeln, was ihnen vorher entgangen war.

Die kleine Anekdote zeigt, wie sorgfältig gearbeitet wurde, um eine glaubhafte Fantasy-Welt zu erschaffen, in der wirklich gelebt wird. Und sie ist nur eine von vielen Beispielen der komplexen Hindernisse, durch die sich der Producer gemeinsam mit Art Director Hiroshi Minagawa und Localization Director Michael-Christopher Koji Fox beim Aufbau Valistheas und der Reise des Spielers darin einen Weg bahnen mussten.

Bei einem aufschlussreichen Gespräch mit den dreien während ihres zweitägigen Aufenthalts in London steht das Weltdesign von Valisthea als Knotenpunkt zwischen mehreren Teams des Studios – Umgebungs-, Level-, Kampfdesignern und mehr – im Mittelpunkt. London ist nur eine Etappe ihrer FFXVI-Promotion-Reise durch mehrere Länder, während der Anwesende das fast fertige PS5-Spiel bei jedem Halt mehrere Stunden ausprobieren können.

Da gab es eine Menge zu sehen. Zunächst testeten wir die ersten Stunden des Spiels, einen Rückblick in Clives Jugend, der die Grundlage für die Story danach bildet. (Diesen Abschnitt werden Spieler in einer allgemein zugänglichen Demo vor Veröffentlichung des Spiels selbst testen. Der Spielstand lässt sich dann später in die Vollversion übertragen.) Danach spielten wir zwei Stunden alles, was nach diesem Demo-Teil folgte. Zu guter Letzt konnten wir noch 30 Minuten lang eines der offenen Areale des Spiels erkunden, ein grünes Tal mit Bestien und Nebenaufträgen, die man optional erlegen und erfüllen kann.

Bei all dem streiften wir durch Burghöfe und Verstecke, erkämpften uns den Weg durch Hauptszenario-Abschnitte und stürzten uns in einen spektakulären, filmreifen Zusammenstoß zweier Esper. Das verschaffte uns einen guten Einblick in die Struktur des Spiels und das Weltdesign. Und ich bekam die Antwort auf eine Frage, die ich mir nie gestellt hatte: Was ist Final Fantasys Version von Gartenwerkzeugen?

Die Bosskämpfe, ob nun Esper gegen Esper oder Clives Konfrontationen mit ernsteren Bedrohungen, versprechen wirklich einzigartige Erlebnisse zu werden. An diesen Kämpfen arbeitet für FFXVI ein spezielles Team, eine kleine Gruppe aus Game Designern, Animatoren und Programmierern.

Von Chocobo-Ställen über verlassene Siedlungen in düsterem Sumpfland bis hin zu Gebirgslandschaften, die von der Zerstörungswut der Esper heimgesucht wurden, ist alles eine lebendige Schöpfung mit Liebe zum Detail. Zumindest auf diesen ersten, ausgiebigen Blick wirkt es so, als ob alles mit Bedacht platziert wurde und hinter jedem Gebiet eine Geschichte steckt. Das setzt nicht nur Arbeit, sondern auch Zusammenarbeit voraus. („Ihr habt uns an Dinge erinnert, die wir lieber vergessen wollten“, scherzt Yoshida-san am Ende des Interviews über die Herausforderungen beim Erzielen solch fantastischer Ergebnisse.) 

Der erste Schritt war ein Storykonzept. Dabei überlegte das Team, was an Final Fantasy XV funktioniert hatte und was nicht. Obwohl der Großteil der Final Fantasy-Spiele eine in sich geschlossene Story haben, sind sie trotzdem Teil eines Ganzen. Um das Universum zu erweitern, war ein Blick auf das, was davor kam, natürlich notwendig. Yoshida-san verweist an der Stelle darauf, was Spielern an der Story von FFXV nicht gefallen hatte. „Es war unvollständig. Es wurden Dinge versprochen, die nicht geliefert wurden. Das wollten wir für FFXVI vermeiden.“ 

Als Nächstes musste das Team überlegen, was die Welt und die Charaktere darin antreibt. Der Producer vergleicht dabei die Mutterkristalle – ein wiederkehrendes Motiv in Final Fantasy-Spielen – mit Ölfeldern, den Äther der Kristalle mit Erdöl. Äther liefert die Kraft für Magie und Magie ist die treibende Kraft der Welt. Als diese Ressource knapp wird, bricht der Konflikt aus. Bestimmte Gebiete der Welt haben Merkmale, die mit einem Element assoziiert werden konnten, was ganz natürlich dazu führte, die jeweiligen Esper (die gigantischen Beschwörungen in FFXVI) mit ähnlichen Elementarkräften diesen Gebieten zuzuordnen. Diese Esper werden wiederum von den Domini kontrolliert, einzigartigen Individuen, die aufgrund dieser Macht das Blatt wenden können und somit für ihre Heimatländer von unschätzbarem Wert sind.

Nachdem diese Aspekte feststanden, begann die Arbeit für die Art- und Story-Teams. Wie eine zuvor erwähnte Klippe, die eine Hafenstadt zum Fall bringen könnte, schon zeigte, verläuft die Schöpfung einer Welt nicht immer geradlinig und ist sehr komplex. Ebenso komplex ist es, sicherzugehen, dass Orte sich authentisch anfühlen und zu ihrem Setting passen.

Die umfassende Hintergrundgeschichte der Welt lässt sich dank eines dynamischen Kompendiums leicht verstehen. Auf Tastendruck erscheint jederzeit eine relevante Auswahl der Charaktere, Fraktionen und Nationen mit einem kurzen erklärenden Text, damit Spieler einordnen können, was gerade auf dem Bildschirm passiert.

„So ein System können Designer nicht allein ausarbeiten. Auch wenn sie es versuchen. Anfangs wollten sie Objekte in der Welt benutzen, merkten aber schnell, dass das nicht funktionierte … Es fühlte sich unrealistisch an“, so Art Director Hiroshi Minagawa. Er erinnert sich, wie die Welt in einem frühen Entwicklungsstadium voll mit eigens dafür gedachten Fässern war. „Wenn man in die Wüste ging, war da nichts außer Fässern überall“, lacht er. „Frei nach dem Motto ‚Je mehr Fässer, desto besser‘“, fügt Yoshida-san hinzu. „Aber so fühlt sich keine Welt an, in der Menschen leben.“

Die Lösung: direkter Informationsaustausch zwischen den Teams. „Wir holten ein Mitglied aus dem Szenario- und Story-Team, das den Designern erklären sollte, worum es in dieser Stadt geht, was ihr Hintergrund ist“, erklärt Minagawa-san. „Derjenige brachte Bilder mit, die einen Eindruck vermitteln sollten, was das für Gebiete sind und was wir mit dem Setting beabsichtigen. Dank dieser Informationen bekamen die Designer ein Gefühl dafür, was vor ihnen lag. So konnte das Team es besser verstehen. Dieser Gedankenaustausch hat die Dinge erleichtert. Auf einmal lief es besser.“ Unnötiges wurde entfernt und für die Umgebungsgestaltung wurden bessere Entscheidungen getroffen. Die Orte nahmen Form an, ähnelten langsam den Gebieten, auf denen sie basierten, und die Hintergrundgeschichten der Schauplätze und Menschen wurde durch visuelle Elemente vermittelt.

Bildunterschrift: Der Querschnitt des Spiels ermöglichte dem Studio, seine Vision zu definieren. Das Team experimentierte damit, was auf der PS5 visuell möglich war, und nutzte das Design des gewählten Areals, um herauszuarbeiten, wie sich das Spiel im Größeren anfühlen sollte. Umgebungs- und Leveldesigner gehen ihre Vorschläge gegenseitig durch und berücksichtigen sie für Anpassungen, während die Kampfdesigner testen, ob der Ort genug Platz für den Kampf bietet.

Weil ich die Hintergrundmusik von Komponist Masayoshi Soken in den Abschnitten, die ich spielen durfte, so überwältigend fand, stelle ich die Frage, ob Musik das letzte Element ist, das ein Gebiet abrundet. „Die Musik hatten wir erst ganz am Ende“, bestätigt Yoshida-san und erzählt, dass es mehr als 200 Originaltracks im Spiel gibt. „Relativ früh legten wir Themen für die verschiedenen Nationen und Charaktere fest. Die wurden dann zu den Kernthemen, die in unterschiedlichen Arrangements in den jeweiligen Situationen abgespielt werden.

Wir waren selbst überrascht, weil wir die ganze Zeit ohne Sound gespielt hatten. Gegen Ende der Entwicklung das erste Mal die Musik im Spiel zu hören, war auch für uns ein bewegender Moment.“

Das Anschwellen eines Orchesters oder Chors ist eines der Details, die den Spieler tiefer in Valisthea eintauchen lassen. Zu all diesen unzähligen Details, egal wie klein, trafen die Entwickler mit Bedacht ihre Entscheidungen. Yoshida-san kommt noch einmal auf die Hafenstadt und ihre Mauer zurück, um den Realismus zu unterstreichen.

„Die Stadt wurde nicht eingenommen, ist nie gefallen. Aber über dreihundert Jahre wurde es oft genug versucht. Da hat man keine saubere, hübsche, intakte Mauer mehr. Es gibt kaputte Stellen, eingestürzte Stellen, aber die Mauer steht. Allein dieses visuelle Detail vermittelt die Geschichte dieser Stadt. Sie ist nie gefallen, trotz all der Angriffe. Deshalb ist es so wichtig, den Designern die Geschichte und das Setting, die wir ausgearbeitet haben, zu vermitteln, damit sie die entsprechenden Visuals dazu erstellen können. Das ist sehr schwierig, aber genau das macht das Spiel besser.“

Final Fantasy XVI erscheint am 22. Juni auf PS5.

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