Die Geschichte von Housemarque – von der finnischen Demoszene zu PlayStation Studios

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Die Geschichte von Housemarque – von der finnischen Demoszene zu PlayStation Studios

Wie Finnlands ältestes Entwicklerstudio den Pfad zum Erfolg fand, indem es seinen Arcade-Wurzeln treu blieb

Selenes ewig von vorn beginnendes Abenteuer wurde mit dem DLC „Returnal: Ascension“, der letzte Woche veröffentlicht wurde, um neue Gameplay-Modi erweitert. Wir von Housemarque lieben es, den Fans des anspruchsvollen und fesselnden, von Arcade-Spielen inspirierten Shooters für die PS5 immer neue Wege zu bieten, das Spiel zu erleben. Tatsächlich arbeiten wir schon seit unserer Gründung im Jahr 1994 unermüdlich daran, unseren Spieler*innen immer wieder das bestmögliche Gameplay zu bieten.

Sicher wissen nicht alle Leser*innen dieses Blogs von unserer langen Studiogeschichte. Deshalb erzähle ich euch heute die ganze Story, von den Anfängen von Returnal bis hin zu unserem Beitritt der PlayStation Studios-Familie.


Ganz gleich, ob Returnal euer erster Housemarque-Titel ist oder ob ihr unsere früheren Spiele kennt – bestimmt wusstet ihr noch nicht, dass wir das älteste Entwicklerstudio Finnlands sind und wenige Monate vor unseren Freunden von Remedy, den Erschaffern der Alan Wake-Reihe und Control, gegründet wurden.

Aber wie ist Housemarque entstanden und wie wurden wir Teil der PlayStation Studios-Familie?

Anfänge in der Demoszene der 90er

Vor Housemarque gab es Bloodhouse und Terramarque, zwei separate Entwicklerstudios. Geleitet wurden sie von Harri Tikkanen und von mir. Wir beide waren tief in der Gaming-Demoszene der 1990er Jahre verwurzelt. 1995 beschlossen Harri und ich, uns zusammenzutun und die Studios zu verschmelzen. So entstand Housemarque.

Ilari Kuittinen, Studio Head bei Housemarque

Die Demoszene bestand aus Enthusiasten (auch bekannt als Demogruppen), die Techdemos mit der bestmöglichen Grafik erschufen und immer wieder die Grenzen der damaligen Hardware austesteten. Die Demoszene in Finnland war ziemlich groß und wir programmierten unter anderem auf Systemen wie Amiga, Commodore und Atari. Lokale Spieleentwickler gehörten auch dazu, weil es damals für die zumeist jungen Student*innen in der Szene nichts Cooleres zu tun gab. Die Demoszene war also eine Art Vorreiter der Spielebranche in Finnland und damit sicherlich auch einer ihrer Wegbereiter. Aber obwohl die Community stetig gedieh, war die Branche in Finnland damals ziemlich klein. Es war schwierig, Spiele zu programmieren und sie auch fertigzustellen. Viele Games blieben ein Jahr oder länger im Entwicklungs-Limbus stecken. Aber aus genau diesem Grund entstand letztlich Housemarque.

Im Dezember 1994 setzten sich Harri Tikkanen und ich, Ilari Kuittinen, gemeinsam hin, um zum ersten Mal ernsthaft über einen Zusammenschluss zu reden. Aufgrund der überschaubaren Größe der finnischen Gamingbranche, wo jeder wirklich jeden kennt, kannten wir uns schon ewig. Wir einigten uns schnell, und im Juni 1995 gründeten wir ein neues Entwicklerstudio. Wir beschlossen, es Housemarque zu nennen, eine Kombination aus den Namen unserer Unternehmen: Bloodhouse und Terramarque.

Super Stardust (Amiga, Amiga CD32, 1994 | PC, 1996)

Housemarque betritt die Bühne

Die ersten Titel, die wir ein Jahr nach der Gründung als Housemarque für den PC veröffentlichten, hießen Alien Incident (1996), ein Point-and-Click-Adventure, und Super Stardust (1996), ein Weltraum-Shooter – der Anfang unserer Arcade-Wurzeln und ein Spiel, auf das wir bis heute stolz sind. Super Stardust wurde ursprünglich von Bloodhouse entwickelt und erschien 1994 für Amiga und Amiga CD32. Diese Spiele waren aber erst der Anfang von Housemarque.

Getreu der damaligen lokalen Gamingkultur wollten wir mithilfe limitierter Hardwaremöglichkeiten trotzdem unglaubliche Erfahrungen erschaffen und Grenzen ausreizen. Eine Philosophie, die wir übrigens bis heute verfolgen! Wir möchten beeindruckende Games erschaffen, die unseren Spieler*innen ein tolles audiovisuelles Erlebnis in Kombination mit dem jeweiligen Gameplay bieten. Diese Herangehensweise ist zwar nicht gerade der Klassiker unter Spieleentwicklern, aber wir haben ihn immer bevorzugt.

Im Jahr 2006 arbeiteten wir zum ersten Mal professionell mit PlayStation zusammen, als wir Guerrilla bei der Entwicklung von Killzone: Liberation aushalfen. Die Kollaboration mit Guerrilla war interessant, denn unsere Coder arbeiteten vor allem an der Optimierung des Spiels und der Framerates. Auf diesem Gebiet hatten wir schon vorher Erfahrungen gesammelt, als wir diverse Spieledemos für die PlayStation Portable erstellten. Daher war uns die Hardware bereits vertraut. Nachdem die Arbeit mit Guerilla abgeschlossen war, wurde bei PlayStation nach kleinen Gamestudios gesucht, die Spiele für die neue Initiative „E-Distribution Initiative“ (EDI) produzieren sollten – das spätere PlayStation Network. Housemarque war eines dieser Studios. Rückblickend war unsere Arbeit an Killzone: Liberation also unser erster Job für PlayStation, auf den viele weitere folgten.

„Mood“-Konzeptart für Super Stardust HD (PS3, 2007)

Noch vor Mittsommer 2006 fuhren wir nach Liverpool, um einige unserer Spiele für die Plattform vorzustellen, darunter auch Super Stardust HD. Dem PlayStation-Team gefiel das Spielkonzept, also kehrten wir schnell nach Finnland zurück, um an der Vollendung zu arbeiten. Super Stardust HD hat einen besonderen Platz in der Geschichte von Housemarque. Nach mehreren, etwas härteren Jahren erhielten wir die Chance, zu unseren Wurzeln zurückzukehren, ohne gleichzeitig die Innovation im Bereich der Shoot-em-ups aus den Augen zu verlieren – denn mit der Leistung der PS3 konnten wir Dinge verwirklichen, die vorher unmöglich gewesen waren. Einer der zentralen Game Changer war es, ein Spiellevel um eine Kugel zu wickeln – ein Konzept, das es unseres Wissens nach bis dahin nicht gegeben hatte. Damit waren wir in der Lage, eine einzigartige Spielerfahrung samt freier Manövrierbarkeit auf der Oberfläche einer Kugel zu erschaffen. In Kombination mit dem inzwischen berühmten „Housemarque Dash“ und einem ausgeklügelten Punktsystem schlugen wir mir Super Stardust HD ein neues Kapitel in der Unternehmensgeschichte auf, was es uns wiederum ermöglichte, im Zeitalter moderner Konsolen im Bereich der Arcade-Actionspiele zu bleiben.

Etwa zur selben Zeit fingen Publisher an, sich für kleinere digitale Spiele zu interessieren. Die perfekte Gelegenheit für uns, denn so konnten wir uns treu bleiben und weiterhin Spiele entwickeln, auf die wir wirklich Lust hatten, ohne auf Trends achten zu müssen.

Game is King

Schon früh beschlossen wir, uns an einem Zweck-Statement anstatt einem Mission Statement zu orientieren – nämlich, dass wir ein einzigartiges Spielerlebnis schaffen wollen. Wir wollen etwas kreieren, das keiner so macht, wie wir es tun.

Diese Philosophie steckt in unserem Unternehmensmotto: Game is King. Gutes, anregendes Gameplay ist der rote Faden, der alle unsere Spiele miteinander verbindet. Hinzu kommen einzigartige audiovisuelle Erfahrungen und die Leidenschaft für alles, was Arcade einst so beliebt machte.

Dead Nation (PS3, 2010)

Dead Nation – Monster-Konzeptart

Schon vor der Veröffentlichung von Super Stardust Delta für die PlayStation Vita im Jahr 2012 fingen wir an, über unseren nächsten Schritt nachzudenken. Damals hatten wir gleichzeitig zwei bis manchmal sogar drei Entwicklungen laufen und gerade im Herbst 2011 das DLC von Dead Nation: Road of Devastation abgeschlossen. Eine der Ideen war die Wiederbelebung von Side-Scrollern, und Resogun war eines der drei Reso-Spielkonzepte, die uns damals vorschwebten – die anderen waren Resoman und ResoCastles. Dead Nation war von großen Arcade-Dualstick-Shootern wie Smash TV inspiriert worden, einem Titel unseres erklärten Helden Eugene Jarvis. Darüber hinaus hatte er eines der denkwürdigsten Arcade-Games aller Zeiten kreiert: Defender. Im Jahr 2013 erschien dann Resogun als einer der Begleittitel des PS4-Launchs und gleichzeitig eines unserer markantesten Spiele. Das war definitiv ein Höhepunkt in unserer Unternehmensgeschichte, denn unser Name wurde im selben Atemzug genannt wie die viel größeren Studios des Genres! Die Folge war, dass wir als Studio reiften. Soweit wir das heute beurteilen können, hatten wir etwas bis dahin nie Dagewesenes geschafft – und zwar ein Spiellevel um einen Zylinder zu wickeln und in Kombination mit voxelbasierter Grafik zu nutzen. Der Rest ist Geschichte, denn Resogun blieb über 15 Monate lang das am besten bewertete PS4-exklusive Spiel.

Resogun (PS4, PS3, PS Vita, 2013)

Resogun Signature Art

Resogun Level Art

Was viele nicht wissen – wir haben unsere „Tribute Trilogy to Great American Arcade Games“ abgeschlossen, indem wir dem DLC Resogun: Defenders den Commando-Modus hinzufügten. Dieser Modus vervollständigte unseren Tribut an die drei großen Arcade-Spiele Asteroids, Defender und Missile Commando. Besser bekannt ist, dass wir Mr. Jarvis kennenlernten, als Resogun im Rahmen der DICE Awards 2014 eine Nominierung in der Kategorie Bestes Actionspiel erhielt und Eugene seinen Lifetime Achievement Award entgegennahm. Am Ende arbeiteten wir sogar zusammen an Nex Machina, filmten den gesamten Prozess und machten daraus eine Dokumentation namens „The Name of the Game“.

Nex Machina (PS4, 2017) 

Alien Nation Konzeptart (PS4, 2016)

Die Geburt von Returnal

Obwohl wir uns vor 2021 hauptsächlich auf kleine herunterladbare Spiele für PlayStation Network konzentrierten, betrachten wir Returnal heute definitiv als unser größtes Comeback und die größte Erfolgsgeschichte. Was für ein Ritt!

Returnal (PS5, 2021)

Von außen betrachtet mutet Returnal wahrscheinlich wie ein enormer Sprung im Hinblick auf den Umfang im Vergleich zu früheren Housemarque-Titeln an, und dieser Eindruck stimmt. Hätten wir Returnal fertigstellen können, wenn wir von Anfang an mit diesen Dimensionen gerechnet hätten? Schwer zu sagen, aber der Weg, den wir letztlich nahmen, fühlte sich richtig an, weil er organisch gewachsen ist. Trotzdem hatten wir eingangs nicht geplant, ein derartig großes Spiel zu machen, weshalb wir uns unterwegs mehrfach anpassen mussten. Das mag unklug erscheinen, doch im Nachhinein war es der richtige Weg. Natürlich haben wir das nicht allein geschafft. Ohne unseren aufgeschlossenen Publisher im Rücken wäre Returnal so nie entstanden.

Aufgrund der Pandemie habe ich zwar hauptsächlich die Alphaversion von Returnal gespielt, aber selbst damals erkannte ich bereits das Potenzial und wusste, dass dieser Titel etwas Besonders werden würde. Als die PlayStation-Legende Shuhei Yoshida zu Besuch kam, wollte er gar nicht mehr aufhören zu spielen – und wie sich ein paar Monate später herausstellen würde, war das ein erster Vorgeschmack auf die Reaktion unserer Spieler*innen.

Returnal (PS5, 2021) 

Teil der PlayStation Studios-Familie

Die Möglichkeit für Housemarque, nach 26 Jahren als Indie-Studio der PlayStation Studios-Familie beitreten zu können, wurde im Unternehmen schon im März 2021, also vor dem Start von Returnal, von einigen wichtigen Mitarbeiter*innen erörtert. Nach dem Release und der Finalisierung der Formalitäten wurde die Entscheidung dann offiziell bekanntgegeben. Der Rest des Unternehmens wurde Ende Juni informiert. Die Reaktion war sehr positiv – wenn auch auf sehr finnische Art und Weise, also eher stillschweigend und zurückhaltend.

Wir fühlen uns in der Familie willkommen und sind zuversichtlich, uns dem richtigen Unternehmen angeschlossen zu haben. Unsere Absicht als Studio hat sich allerdings nicht verändert – sie lautet nach wie vor, einzigartige Spielerfahrungen zu erschaffen. Als Teil einer Familie aus Weltklassestudios haben wir die besten Chancen, auf lange Sicht zu planen, weiter zu wachsen und uns noch besser auf die Anforderungen neuer Projekte zu konzentrieren. Wir hoffen, den extrem hohen Standards anderer Mitglieder der PlayStation Studios-Familie gerecht zu werden.

Wenn ihr neu bei Housemarque seid, habe ich einen Rat für euch: Geht offen an unsere Spiele heran und seid bereit für eine neue Erfahrung. Stellt euch Herausforderungen, aber genießt die einzigartigen Belohnungen und das Gefühl, etwas geschafft zu haben, nachdem ihr unsere Spiele abgeschlossen habt. Wenn ihr für Returnal (oder zukünftige Titel) üben wollt, werft einen Blick auf unsere älteren Spiele! Ich persönlich würde euch vor allem Resogun für die PS4 ans Herz legen. Vielen Spieler*innen ist nicht bewusst, wie viele Spiele wir vor den größeren Titeln veröffentlicht haben – es sind nämlich schon ganze 15 Stück, und wir planen, noch viele weitere zu machen!

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