Der Mitarbeiter von Kojima Productions über sein neues Projekt mit Square Enix
Justin Massongill, SIEA Social Media Specialist
Ob ihr nun Yoji Shinkawa von Kojima Productions namentlich kennt oder nicht, seine Arbeit ist euch mit ziemlicher Sicherheit ein Begriff. Der gefragte Character Artist hat einige der beeindruckendsten und berühmtesten Werke geschaffen, die es in Videospielen gibt – am bekanntesten ist er wohl durch die „Metal Gear Solid”-Reihe, die schon im Jahre 1998 begonnen hat.
Shinkawa-sans neuestes Projekt ist eine Zusammenarbeit mit Square Enix bei Left Alive, einem neuen Survival-Action-Shooter, der im „Front Mission”-Universum angesiedelt ist und am 5. März für PS4 veröffentlicht wird.
Wir haben uns an Shinkawa-san gewandt, um mehr über die Einzelheiten seines kreativen Prozesses zu erfahren. Wir haben ihn gefragt, wie diese neue Zusammenarbeit aus seiner Perspektive aussah und ob er mittlerweile zu einem digitalen Arbeitsprozess übergegangen ist oder weiterhin seinen Wurzeln mit Papier und Bleistift treu geblieben ist.
Als speziellen Bonus hat er eine Aufzeichnung von Beginn bis zur Fertigstellung einer seiner jüngsten Arbeiten zur Verfügung gestellt, die ihr euch hier ansehen könnt. Viel Spaß!
Wie gehen Sie beim Start eines neuen, künstlerischen Projekts vor? Was ist der erste Schritt?
Yoji Shinkawa: Meine Vorgehensweise ist von Projekt zu Projekt verschieden, da einige klar definierte Vorgaben haben, während mir andere die Freiheit geben, meine Ideen freier zu entwickeln. Alle haben jedoch einen ersten Schritt gemein: Ich fertige zahlreiche grobe Skizzen an, um mich dem Bild, das ich vor Augen habe, zu nähern.
Können Sie uns etwas zu den kreativen Vorgaben erzählen, die Sie bei Left Alive hatten, und wie Sie von dort aus vorgegangen sind?
Shinkawa: Ursprünglich hatte ich die Aufgabe, die drei Hauptcharaktere zu gestalten. Dafür hatte ich Informationen über ihr Geschlecht und ein einfaches Profil. Zuerst habe ich ein paar grobe Zeichnungen für Leonid eingereicht, einen Charaktertyp, den zu zeichnen ich gewohnt bin. Dann habe ich mit der Gestaltung weitergemacht. Dabei musste ich auf die Vorgaben achten und darauf, den Charakter ausgewogen zu den anderen Charakteren zu gestalten.
Ihr Stil ist berühmt und sofort wiederzuerkennen. Wie viel experimentieren Sie mit anderen Stilen oder Werkzeugen außerhalb Ihrer eigenen Komfortzone?
Shinkawa: Was arbeitsbezogene Projekte angeht, gibt es nicht viel Raum zum Experimentieren. Aber außerhalb der Arbeit schon. Ich habe mir letztens ein neues iPad zugelegt und viel mit dem Stift direkt auf dem Display gezeichnet.
Direkt im Anschluss an die letzte Frage: Haben Sie irgendwelche Beispiele für persönliche Arbeiten, die nicht mit einem Projekt verbunden waren, die Sie uns zeigen würden?
Shinkawa: Ende letzten Jahres hatte ich während eines Interviews mit einer Zeitschrift die Gelegenheit, mit Herrn Yusuke Naora (IZM designworks) zu sprechen, der auch für seine Arbeit an der „Front Mission”-Serie bekannt ist. Sein Geburtstag stand kurz bevor, also habe ich ihm eine Illustration, die ich auf dem besagten iPad gezeichnet hatte, als eine Art Geburtstagsnachricht geschickt.
Wie denken Sie über den Aufstieg der digitalen Kunst? Sind Sie mittlerweile auf einen digitalen Arbeitsprozess umgestiegen oder arbeiten Sie immer noch auf einem physischen Medium und scannen Ihre Kreationen dann ein?
Shinkawa: Grundsätzlich hat sich meine Vorgehensweise nicht geändert – ich zeichne die Designs mit Bleistift oder Pinselstift auf Papier, scanne sie ein und passe sie dann in Photoshop an. Es gibt zwar Gelegenheiten, wo ich von Beginn an digital zeichne, aber ich glaube nicht, dass ich komplett auf dieses Medium umsteigen werde.
Wie sieht Ihr kreativer Werkzeugkasten aus?
Shinkawa: Er enthält A4-Kopierpapier, Bleistift, Radiergummi, Pinselstift, Korrekturstift und Photoshop.
Was war Ihre Aufgabe bei Left Alive? Wie arbeiten Sie bei diesem Projekt mit dem Rest des Teams zusammen?
Shinkawa: Ich habe die Charakterdesigns für die drei Hauptcharaktere übernommen und die Bilder für einige der anderen Schlüsselcharaktere des Spiels gezeichnet. Was die Mechs angeht, da habe ich eins der Wanzer-Modelle gestaltet. Abgesehen davon habe ich noch eine Reihe der In-Game-Modelle und ihre Bewegungen überarbeitet.
Zum allgemeinen Arbeitsprozess gehörte das Feedback zu Bereichen, die nach einer Prüfung der Designs und Modelle überarbeitet werden sollten, und diese innerhalb des Teams zu kommunizieren.
Die Story von „Left Alive” fühlt sich sehr viel menschlicher an. Wurden Sie neben den bereits bekannten Wanzer-Modellen auch mit anderen Nicht-Mech-Designs betraut? Gab es bei der Aufgabe, diese beiden Dinge ausgewogen zu gestalten, irgendwelche besonderen Herausforderungen?
Shinkawa: Mit der Gestaltung der früheren Zenith-Wanzer, die untrennbar mit der Serie verbunden sind, hatte ich nichts zu tun. Aber ich hatte die Gelegenheit, einen Wanzer zu gestalten, der ein komplett neues Modell sein sollte. Deshalb musste ich mich nicht allzu sehr an der Baureihe oder dem Stil der bestehenden Wanzer orientieren. Die Vorgabe war, etwas zu gestalten, das leistungsstark und Respekt einflößend aussah, also hatte ich bei diesem Mech völlig freie Hand.
Wie viel Einfluss hat das Gameplay auf den Schaffensprozess? Gestalten Sie schon einmal um eine bestimmte Gameplay-Mechanik herum oder werden die Designs angefertigt, lange bevor sich das Spiel in einem spielbaren Zustand befindet?
Shinkawa: Die Designs sind in der Regel schon fertig, bevor das Spiel getestet werden kann. Aber manche Probleme oder Komplikationen, wie beispielsweise die Platzierung von ausgerüsteten Gegenständen oder das Aussehen von detaillierten Funktionen, werden erst sichtbar, wenn man den Charakter dann tatsächlich im Spiel umherbewegt. In solchen Fällen nehme ich Anpassungen vor, nachdem ich das mit dem Produktionsteam besprochen habe.
Gibt es bei der Ausgestaltung der Charakter-Designs viele verschiedene Versionen? Wie oft geht es in der Regel vor und zurück, bevor ein Design tatsächlich fertig ist?
Shinkawa: Bei diesem Projekt waren die Hintergrundgeschichte und die Attribute der einzelnen Charaktere schon klar definiert, also waren sie relativ leicht umzusetzen. Wenn ich grobe Skizzen oder detaillierte Charaktereinstellungen abgebe, erhalte ich Feedback vom Produzenten, Herr Shinji Hashimoto, und vom Director, Herr Toshifumi Nabeshima.
Auf dieser Grundlage nehme ich Anpassungen vor und überarbeite die Designs. Soweit ich mich erinnere, kam dieses Vor-und-Zurück etwa drei bis vier Mal pro Charakter vor.
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