Dieser 2D-Plattformer mit Retro-Ästhetik birgt eine tiefere Lektion über persönliches Wachstum in sich
Andy Yen, PlayStation Store
Celeste ist ein Spiel über den Glauben an sich selbst und die Reise, um zu entdecken, wozu man fähig ist.
Obwohl das wie eine ziemlich hoch gegriffene Aussage für ein 2D-Plattforming-Spiel mit einer Retro-Pixel-Ästhetik wirken mag, ist die Tatsache, dass man so ein aufschlussreiches und ermächtigendes Gefühl von einem Spiel mitnehmen kann, genau der Grund, warum Celeste eines der besten Spiele 2018 ist.
Beginnen wir mit dem Spiel selbst. Im Kern ist Celeste ein Präzisions-Plattformer, bei dem es euer ultimatives Ziel ist, einen Berg zu besteigen. Am Anfang lernt ihr zwei Moves: wie man dasht (drückt Viereck und eine Richtung) und wie ihr an der Wand klettert (haltet L2).
Die Steuerung reagiert schnell und flüssig — in jedem Moment habt ihr das Gefühl, die Kontrolle über euren Charakter zu haben. Springen und dashen geht schnell ins Blut über, was für ein Spiel wie dieses sehr wichtig ist, denn Celeste ist schwer.
Momente nach dem Start werden Spieler in lebensgefährliche Situationen geworfen. Löcher ohne Enden, von Nägeln gesäumte Böden, scheinbar unüberwindbare Abgründe und andere tödliche Hindernisse werden kombiniert, um auf den ersten Blick ein beinahe überwältigendes Gefühl der Angst zu erschaffen. “Wie zum Teufel soll ich das anstellen?”, fragen sich die Spieler vielleicht.
Hier wird das brillante Design von Celeste so richtig deutlich. Sobald ihr damit beginnt, euch an diesen einschüchternden Hindernissen zu versuchen, fangt ihr an, Ideen zu formulieren, wie es möglich sein könnte.
“Nun, wenn ich einfach hier runterfalle, anstatt meinen Dash zu benutzen …”
“Was passiert, wenn ich diese bewegliche Plattform für zusätzlichen Schwung in meinem Sprung verwende?”
Celeste bestraft euch selten fürs Sterben — innerhalb weniger Sekunden nach dem Scheitern werdet ihr in der Nähe der Stelle wiederbelebt. Ein frischer neuer Versuch. Die schnelle, fast nicht existente Unterbrechungen zwischen den Versuchen spornt euch dazu an, Risiken einzugehen. Ihr werdet in Celeste oft sterben, aber jeder Tod motiviert, statt sich wie eine Niederlage anzufühlen.
Irgendwann werdet ihr eine Aufgabe lösen, die ihr ursprünglich für unmöglich hieltet und ihr tragt dieses Gefühl der Erfüllung mit zur nächsten Herausforderung. Das Spiel macht einen guten Job darin, zusätzliche Bewegungselemente und Herausforderung mit einem perfekten Tempo hinzuzufügen. Es baut darauf auf, was ihr schon gelernt habt, während es zudem sicherstellt, dass euer nächstes Ziel klar vor euch liegt.
Dadurch entsteht ein kontinuierliches Gefühl, bis an die Grenzen getestet zu werden, sodass jedwede Anflüge von Selbstzweifel in der Regel von der Sichtbarkeit des Erfolges, es so weit geschafft zu haben, übertrumpft werden.
Im Verlauf des Spiels entwickelt sich eine bedeutungsvolle Geschichte. Madeline, die sich auf den Weg gemacht hat, den Berg Celeste zu besteigen, um ihrem Leben in der Stadt zu entkommen. Aber je weiter sie klettert, desto mehr Rückschläge legen sich ihr in den Weg. Sie säen Selbstzweifel und bringen Madeline dazu sich zu fragen, ob sie den Aufstieg überhaupt erst hätte versuchen sollen.
Unvergessliche Charakteren wie Herr Oshiro, ein gespenstischer Hotelinhaber, der seine Vergangenheit nicht loslassen kann, oder Theo, ein unbekümmerter Selfie-Jäger, kreuzen Madelines Weg und bieten nicht nur Gespräche, sondern auch Hintergründe für Madelines eigenen Weg der Selbstverwirklichung. Anfangs interagiert unsere Heldin nur widerwillig mit ihnen und betrachtet sie als Hindernisse und Zeitfresser auf ihrer eigene Reise. Durch das Anbieten ihrer Hilfe lernt sie am Ende aber mehr über sich selbst.
Genau wie Madeline habe ich in der Mitte nicht über das Gesamtbild meiner Reise nachgedacht. Mein erster Spieldurchlauf war super-fokussiert auf das Beenden der Videospiel-Herausforderungen. Es nach dem Abschluss des Hauptspiels war ich in der Lage, einen Schritt zurückzumachen und wirklich darüber nachzudenken, wie weit ich gekommen war.
Ich widmete mich dem herausfordernden Epilogs des Spiels, den “B-Seite”-Leveln mit dem Gefühl “Ok, sieht machbar aus, wenn ich hier springe und dort falle” statt “Dies scheint unmöglich!” Die Fähigkeiten, die ich brauchte, um diese Herausforderungen zu erobern, besaß ich schon. Ich musste sie nur entdecken.
Ein Element, das ich schon sehr früh bemerkte, ist, dass das Spiel all eure Tode in jedem Level protokolliert. Mein erster Gedanke als ein kompetitiver Spieler war negativ: “Ach, ich bin schon so oft gestorben. Ich bin schlecht in diesem Spiel.” Aber nachdem ich das Spiel durchgespielt hatte, sah ich es aus einer neuen Perspektive: jeder dieser Tode hat mich was gelehrt.
Ich begann, die hohe Anzahl an Toden als ein Ehrenabzeichen für meine Ausdauer zu sehen, statt als Makel. Es ist eine Denkweise, die ich auch in anderen Teilen meines Lebens versuche anzuwenden. Hierin liegt Celestes größter Erfolg — das Potenzial, die Denkweise eines Menschen nicht nur im Spiel, sondern auch außerhalb, zu verändern.
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