Die Veröffentlichung des PlayStation Vita-Systems steht bevor – nur noch zwei Tage! Ich hoffe, dass eure Daumen angesichts der Aussicht auf das, was wir für das stärkste Launch-Line-Up in der Geschichte von PlayStation halten, schon heftig am Zucken sind.
Einer der Leute, die in dieser Geschichte eine entscheidende Rolle gespielt haben, ist Andy House, Präsident und CEO von Sony Computer Entertainment. Ich hatte kürzlich die Gelegenheit, mit ihm über das Leben in Japan, die unmittelbar bevorstehende Einführung des PlayStation Vita-Systems und die unternehmerische Sicht auf das neueste Produkt der PlayStation-Familie zu sprechen.
PlayStation.Blog: Sie arbeiten nun schon zum zweiten Mal in Tokio. Wie hat sich der japanische Spielemarkt während Ihrer Abwesenheit entwickelt?
Andy House: Dazwischen lagen immerhin 15 Jahre, das heißt, die Dinge haben sich drastisch verändert. Interessant ist, – und das ist das Einzige, das sich nicht verändert hat – dass man auch heute noch sehen kann, wie die Verkaufszahlen einiger Systeme durch die Veröffentlichung eines großen Spiels beeinflusst werden. Japan gehört zu den drei größten Märkten der Branche, und ich glaube, dass vor allem dieser Markt hauptsächlich Wert auf Inhalt legt.
Ein anderer Unterschied zu früher ist, dass die Spielgewohnheiten der japanischen Spieler sich gewandelt zu haben scheinen: In den letzten vier oder fünf Jahren scheint sich der Fokus mehr auf tragbare Spielkonsolen verlagert zu haben. Das wird vor allem deutlich, wenn man die aktuellen Verkaufszahlen von PSP und PlayStation 3 vergleicht.
Ich spreche oft mit Spieleherstellern und -entwicklern und glaube, um ehrlich zu sein, dass wir nicht wirklich verstehen, was diesen Trend vorantreibt. Sicherlich trägt die Kreativität der Entwickler in diesem Bereich dazu bei, aber ich glaube nicht, dass das der einzige Faktor ist. Man könnte genauso sagen, dass der Trend auf bestimmte Lebensgewohnheiten und auch darauf zurückzuführen ist, dass die Menschen heute grundsätzlich mehr unterwegs sind. Davon profitieren wir natürlich. Die Verkaufszahlen des PSP-Systems waren geradezu fantastisch, und ich gehe davon aus, dass sie sich halten werden, obwohl wir jetzt ein brandneues System auf den Markt bringen.
Wie gut ist Europa auf die Markteinführung von PlayStation Vita vorbereitet?
Ein deutliches Interesse am System ist vorhanden – zumindest in der Zielgruppe der regelmäßigen Spieler. Der nächste Schritt für Europa wäre, diese Begeisterung mit einer breiteren Öffentlichkeit zu teilen und dabei zu einem gewissen Grad ein jüngeres Publikum anzusprechen, als wir es bei der Markteinführung des PSP-Systems getan haben. Ich finde es sehr interessant, dass viele Teenager zum PS Vita-System hin tendieren. Ich denke, das ist ein gutes Vorzeichen.
Das PSP-System verkaufte sich gerade am Anfang der Einführung sehr gut, während die Verkaufszahlen der Konsolen für den Heimgebrauch eher langsam anstiegen. Welches Ziel haben Sie sich in dieser Hinsicht mit dem PS Vita-System gesteckt?
Das kommt darauf an, welche Konsole Sie meinen – der Anstieg beim PlayStation 2-System war spektakulär, während er beim PS3-System eher stufenweise verlief, was zum Teil daran lag, dass das System einfach ein komplexeres Wertangebot darstellte. Wir müssen ehrlicherweise zugeben, dass sich der höhere Preis im direkten Vergleich zwischen PS3 und PS2 im Endeffekt als einschränkend erwiesen hat.
Das PSP-System war auf dem Markt gerade deshalb so stark, weil wir uns bei der Entwicklung darauf konzentriert hatten, die erfolgreichsten Aspekte der zu der Zeit beliebtesten Spielekonsole [PS2] in ein tragbares System zu integrieren. Seitdem haben wir gelernt, dass man aber auch ein Spielerlebnis bieten muss, das auf die tragbare Umgebung zugeschnitten ist – erst dann passiert etwas wirklich Besonderes.
PSP wurde damals als Multimedia-Gerät positioniert, doch obwohl PlayStation Vita viele der entsprechenden Funktionen übernommen hat – zum Beispiel Musik- und Videowiedergabe – scheinen diese nicht mehr so stark im Fokus zu liegen. Woran liegt das?
Das liegt wohl daran, dass wir in einer Zeit leben, in der die Leute einfach voraussetzen, dass ihre tragbaren Geräte die genannten Funktionen und außerdem auch die Möglichkeit anbieten, sich mit ihren Freunden zu verbinden. Was die Positionierung des PS Vita-Systems angeht, ist es am wichtigsten, dass wir es als Spielkonsole auf den Markt bringen, weil das schließlich unser Hauptverkaufsargument und auch der Hauptgrund ist, warum sich das Publikum zu Beginn dafür interessieren wird.
Dennoch hoffe ich natürlich, dass die Extrafunktionen – ob es sich dabei jetzt um Medienwiedergabe oder Netzwerken mit Freunden über Facebook, Twitter oder foursquare handelt – zu einem zusätzlichen, angenehmen Erlebnis führen werden, wenn die Benutzer das PS Vita-System zum ersten Mal starten.
Werden wir in Zukunft noch mehr Anwendungen zu sehen bekommen, deren Inhalte nicht spielbasiert sind?
Was die Zukunft angeht, sehe ich in diesem Bereich eine Menge Potenzial. Und mit der Zeit wird sich auch abzeichnen, welche genauen Vorstellungen unsere Kunden haben. Unsere Strategie bei der Markteinführung war es, den Bedarf in Bereichen wie „Soziale Netzwerke” mit Twitter, Facebook, Skype und foursquare abzudecken und sicherzustellen, dass diese gut konzipiert, gut integriert und von Anfang an verfügbar sind.
Von dort ausgehend, werden wir sehen, was wir sonst noch tun können – vor allem mit der 3G-Technologie -, um die Leute noch unmittelbarer in ihre Spiele und Aktivitäten eintauchen lassen zu können. Dieser Bereich ist uns besonders wichtig.
Können Sie die Strategie hinter diesem Einzelhandelsmodell erläutern, für das alle Spiele zum Download und bestimmte Titel auch auf PlayStation Vita-Karten zur Verfügung stehen werden?
Wir möchten mit diesem System ein Einzelhandelsmodell schaffen, das möglichst benutzerfreundlich ist. Mit PlayStation Vita bieten wir den Kunden ein System, mit dem sie, wenn es möglich ist, Spiele herunterladen können, während es bei größeren Spielen natürlich sinnvoller ist, sie auf Datenträgern zu kaufen. Dafür bieten wir die PlayStation Vita-Karten als Option.
Die Benutzer sagen uns immer wieder, dass sie beide Optionen wollen: Einerseits ist ihnen der schnelle und direkte Zugriff über Flash-Medien wichtig, während sie gleichzeitig neben dem Gerät nicht auch noch lauter Spiele mit sich rumschleppen wollen. Wir versuchen natürlich, dem nachzugehen, aber einfach ist das nicht, da die beiden Impulse ja eigentlich miteinander in Konflikt stehen.
Wie wird die Preisgestaltung aussehen, da die Benutzer ja erwarten, dass die digitalen Versionen der Spiele günstiger sind als die Datenträger?
Dieser Erwartung begegnen wir, indem wir die herunterladbaren Versionen der Spiele preislich niedriger ansetzen. Wie hoch der Unterschied letztendlich ausfallen wird, bleibt aber noch auszuwerten.
Wir haben zu vielen der Einzelhandelspartner, die den Erfolg von PlayStation Vita mitgetragen haben, ein großartiges Verhältnis, und wir wollen natürlich, dass es auch so bleibt. Wir müssen aber auch sehen, dass der Preis für digitale Versionen allein schon deshalb niedriger angesetzt werden muss, weil die Verpackungskosten und viele weitere Positionen wegfallen, die mit physischen Datenträgern verknüpft sind.
Können Sie festmachen, was ein tragbares Spiel genauso gut macht, wie ein für den Heimgebrauch konzipiertes Spiel?
Zunächst einmal muss es speziell für ein tragbares Gerät entwickelt worden sein. Eine der Stärken des PS Vita-Systems ist, dass seine Oberfläche dafür wie geschaffen ist.
Wir bieten den Benutzern viele Möglichkeiten, mit anderen Produkten aus unseren Reihen auf eine Art und Weise zu interagieren, wie es Zuhause einfach nicht möglich ist. Ich glaube, dass unsere Kunden genau das wollen: ein maßgeschneidertes Erlebnis, bei dem das Spiel entsprechend der PlayStation-Standards produziert und auf einem atemberaubend schönen OLED-Bildschirm präsentiert wird.
Durch die Bereitstellung dieser vielen Interaktionsmöglichkeiten mit dem Gerät geben wir den Entwicklern für ihre kreative Arbeit eine stabile Kreationspalette in die Hand.
Das Klima in der Spieleentwicklung hat sich grundlegend verändert: Zurzeit sehen wir vor allem, wie kleinere Teams in immer kürzeren Abständen riesige Erfolge produzieren. Wie gehen wir als Unternehmen und im Allgemeinen in Bezug auf das PlayStation Vita-System damit um?
Darauf gibt es zwei Antworten. Zum einen haben wir die Entwicklungsumgebung im Vergleich zu früheren Plattformen erheblich vereinfacht. Dafür muss natürlich viel experimentiert werden. Aber vor dem Hintergrund der Möglichkeiten, die der digitale Vertrieb bietet (wie zum Beispiel das Wegfallen des risikoreichen Festhaltens an Lagerbeständen), können wir den Entwicklern ein niedrigeres Einstiegsniveau bieten, was sie wiederum dazu ermutigen wird, zu experimentieren und Risikos einzugehen.
Eine Weiterführung dessen ist die parallel zum PS Vita-System verlaufende PlayStation Suite. Mit PlayStation Suite haben wir eine kostengünstige Entwicklungsumgebung sowie die Möglichkeit geschaffen, schnell auf eine immer größer werdende Vielfalt von Android-Geräten und deren Installationsbasis zugreifen zu können – mit der Option, auch die eigenen Inhalte mit dem PS Vita-System kompatibel zu machen. Zusammenfassend gesagt, bietet PlayStation Suite eine weitere Möglichkeit, PS Vita-Inhalte so zu verbreiten, dass sie schneller und agiler den Markt erreichen und dabei einem wesentlich größeren Pool von Entwicklern zur Verfügung gestellt werden können.
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