Horizon Forbidden West: Wie die Charaktere zum Leben erweckt wurden

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Horizon Forbidden West: Wie die Charaktere zum Leben erweckt wurden

Vom Entwurf bis zum Auftritt im Spiel – die Teams von Guerrilla berichten von der Erschaffung der Charaktere und wie man ihnen bedeutsame Momente ermöglicht.

Die Welt von Horizon Forbidden West mit ihren spektakulären Landschaften sprüht nur so vor Leben. Wilde umherstreifende Maschinen und blühende Kulturen bevölkern ein Land, das einst von den Maschinen der Faro-Plage, die sich von Biomasse ernährten, verwüstet wurde.

Neben der atemberaubenden Wildnis und den Furcht einflößenden Maschinen gibt es noch ein drittes wesentliches Element, das Horizon ausmacht: die authentischen Stammesvölker. Auf ihrer Mission begegnet Aloy einer bunten Vielfalt faszinierender Charaktere, allesamt mit eigenen Hoffnungen, Zielen und Beweggründen.

Diesen Charakteren echte Persönlichkeiten und echte Menschlichkeit zu verleihen, war eine Gemeinschaftsleistung der vielen Teams bei Guerrilla. In diesem PS Blog-Beitrag erkunden wir diesen Prozess genauer, vom narrativen Grundgerüst der Charakterentwicklung über das Aufzeichnen der perfekten schauspielerischen Darbietung bis hin zur Implementierung dieser mittels Filmsequenzen und Gesprächsgestaltung.

Jede dieser Phasen ist äußerst wichtig, um die Charaktere von Horizon ebenso realistisch und tiefgründig zu gestalten wie die Welt um sie herum.


Spoiler-Alarm: Beachtet bitte, dass dieser Artikel Spoiler zu Horizon Forbidden West sowie Horizon Forbidden West: Burning Shores und deren Geschichten enthalten kann.


Die Entwicklung überzeugender Charaktere

Wenn die Spieler in Forbidden West einem Charakter begegnen, ist dessen Platz in der Welt von Horizon klar etabliert: Wir erfassen ziemlich schnell seine Persönlichkeit, seine Wünsche und Ängste. Wir erfahren möglicherweise, dass er aufgrund seiner Herkunft bestimmte Überzeugungen hat oder warum er sich gegen den Status quo auflehnt, und erkennen schließlich, welche Berührungspunkte seine Mission mit der von Aloy besitzt.

Für das Story-Team beginnt die Erschaffung jedes Charakters mit einer grundlegenden Frage: Was will diese Person?

„Wir fangen immer mit einem Konflikt an“, erklärt Annie Kitain, Lead Writer. „Haben wir davon erst einmal eine ziemlich genaue Vorstellung, können wir den Charakter weiter ausarbeiten und austüfteln, wie sich dieser Konflikt in die Geschichte einbauen lässt.“

Mit den Wünschen eines Charakters anzufangen und daraus abzuleiten, welche Hürden ihm im Weg stehen, ermöglicht es den Autoren, die Richtung für die Dialoge und die unterschwelligen Botschaften vorzugeben – nicht nur das, was der Charakter sagt, sondern auch das, was unausgesprochen bleibt und was er vielleicht eigentlich meint.

Beim Ausloten der Beweggründe beurteilt das Story-Team die Umstände, die sich auf die Persönlichkeit einer Person auswirken würden. Ein Beispiel dafür sind die Beziehungen eines Charakters zu anderen und seinem Umfeld. Dieser Ansatz ermöglicht die Entwicklung einer stimmigen Weltanschauung und glaubhafter Interaktionen, die letztendlich bestimmen, wie jeder einzelne Charakter mit Aloy umgeht.

„Das Autorenteam hatte viel Spaß dabei, auszuarbeiten, wie sich die Haltung eines Charakters gegenüber Aloy im Verlauf der Hauptstory weiterentwickelt. Ein Charakter kann beispielsweise zwei (oder auch mehr!) verschiedene Dialogabfolgen in petto haben, je nachdem, wie bekannt Aloy aufgrund ihrer Handlungen bereits ist.

Wir sehen die Charaktere als Spiegelbild der Überzeugungen, Bräuche und Konflikte ihres Stammes und um sie besser verstehen zu können, müssen wir mehr Zeit mit ihnen verbringen. Euch wird auffallen, dass die Charaktere Aloy häufiger als früher auf einer Quest begleiten. So können wir sie besser kennenlernen, als wenn wir ihnen nur in Filmsequenzen begegnen würden.“

Die persönliche Weiterentwicklung von Aloys Begleitern ist auch eng mit dem Konflikt der Jägerin selbst in der Hauptstory verwoben. Jeder Stamm in Horizon hat eigene Überzeugungen und Querelen, doch die schwelende Bedrohung, die Forbidden West zugrunde liegt, wirkt sich auf sie alle aus, wenn auch auf ganz unterschiedliche Weise.

„Das Weltverständnis vieler Charaktere wird im Verlauf des Spiels so viel größer – etwas, das bisher praktisch nur Aloy erleben durfte.“

Das Story-Team hat eng mit anderen Abteilungen zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass die Story Hand in Hand mit der Entwicklung der Charaktere geht, damit sich dieses parallele Wachstum ganz natürlich anfühlt.

„Wir arbeiten eng mit den Abteilungen Design, Cinematics, Art und Audio zusammen, um zu gewährleisten, dass diese emotionalen Aspekte auch ankommen und dass das Timing funktioniert“, erläutert Annie. „Es ist ein sehr iterativer und gemeinschaftlicher Prozess, der sich über die gesamte Entwicklungszeit erstreckt, mit viel Austausch von Feedback und ständigen Anpassungen. Wir alle wollen alles richtig machen, damit die Geschichte letztendlich bei den Spielern ankommt.“

Sobald das Story-Team den Grundstein gelegt hat, erwecken die anderen Teams bei Guerrilla die Vision – und die Charaktere selbst – zum Leben. Laut Jochen Willemsen, dem Associate Cinematic Director, ist der erste Schritt hierfür das Casting.

„Das Casting ist ganz entscheidend. Wir haben einen sehr speziellen Castingprozess für die wichtigen Rollen“, so Jochen. „Ich verbringe bei den Rollen immer sehr viel Zeit damit, mir ein exaktes Bild davon zu machen, was genau das Story-Team beabsichtigt und wie man die geeigneten Schauspieler findet, die genau das transportieren oder sogar noch mehr in die Rolle einbringen können, als sich die Autoren vorgestellt hatten.

Sobald man den richtigen Schauspieler gefunden hat, konzentriert man sich darauf, die Szene, den Subtext und das gewünschte Ergebnis der Szene richtig zu verstehen: Welche Funktion hat diese Szene für die Geschichte und/oder das Gameplay?“

Die Zusammenarbeit mit Schauspielern für Videospiele ist eine ganz einzigartige Herausforderung. Jochen betont, dass sich die Schauspieler im Gegensatz zu Dreharbeiten für Fernsehsendungen und Kinofilme nicht an Elementen wie Kostümen oder Kulissen orientieren können, um sich in ihre Rolle einzufühlen – der Aufbau hat vielmehr Ähnlichkeit mit einem Greenscreen-Set.

„Auf gewisse Weise muss man sich als Regisseur etwas mehr bemühen, ihnen den Kontext zu vermitteln und ihre Fantasie anzuregen. Man muss sehr aufmerksam sein und darauf achten, dass die Schauspieler wirklich verstehen, warum ihr jeweiliger Charakter bestimmte Dinge sagt. Die Verbindung der Schauspieler zum Material nicht abreißen zu lassen, ist entscheidend und ein fortwährendes hartes Stück Arbeit.“

Als Regisseur konzentrierte sich Jochen darauf, die für die Szene erforderlichen Darbietungen einzufangen. Selbst eine seiner Lieblingsszenen – als Aloy und Morlund mit Morlunds Heißluftballon abstürzen – war eine Herausforderung. Aufgrund der damaligen Projektphase mussten die Sprachaufnahmen separat erfolgen, aber dank seines tiefen Verständnisses der Vision dieser Szene konnte er den Schauspielern dabei helfen, richtig zu agieren, obwohl sie gar nicht zusammen im Raum waren.

Jochen muss nicht nur die schauspielerische Darbietung einfangen, sondern gleichzeitig auch die Bearbeitung des Materials durch das Cinematics-Team im Hinterkopf haben und bei der Arbeit mit den Schauspielern stets die Kameraeinstellungen und -techniken bedenken.

„Für das Zusammensetzen einer Sequenz sind viele Menschen aus unterschiedlichen Abteilungen nötig, um das zu realisieren, was das Story-Team zu Papier gebracht hat“, erklärt Alexander Hush, Senior Cinematic Animator. „Die aufgenommenen Darbietungen der Schauspieler werden auf die digitalen Versionen der Charaktere übertragen und so zusammengesetzt, dass filmische Momente und Beziehungen zwischen Aloy und den Charakteren, denen sie begegnet, entstehen.“

Zusammenarbeit ist in diesem Prozess das A und O. In den Filmsequenzen den richtigen emotionalen Ton zu finden, ist hauptsächlich die Leistung der Schauspieler, und das Cinematics-Team muss dafür sorgen, dass die verwendeten Kompositionen und Objektive die Emotionen in den Darbietungen unterstreichen.

„Authentizität ist ein wichtiger Faktor, der [Ismaël Auray, dem ehemaligen Cinematics Director] sehr am Herzen lag, und er arbeitete eng mit den Darstellern zusammen, um ein natürliches Schauspiel zu erreichen, in dem jeder Charakter ein Leben und eine Geschichte besitzt“, fügt Ari Teger, Senior Animator im Team, hinzu. „Wie sie mit Aloy auf deren Reise interagieren, kann unerwartete und interessante Charaktermomente entstehen lassen, die eine Szene viel interessanter machen.“

Unvergessliche Momente erschaffen

Das Cinematics-Team bei Guerrilla hat die Aufgabe, Schlüsselmomente der Geschichte von Horizon Forbidden West mittels nicht-interaktiver Filmsequenzen zu transportieren. Von Beginn des Projekts an setzte sich das Team das Ziel, die Qualität der Szenen gegenüber der in Horizon Zero Dawn noch deutlich zu steigern. Die Motion-Capture-Technologie hatte sich seit 2017 drastisch weiterentwickelt und so konzentrierte sich das Team auf filmische Kameraarbeit. Es baute subtile Schwenks und absichtliche Bewegungen ein, um die noch realistischere, echt wirkende Atmosphäre von Forbidden West entstehen zu lassen.

Michel Lefèvre, Senior Cinematic Animator, erklärt, dass all dies bereits in der Layoutphase beginnt. „Zuerst setzen wir die Grundelemente dessen zusammen, was eine Filmsequenz ausmacht: die Motion-Capture-Daten, das Dialog-Audio und die Umgebungsgeometrie. Wir probieren Variationen der Szene aus, um die bestmögliche Version zu finden. Sie muss die Geschichte so klar wie nur möglich vermitteln – so können die Spieler wieder in die Action einsteigen, ohne der Szene gedanklich nachzuhängen, was die Immersion aufrechterhält.“

Mit einer ähnlichen Vorgehensweise wie das Story-Team betrachteten sie, wie eine Szene zwischen verschiedenen Charakteren in den Kontext von Aloys Geschichte passt, und leiteten daraus die benötigten Techniken ab.

„Unser Regisseur hat eine Reihe von Kameraobjektiven mit Festbrennweiten ausgewählt, die wir während der gesamten Produktion verwendet haben“, berichtet Ari. „Dazu zählen etwa Weitwinkelaufnahmen, wenn mehr von der Umgebung zu sehen sein muss, wie zum Beispiel, wenn Aloy zum ersten Mal einen neuen Bereich betritt. Längere Objektive kommen zum Einsatz, wenn wir intimere Nahaufnahmen von Charakteren brauchen und uns auf emotionalere Momente konzentrieren.“

Ari merkt eins der Grundprinzipien des Teams an: Alles sollte aus Aloys Perspektive dargestellt werden. Diese Vorgehensweise erzeugt eine Verbindung zwischen den Spielern und den Ereignissen und Charakteren rund um Aloys Reise. Schlussendlich vermittelt sie die beabsichtigten emotionalen Facetten und die tiefe Verbundenheit zwischen der Protagonistin und denjenigen, denen sie begegnet.

„Sämtliche benötigten Informationen werden durch die Darbietung vermittelt“, fügt Michel hinzu. „Eine Weitwinkelaufnahme zeigt beispielsweise einen Konflikt zwischen zwei Charakteren, indem die Distanz, die sie trennt, deutlich gemacht wird. Die Kamera kann nach einem Satz länger auf einen Charakter gerichtet bleiben, um dessen Gedankenprozess zu vermitteln, oder vom Sprecher auf den Zuhörer schwenken, um eine wichtige Reaktion zu zeigen.

Und um die Gefühle eines Charakters zu verdeutlichen und ihn menschlich und glaubwürdig erscheinen zu lassen, haben wir stärker auf die Gesichtsanimation gesetzt – rasche Augenbewegungen, um einen Gedankenprozess deutlich zu machen, oder Blinzeln, um Zweifel zu vermitteln. Ziel der Layoutphase ist es, die Schlüsselmomente der schauspielerischen Darbietung zu finden und sie im richtigen Augenblick zu zeigen, um die entscheidenden Szenen der Geschichte so gut wie nur möglich zu vermitteln.“

Michel vergleicht diese Vorgehensweise in Horizon Forbidden West mit klassischen Hollywoodfilmen, in denen die Bewegung der Kamera von den Bewegungen des Schauspielers vorangetrieben wird. Diese Bewegung zieht keine Aufmerksamkeit auf sich, sondern ergänzt das Arrangement der Akteure auf ganz natürliche Weise und unterstützt die schauspielerische Darbietung. Ihm gefällt besonders die Szene, in der Aloy zum ersten Mal den Oseram-Stöberern in Vegas begegnet: Die Spieler begreifen sofort, dass Aloy und Morlund sich von Anfang an blendend verstehen – nicht nur, weil sich ihre Missionen überschneiden, sondern auch, weil die Kamera ihre Interaktion und heimliche Verständigung hervorhebt.

„In dieser Szene klickt es sozusagen zwischen Aloy und Morlund. Die Kamera zeigt in Großaufnahme, wie sie einander ansehen. Zwischen ihnen sieht man im Hintergrund Ababund stehen, dem es nicht gefällt, dass Aloy und Morlund sich so schnell anfreunden. Er unterbricht sie und zieht Morlund von Aloy weg.“

Als Beispiel für die Darstellung von Emotionen in einer Szene nennt Ari eine seiner Lieblingsszenen aus dem „Burning Shores“-DLC für Horizon Forbidden West. Aloy ist mit ihrer Gefährtin Seyka an einem Strand und versucht sie zu trösten, nachdem eine Enthüllung Seyka bis ins Mark erschüttert hat. In dieser Szene erkennt Aloy, dass sie Gefühle für Seyka hat.

„Es ist immer eine spannende Herausforderung, verschiedene Varianten einer Szene zu gestalten, um zu sehen, wie sich ihr emotionaler Aspekt verändert. Wenn man einem solchen Augenblick etwas Raum gibt, kann sich die emotionale Botschaft wirklich entfalten.“, erklärt Ari. „Wir wollten unbedingt zeigen, wie die Beziehung zwischen Aloy und Seyka im Verlauf der Geschichte immer stärker wird. Und diesen Moment wollten wir herausstellen und uns an die Nahaufnahmen herantasten, in denen sie diesen zärtlichen Augenblick miteinander teilen. Das Animationsteam hat großartige Arbeit geleistet, indem es diese Szenen aufpoliert und noch detailreicher gestaltet hat. So bekommen wir wirklich ein Gefühl dafür, was Aloy und Seyka in diesem Moment denken.“

„Ich finde, die langsameren Momente stechen in unseren Filmsequenzen wirklich hervor. Ob es nun Aloys Begegnung mit den charismatischen Oseram-Handwerkern in Vegas ist oder ein gefühlvollerer Augenblick zwischen Aloy und Seyka“, fügt er hinzu. „Es war toll, diese Momente zusammen mit dem Story-Team auszuarbeiten und so richtig zu sehen, wie die Charaktere zum Leben erwachen.“

Gespräche über Gespräche

Das Cinematics-Team hatte die Realismus-Messlatte ziemlich hochgelegt. Mit demselben Blick fürs Detail mussten die ebenso wichtigen Interaktionen angegangen werden und so stellte Guerrilla das Gesprächsdesign-Team zusammen, um die Qualität der Unterhaltungen zu erhöhen.

Im Vergleich zu einer Filmsequenz betrachtet Guerrilla ein Gespräch als eine Szene mit Dialog als Schwerpunkt – sämtliche interaktiven Momente, in denen Aloy mit nicht-spielbaren Charakteren (NPCs) spricht. Ziel war es, die Gespräche qualitativ auf ein vergleichbares Niveau wie die Filmsequenzen zu bringen. Daher ist der Unterschied zwischen einem Gespräch und einer Filmsequenz nur minimal, was die Immersion der Spieler erhöht.

Marion Allard, Senior Conversations Designer, beschreibt dieses Vorgehen als vergleichbar mit der Arbeit an Filmen. „Bei Horizon Forbidden West hatten wir das Ziel, die Kluft zwischen maßgefertigten Motion-Capture-Filmsequenzen und den Gesprächen der Charaktere zu schließen und unsere Möglichkeiten bestmöglich auszuschöpfen, indem wir perfekt zugeschnittene Motion-Capture-Daten für die gesamten Inhalte erstellt haben.“

„Ein Gespräch findet üblicherweise in einem begrenzten Raum an einem einzelnen Ort statt“, erläutert PJ Hughes, Cinematics Sequence Lead. „Also nehmen wir das Gesprächssystem als Basis und bauen dann darauf auf, ähnlich wie wir auch bei den Filmsequenzen vorgehen.“

Horizon Zero Dawn nutzte einen prozeduralen Generator, der Gespräche anhand eines Scripts automatisch umsetzen konnte. PJ verlieh diesen Szenen anschließend als damals einziger Gesprächsdesigner von Hand den letzten Schliff.

„Für den DLC The Frozen Wilds haben wir mit ergänzenden Motion-Capture-Aufnahmen herumexperimentiert, um die Qualität näher an jene unserer Filmsequenzen heranzubringen“, erzählt er. „Bei den Spielern kamen die gesteigerten Ausdrucksmöglichkeiten der Charaktere, die die großartigen Leistungen der Sprecher enorm verbessert haben, gut an. Also wollten wir bei Forbidden West noch einen Schritt weiter gehen.“

„Wir haben dieses [automatische] System weiterhin als praktische Grundlage genutzt, um schnell eine Ausgangsversion jedes Gesprächs im Spiel zu erstellen, bevor wir die zeitlich korrekt eingepassten Sprachzeilen, exakt zugeschnittenen Motion-Capture-Aufnahmen, Gesichtsausdrücke und Spezialkameras zu jeder einzelnen hinzugefügt haben“, ergänzt Marion. „Einfach ausgedrückt, sind wir von einer prozeduralen Generierung zu einer komplett von Hand erstellten Vorgehensweise übergegangen, um ein deutlich höheres Maß an Immersion und Qualität zu erzielen.“

Die großartigen Ergebnisse des Gesprächsdesign-Teams zeigen sich in dem Detailgrad, den sie für jede Szene und jeden Charakter erzielen wollten. „Zuerst müssen wir jede Menge charakterspezifische Aspekte bedenken: In welcher emotionalen Verfassung befinden sie sich, wenn sie auf Aloy treffen? Sind die Questgeber oft in einer Notlage oder in Eile? Haben sie Hintergedanken? Wissen sie, wer Aloy ist – sind sie beeindruckt oder misstrauisch?“

„Die unterschiedlichen Stämme spielen eine zentrale Rolle beim World-Building von Horizon. Wir haben sichergestellt, dass jeder Stamm seine eigenen kulturspezifischen Gesten und Eigenheiten besitzt. So berühren beispielsweise die Utaru die Samentasche an ihrer Brust, um emotionale Verletzlichkeit zu zeigen.“

Diese kleinen Details halfen dabei, die Authentizität der Gespräche zu verstärken und dadurch im Endeffekt auch die Authentizität der Charaktere selbst. Um die Charaktere durch ihr Design vollständig erfassbar zu machen, wurden sie als aktive, fühlende Bestandteile ihrer jeweiligen Welt gestaltet, statt einfach nur als Questgeber für Aloy.

„Wir besprechen die Intentionen eingehender mit dem Story-Team und machen Vorschläge für Anpassungen. Zum Beispiel wird im Skript eine Requisite erwähnt. Muss diese individuell gestaltet werden? Oder würde ein bereits vorhandenes Objekt den Zweck auch erfüllen?“, erklärt PJ. „Wir besprechen den Schauplatz mit dem Environment-Art-Team, um den idealen Ort zu finden, der dabei hilft, die Story zu erzählen. Wir arbeiten zusammen mit dem Quest-Team an den technischen Details. In welchem Zustand beginnt und endet die Szene? Mit welcher Blickrichtung soll der Spieler wieder aus der Szene herausgehen?“

Ein sehr gutes Beispiel für diese Vorgehensweise war Aloys Gespräch mit Gildun, einem Oseram-Stöberer, dem die Spieler zum ersten Mal in The Frozen Wilds begegnet sind. Gildun kehrt in Burning Shores zurück und tut sich wieder mit Aloy zusammen, nachdem er während einer Expedition in eine Falle geraten war. Die beiden suchen nach seinem vermissten Partner, Olvar, und bewältigen dabei in trauter Eintracht die Rätsel in diesem Bereich.

„Wir suchen nach Gelegenheiten, die Gespräche dynamischer zu gestalten. Wir wollen keine statischen sprechenden Köpfe“, fügt PJ hinzu. „Die Arbeit an Gildun macht viel Spaß. Er ist so übermütig und lebt ganz in seiner eigenen Welt. Was ihn meiner Meinung nach so großartig macht, sind diese emotionalen Momente, in denen man sein prahlerisches Benehmen durchschaut. Wenn wir diese Momente richtig hinbekommen, entsteht ein interessanter, liebenswerter, ausgewogener, glaubwürdiger Charakter.“

Das Endergebnis

Die Charaktere von Horizon Forbidden West zum Leben zu erwecken, war ein gemeinsames Ziel. Die verschiedenen an der Entwicklung des Spiels beteiligten, parallel arbeitenden Teams mussten sich immer darauf konzentrieren, wie die Spieler die Welt von Horizon durch die Charaktere, denen sie begegnen, erleben.

„Wir müssen ein Gleichgewicht zwischen Flexibilität und Immersion finden“, beschreibt Marion den Prozess. „Horizon Forbidden West ist eine offene Welt: Die Spieler können die Dinge in jeder nur möglichen Reihenfolge tun, und um die Immersion aufrechtzuerhalten, müssen die Welt und ihre Charaktere dem Rechnung tragen.“

Letztendlich bündelten die vielen Teams von Guerrilla ihr technisches Fachwissen, um ihre Vision zu verwirklichen: eine Welt, in der alles, womit die Spieler interagieren – die Wildnis, die Maschinen, die Siedlungen und letztlich auch die Menschen – sich wirklich lebendig anfühlt.

„Wir sehen das Kennenlernen der Charaktere, denen Aloy begegnet, gern als Gelegenheit, einen Einblick in deren Welt zu bekommen“, erläutert Annie. „Ob die Spieler also einen Charakter lieben oder ihn mit Inbrunst hassen – wir hoffen, dass sie Freude daran haben, ein tieferes Verständnis der Welt von Horizon und der hoffnungsvollen, witzigen, unvollkommenen und komplizierten Menschen zu bekommen, die darin leben.“

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