Lunark: Retro-Erlebnis dank Rotoskopie

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Lunark: Retro-Erlebnis dank Rotoskopie

Schöpfer Johan Vinet zeigt uns, wie er seinen „filmischen“ Plattformer mit Kino-Feeling pur anreichert.

Hallo an alle Leser des PlayStation Blogs! Ich bin Johan Vinet, Schöpfer von Lunark, einem Sci-Fi-Actionspiel im Pixel-Art-Stil, das eine Hommage an die filmischen 2D-Plattformer der 1990er ist.

Filmische Plattformer wollten den Spieler durch realistische, methodische Charakterfortbewegung, die den Gesetzen der Physik unterliegt, in die Spielwelt ziehen. Klassiker wie Jordan Mechners Prince of Persia, Eric Chahis Out of this World und Paul Cuissets Flashback erreichten diesen Realismus durch detaillierte und lebensechte Animationen sowie rotoskopierte Zwischensequenzen, die den Spieler belohnten, indem sie wichtige Gameplay-Momente unterstrichen und gleichzeitig einen einzigartigen und wiedererkennbaren Stil schufen.

Rotoskopieren ist eine Technik zum Erschaffen realistischer Animationen, die noch aus einer Zeit vor dem Motion-Capturing stammt. Das Filmmaterial musste dabei aufwendig Bild für Bild bearbeitet werden. Glücklicherweise haben technologische Fortschritte dafür gesorgt, dass Rotoskopie heute viel einfacher zu verwenden ist. Mit etwas Kreativität und der Hilfe eines Smartphones oder Tablets konnte ich diese „verlorene Kunst“ nutzen, um Lunark Leben einzuhauchen.

Jetzt möchte ich euch kurz die Arbeitsschritte erklären, die für die Produktion der Zwischensequenzen in Lunark nötig waren.

1. Schritt: Storyboard-Phase

Im ersten Schritt erstellte ich ein Storyboard. Damit bestimmt man das Erscheinungsbild der Zwischensequenz, einschließlich Charakteren, Kamerawinkeln und Schlüsselaktionen.

2. Schritt: Planungsphase

Auf das Storyboard folgte die Planung. Hier entschied ich mich für die Orte, an denen ich filmen wollte (die meisten davon waren bei mir zu Hause), suchte mir Requisiten aus und überlegte, ob eine 3D-Modellierung erforderlich ist. Bei einer Szene stellte ich beispielsweise fest, dass ich schnellere und bessere Ergebnisse erhalte, wenn ich einen „Kristall“ aus Pappkarton bastle (und ihn mit transparentem Kleber bestreiche, damit er Licht spiegelt), anstatt ihn als 3D-Modell zu erschaffen.

3. Schritt: Filmphase

Die meisten Zwischensequenzen in Lunark, bei denen Rotoskopie zum Einsatz kam, sind Standbilder, für die keine Audioaufnahmen notwendig sind. Dafür brauchte ich nur mich und ein Stativ für mein Smartphone, mit dem ich mich filmte. Vorzugsweise hatte ich dabei Klamotten an, die denen des Hauptcharakters, Leo, glichen. Ich wickelte mir sogar Klebeband um die Lederärmel, um die gelben Streifen auf Leos Jacke zu simulieren, damit ich sie später beim Bearbeiten als visuelle Hilfen verwenden konnte. (Das war übrigens eine ganz furchtbare Idee, weil ich mir damit die Jacke komplett versaut habe!)

Mein Motto lautete, alle mir zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, also sprang ich von meinem Trockner herunter und nahm die Szene aus der Froschperspektive auf. Im fertigen Spiel seht ihr dann, wie Leo das Gitter eines Lüftungsschachts durchbricht. Ich nahm mich auch beim Hangeln auf dem Kinderspielplatz auf, um die Flucht aus einem Gebäude via Seilrutsche zu simulieren.

4. Schritt: Bereinigungsphase

Nach Abschluss der Dreharbeiten zog ich die Videodateien auf meinen Computer, wo ich mit Photoshop oder After Effects die besten Aufnahmen zuschnitt und kolorimetrisch aufbereitete, wenn das Motiv etwas mehr hervorstechen sollte. In dieser Phase lassen sich auch Effekte wie ein Dolly-Zoom oder simulierte Charakterbewegungen einfügen. Außerdem reduzierte ich die Anzahl der Bilder auf 24 pro Sekunde, damit das Endergebnis echtes Kino-Feeling ausstrahlt (und um jede Menge Arbeit zu sparen). Abschließend wurde die Videosequenz noch an die finale Auflösung im Spiel angepasst.

5. Schritt: Bildbearbeitungsphase

Jetzt beginnt der langwierige Part! Mittels Photoshop zeichnete ich den Charakter in den einzelnen Bildern nach und übermalte sie, wobei ich mich an die zuvor festgelegte Farbpalette hielt.

6. Schritt: Szeneriephase

Dieser Schritt kann ganz unterschiedlich aussehen. Wenn es sich bei der Szene um ein Standbild handelte (zum Beispiel als Leos Hand sich langsam auf die mysteriöse, alte Gravur zubewegt), zeichnete ich den Hintergrund direkt als Pixel-Art. Bei einer Animation oder komplexen Szene (wie die Szene, wo die Kamera pfeilschnell mittels „Dolly-Zoom“ ein Detail auf Leos Schiff hervorhebt, ein filmischer Effekt, den Regisseure wie Alfred Hitchcock berühmt machten) kann auch 3D-Software zum Einsatz kommen, um Objekte oder Gebäude zu modellieren und zu rendern. Diese können dann übermalt oder nachbearbeitet werden, um zur Optik des Spiels zu passen.

7. Schritt: Audiophase

In den meisten Zwischensequenzen kommen zwar dieselben Musikstücke zum Einsatz, aber einige benötigten einen persönlicheren Touch, weshalb ich die Soundeffekte oder Musikstücke selbst erstellte, mit denen ich die Szenen dann angemessen unterlegte.

8. Schritt: Integrationsphase

Jetzt endlich konnte ich die Zwischensequenzen exportieren und sie mit den richtigen Auslösern in die Spiel-Engine einbauen (GameMaker in diesem Fall). Wenn der Spieler einen Gegenstand wie einen Schildenergiekern aufhebt, zoomt das Spiel nah ans Geschehen ran, und wenn ein Hauptziel erreicht wurde, wird eine längere Zwischensequenz abgespielt, die die Levels verbindet und dem Spiel Film-Flair verleiht.

Ich möchte euch dafür danken, dass ihr euch die Zeit genommen habt, diesen Artikel zu lesen. Das Endergebnis wird hoffentlich sowohl die Liebhaber filmischer Plattformer, die Puristen also, zufriedenstellen als auch neue Spieler begeistern, die das Genre dank Lunark kennenlernen. WayForward wird das Spiel am 30. März für PlayStation 4 und PlayStation 5 veröffentlichen, also freut euch schon mal.

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