Lucid Games und XDev gewähren uns einen kleinen Blick unter die Motorhaube
Wir sind jetzt schon im zweiten Monat fleißig dabei, Fahrzeuge zu schrotten und von Plattform zu Plattform zu springen, seit das PS5-exklusive Destruction AllStars im Februar sein Debüt auf PlayStation Plus gegeben hat. Mit eigenen Augen haben wir das wunderschöne grafische Metall-Massaker in den 16-Spieler-Matches dieses Spiels miterlebt (und auch verursacht!). Wir haben gesehen, wie Fahrzeuge von Tornados in tausend Stücke zerfetzt wurden, wie Superstars in den Arenen astreine Parkourläufe hingelegt haben und über rasende Wagen gesprungen sind, und dank des DualSense Wireless-Controllers haben wir jede Rangelei und jeden Crash am eigenen Leib gespürt.
Und weil wir wissen wollten, wie all das zustande gekommen ist, haben wir mit den Schöpfern des Spiels, dem Entwickler Lucid Games und Sony XDev, gesprochen, um einen Blick unter die Motorhaube werfen zu dürfen.
Wenn ihr einen technischen Grundpfeiler als den wichtigsten für Destruction AllStars festmachen müsstet, welcher wäre es und wieso?
Colin Berry [Game Director, Lucid Games]: Für mich wäre das der DualSense Wireless-Controller. Durch ihn konnten wir ein paar ganz subtile, nuancierte Dinge umsetzen.
Wir konnten direktionale Haptik realisieren. Wenn man getroffen wird, sieht man es, aber – und das ist das Wichtige daran – man fühlt es auch. Und wir variieren die Wucht solcher Treffer von heftigen Zusammenstößen bis hin zu leichten, subtilen Schrammen. Sogar die Schritte eines Charakters sind haptisch wahrnehmbar. Man hört die Soundeffekte, dieses leise Tapsen aus dem Lautsprecher, und spürt gleichzeitig die Schritte.
Wir hatten ein bisschen Sorge, dass das alles zu viel werden könnte, eben weil es unablässig zu hören und zu spüren ist. Aber als wir es [in der Entwicklungsphase] rausgenommen haben, um die Reaktionen zu testen, fragte jeder, was passiert sei und wieso es auf einmal fehlen würde. Das hat uns gezeigt, dass es funktioniert. Nuanciert und ganz subtil. Es ist so, als würde man ein Spiel mit einem Charakter spielen, der keinen Schatten wirft. Dann hat man das Gefühl, gar nicht richtig mit der Welt verbunden zu sein. Fügt man Schatten hinzu, ändert sich das schlagartig. Das hier ist quasi die Weiterführung dessen.
Und dann sind da die Trigger, die euch spüren lassen, wenn euer Fahrzeug beschädigt ist, zum Beispiel indem sich die Bremse dann schwerer betätigen lässt. Wenn euer Fahrzeug extrem beschädigt ist, spürt ihr das auch am Gaspedal. Zu Beginn, wenn ihr losfahrt, ist überhaupt kein Widerstand zu fühlen. Das ist absichtlich so gemacht, denn wir haben festgestellt, dass es kein angenehmes Erlebnis war, ständig Widerstand zu spüren.
John McLaughlin [Senior Producer, XDev]: In Sachen GPU und CPU ist das PS5 System echt klasse. Wir können all diese Partikel und Fahrzeugteile durch die Gegend schleudern, und das alles mit sehr hoher Auflösung. Wir können die Deformation von Fahrzeugen in Echtzeit zeigen. Der Look des Spiels ist toll und ich bin schließlich Grafiker. Aber der DualSense Wireless-Controller ist das, was dem Spiel das gewisse Extra verleiht.
Ich muss allerdings sagen, für einen Mann meines Alters, der sich noch an Spielmodule und sofortiges Laden erinnern kann, ist es ein tolles Gefühl, sich wieder dorthin zurückversetzt zu fühlen, wo man das Spiel einfach startet, im Titelmenü die Kreuz-Taste drückt und innerhalb von wenigen Sekunden loslegen kann. Das öffnet einem die Augen.
Von den kleineren Dingen wie den Aktivitätskarten ganz zu schweigen. Die benutzen wir in den [Einzelspieler-]Herausforderer-Serien, aber auch online. Wenn ihr vom Solo- in einen Team-Modus wechseln wollt, müsst ihr nicht erst ins Hauptmenü. Dank der Aktivitätskarten habe ich Spiele wiederaufgenommen, obwohl ich das normalerweise nicht getan hätte. Es wird noch interessant zu sehen, welchen Einfluss die Aktivitätskarten auf unser Spiel und auf andere Spiele haben werden.
Hat euer Team während der Entwicklung mit anderen Entwicklern von Worldwide Studio gesprochen, um Gedanken und Ideen zur Verwendung des DualSense Wireless-Controllers auszutauschen?
John: Wir haben uns mit [dem Creative Director von Astro‘s Playroom] Nico Doucet unterhalten. Er ist immer sehr aufgeschlossen und hilfsbereit. Er war [zusammen mit seinem Team] fast am Ende des Entwicklungszyklus angelangt, weil sie schneller fertig geworden waren. Also schickten wir ihnen einen Build mit der Bitte, mal einen Blick darauf zu werfen. Sie gaben uns jede Menge Tipps und Ideen für den Einsatz der Haptik, zum Beispiel im Zusammenspiel mit dem Lautsprecher und den Triggern und so weiter. Ich finde, dass uns dadurch insgesamt ein ausgesprochen überzeugendes Steuerungssystem gelungen ist. Wie Colin schon sagte, spürt man sofort, wenn es fehlt.
Bei jedem Match können sich 16 Spieler in der Arena befinden. Das heißt 16 Charaktere und ihre Fahrzeuge, Trümmer und die Gefahren auf der Strecke sowie eine Beleuchtung wie bei einer echten Veranstaltung und vieles mehr. Könnt ihr kurz die technischen Aspekte umreißen, dank derer das PS5-System all das möglich gemacht hat?
Colin: Wir haben das unglaublich große Glück, dass unsere technischen Programmierer ihr Handwerk wirklich verstehen. Wir haben hier ein Spiel, das auf Physik basiert, und zwar auf nicht-deterministischer Physik. Das bedeutet, dass bei einer Kollision bestimmte Dinge passieren, man aber nicht weiß, was genau. Das umzusetzen, ist ziemlich kompliziert. Aber es ist die beste Methode. Wir hätten ohne die Leistungsstärke von PS5 nicht diesen Detailgrad und diese Wiedergabetreue beim Schadensdeformationssystem erreichen können.
Chad Wright (Technical Director): Eine riesige CPU und ein megaschneller Arbeitsspeicher. Das PS5-System ist ein richtiges Kraftpaket und zum Glück mussten wir keine großen Kompromisse hinsichtlich unserer ursprünglichen, ehrgeizigen Ziele eingehen, mit denen wir in die Entwicklung von Destruction AllStars eingestiegen sind. Das Herzstück des Erlebnisses ist das Fahrzeughandling, das extrem detailreich und komplexer ist, als man von einem doch eher „Arcade“-artigen Spielstil erwarten würde. Die Aufhängung der Reifen ist ausgesprochen realistisch und ihre Physik hebt die feinen Unterschiede in Grip, Drift und Feeling hervor. Das Ansprechverhalten ist das A und O. Wir mussten ultraschnelle Reaktionen, die kaum mehr als ein Zucken sind, in ein Spiel einbauen, das im Grunde ein Fahrzeug-Brawler ist. Und dazu kam noch die Notwendigkeit von hochgradig detaillierten Schadensmodellen und Kollisionsinteraktionen mit manchmal extremer Deformation, und zwar nicht nur auf „Rendering“-Ebene, sondern bis hinein ins tatsächliche „Spüren“ des Spiels – und all das bei einer hohen Framerate. Das alles erfordert einen sehr umfangreichen Algorithmus. Doch dank des enorm starken Prozessors und der ausgezeichneten Datentransfergeschwindigkeiten konnten wir die Physiksimulation auf mehrere Kerne verteilen und sehr viel Arbeit in vergleichsweise wenig Zeit bewältigen.
Die Wagen selbst sind ebenfalls hochgradig detailliert und besitzen jede Menge Teile, die beschädigt werden können und dann klappern, flattern oder sich bei einem Aufprall lösen. All das zusätzlich zu allem anderen simulieren zu können, bereichert das Spielerlebnis ungemein. So können die Spieler wirklich unvergessliche Karambolage-Augenblicke erleben – mit epischen Zusammenstößen, deformierten und in tausend Teile explodierenden Wagen, davonfliegenden Reifen und Türen, während sie sich durch ein Feld voller Gegner pflügen. Wir wollten unbedingt ein interaktives Erlebnis schaffen, das sich wirklich echt anfühlt und nicht bloß Schall und Rauch ist, und PS5 lässt uns all das verwirklichen.
John: Und es sind nicht nur 16 Fahrzeuge. Jedes Fahrzeug besteht aus 200 Einzelteilen, die ebenfalls mit der Welt interagieren können. Multipliziert das mit 16 und addiert dann noch die 16 komplexen, variierbaren Charaktere hinzu. Dann erhaltet ihr all die anderen Fahrzeuge, die in der Welt verstreut sind und die sich der Spieler unter den Nagel reißen muss, wenn sein eigener fahrbarer Untersatz geschrottet wurde. Also haben wir es hier mit einer schieren Unmenge von Elementen zu tun. Und dann ist da auch noch die Arena mit ihren riesigen rotierenden Klingen, die Autos in Stücke hacken können und so weiter. Es ist also ganz schön viel Arbeit. Wir haben für dieses Spiel übrigens Unreal Engine 4 verwendet. Dadurch konnten wir die Dinge ziemlich schnell zum Laufen bringen. Aber ja, aus technischer Sicht finde ich, dass das PS5-System uns viel ermöglicht, was auf PS4 ganz sicher nicht realisierbar gewesen wäre.
Bei einem Multiplayer-Spiel passiert so viel auf dem Bildschirm. Welche Techniken wurden eingesetzt, damit das Spiel mit einer hohen Framerate laufen kann?
Chad: Das ist ein sehr komplexes Problem und wir unternehmen viel, aber konzentrieren wir uns mal auf den Rendering-Aspekt. Das PS5-System besitzt eine beeindruckende GPU-Architektur mit sehr vielen Recheneinheiten. Das nutzen wir aus, indem wir komplizierte Arbeiten, die traditionell von Vertex- und Pixel-Shadern ausgeführt werden würden, in diese spezialisierten Recheneinheiten auslagern. Zum Beispiel bei den visuellen Schadensmodellen. Hier übernehmen die Recheneinheiten die Vertex-Deformation und die vielen Schichten kosmetischer Schadenseffekte (Kratzer, Dellen, Löcher etc.). Das verringert die Belastung der GPU enorm und ermöglicht uns einen hohen Grad an Detailtreue bei der Schadensdarstellung, ohne in anderen Bereichen Modelldetails einsparen zu müssen.
War die Spieleranzahl von 16 sowie die vielen Fahrzeuge von Anfang an euer Ziel oder habt ihr euch erst dazu entschlossen, als ihr gesehen habt, was das PS5-System leisten kann?
John: Keiner wusste, was das PS5-System war. Wir wussten nur, was kommt. Also hatten wir bei XDev ein paar anfängliche Gespräche darüber, dass wir zur Veröffentlichung des Systems gern etwas in der Hand haben würden. Die Frage war: Wie gut würde das PS5-System die Zerstörung darstellen können? Das war unser Ausgangspunkt: Wie gut würde Schaden realisierbar sein? Und auch: Welches Team konnten wir nehmen? Lucid hat eine lange Tradition in Sachen Arcadespiele. Da wären die Kollegen vom ehemaligen Studio Liverpool, also von WipEout, F1. Das ehemalige Bizarre Creations, das wäre Project Gotham Metropolis. Wir reden hier von WRC, Motorstorm, Driveclub. Diese Leute kannten sich mit Autos aus. Und zu Beginn drehten sich die Gespräche ausschließlich um die Zerstörung von Autos. Und dann, ziemlich früh noch, fragte jemand: „Wie cool wäre es denn, wenn man aus dem Auto aussteigen könnte?“
Wir wollten nicht, dass die Fahrer bloß so aussehen wie wir. Wir wollten, dass sie Fähigkeiten besitzen. Und so haben wir angefangen, uns Parkourvideos anzusehen. Stunts in Actionfilmen. Wir wollten, dass sich der Spieler wirklich verletzlich fühlt, wenn er seinen Wagen verlässt, und gleichzeitig zuversichtlich, weil er die Fähigkeiten besitzt, coole Moves auszuführen und sich aus brenzligen Situationen herauszumanövrieren. Aus dieser Grundidee entwickelten sich Spezialfähigkeiten wie Flammen, Unsichtbarkeit und solche Dinge. Und daraus wiederum entstanden die Heldenfahrzeuge.
Colin: Unreal Engine 4 zu benutzen, war einfach toll. So konnten wir alles ziemlich schnell zum Laufen bringen. Schon sehr früh konnten wir Spiele für vier Spieler testen. Und so blieb es eine lange Zeit. Wir wussten, dass es mehr Charaktere geben würde, aber vier reichten, um z. B. die Mechaniken zu testen. In der Prototyp-Phase hatten wir eine Debug-Fähigkeit, mit der wir einen Wagen neben dem Spieler spawnen konnten. Dieser Shortcut wurde letztendlich zu einer Hauptfunktion im Gameplay – so ruft ihr nämlich die Heldenfahrzeuge herbei.
Eine coole Sache, zu der es in der Entwicklung kam, war die Zeitlupensequenz im Einzelspieler-Modus. Sehen zu können, wie die Wagen explodieren, kam indirekt dem ganzen Spiel zugute. Wir konnten die kleineren Details sehen und untersuchen: die 200, 300 Teile eines Fahrzeugs, seine Innenausstattung, den Charakter, wie er aus dem Wrack klettert. Dieses genaue Unter-die-Lupe-nehmen des Spielmodells spornte unser Fahrzeugteam dazu an, die Innenausstattung zu verbessern. Das Charakterteam überarbeitete die Animationen. Die Zeitlupe hat das Spiel wirklich verbessert, die Qualität angehoben und die Detailgenauigkeit gesteigert.
Der stylishe digitale Tarn-/Störimpuls-Look von Shyfts Heldenfahrzeug ist klasse. Wie wird das aus technischer Sicht erreicht?
Chad: Dank extrem talentierter VFX-Künstler! Aber im Ernst, es ist auf jeden Fall ein sehr cooler Effekt. Und es ist schwerer, als ihr es euch vielleicht vorstellen könnt, einen Effekt zu entwickeln, der etwas teilweise Unsichtbares rendert, das aber gleichzeitig das Aussehen dessen beibehält, was man zu verstecken versucht. Dieser besondere Effekt besteht aus vielen Ebenen und nutzt die Tiefeneigenschaften einer Szene sowie Farbpuffer, um das Objekt in der Welt zu verankern, und ein paar extrem coole animierte Shader-Effekte, um das Endergebnis zu erzielen. Die interaktive Ebene ist besonders cool und trägt viel zur Wirkung bei. Hier führen physische Zusammenstöße und Schaden durch die Fähigkeiten anderer AllStars dazu, dass der Tarneffekt kurzzeitig versagt und es zu einer nahtlosen Echtzeitvermischung der Grundmaterialien des Wagens und des Tarneffekts kommt. Die Übergänge zwischen komplexen Shader-Ebenen können enorm intensiv sein, aber die Grafikleistung des PS5-Systems ermöglicht solche Dinge, sodass sich unsere begnadeten Künstler nach Herzenslust austoben und wirklich atemberaubende Grafiken erschaffen können.
Alle Charaktere sind unglaublich gut animiert und super detailliert, sowohl in ihren Intros als auch beim Kampf in der Arena. Könnt ihr uns ein bisschen über ihre Entwicklung erzählen?
John: Es wird unseren Animation Director Christian freuen, das zu hören. Er war früher Animation Director bei Ubisoft und hat an Assassin‘s Creed mitgearbeitet. Ihr könnt also bestimmt erahnen, woher dieser Detailgrad und diese Art der Animation stammen.
Wir haben jede Menge Motion-Capture-Aufnahmen gemacht. Wir haben [das „Performance Capture“-Unternehmen] Audio Motion gebeten, ihr Arbeitsgerüst aufzubauen. Es wurde schon für Filme verwendet, aber noch nie für ein Videospiel. Dann haben wir Schauspieler von ganz oben herabspringen lassen, so als würden sie von einem Wolkenkratzer fallen. Jede Menge Stunts, um den Zusammenstoß von Autos und solche Sachen zu simulieren. Ich glaube nicht, dass die Leute das [– diesen Animationsgrad –] von dieser Art Spiel erwartet haben. Es ist Arcade-Action, aber auf einem Niveau, wie man es von Studios wie Naughty Dog und Santa Monica erwarten würde.
Ich finde, wir reizen alles, was das PS5-System zu bieten hat, bis zum Anschlag aus. Zumindest so weit, wie es uns zu diesem Zeitpunkt möglich ist. Denn, wie ihr ja wisst, entwickeln wir ständig Neues und lernen das System dabei immer besser kennen. Es ist aufregend, zu sehen, welchen Grad an Detailgenauigkeit wir jetzt schon erreicht haben. Aber zu wissen, was wir in den kommenden Jahren noch erreichen werden, ist überwältigend.
Destruction AllStars ist jetzt bis zum 5. April für PlayStation Plus-Abonnenten auf PS5 erhältlich. Ab dem 6. April kann sowohl die Standard als auch die Digital Deluxe Edition des Spiels käuflich im PlayStation Store erworben werden. Zudem gibt es das Spiel ab dem 7. April auch als physische Blu-ray-Disc-Version im Einzelhandel zu kaufen. Preise und Verfügbarkeit erfahrt ihr bei eurem Einzelhändler vor Ort.
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