Atlus neuer Goldstandard für JRPGs bietet coolen Artstyle und unglaublich viel Inhalt.
Es ist bedauerlich, dass außerhalb Japans nur so wenige Spieler wissen, welch fantastisch gute Serie Entwickler Atlus geschaffen und im Laufe der Jahre perfektioniert hat. Ursprünglich auf PSOne beheimatet (Revelations: Persona, 1996; später umbenannt in Shin Megami Tensei: Persona), sorgte die Reihe auf sämtlichen Sony-Systemen für Begeisterung unter Liebhabern von JRPGs. Der insgesamt sechste Hauptteil – es gab zwei Persona-2-Spiele – befasst sich mit einer korrupten Gesellschaft und all den sozialen Verbindlichkeiten und Erwartungen, die mit ihr einhergehen. Und selbstverständlich treiben einmal mehr Dämonen ihr Unwesen.
Hier sind einige gute Argumente, um mit dem PlayStation-exklusiven Persona 5 (PS4, PS3) am besten noch heute zu starten.
1. Unfassbar viel Spiel fürs Geld
Persona 5 ist ein wirklich sehr langes Spiel. Falls ihr euch ausgiebig damit befasst und es von vorne bis hinten durchspielt, kommt ihr in die Region von 120 Spielstunden. Wenn man den Wert eines Spiels allein an der Länge fest macht, wäre das japanische Rollenspiel bereits jetzt Anwärter auf das Spiel des Jahres. Natürlich kommt es nicht nur auf den Umfang an; aber den Vergleich mit anderen Triple-A-Titeln zu ziehen, die teilweise nur wenige Stunden dauern, ist durchaus legitim. Es ist jedenfalls unfassbar viel Spiel fürs Geld vorhanden.
Wenn ein Abenteuer so lang ist, gibt es schnell Bedenken. Wird es nicht monoton nach einer Weile? Glücklicherweise nahm Entwickler Atlus diese Herausforderung mit spielerischer Leichtigkeit und verpasste dem JRPG ein stimmiges Pacing. Wenn ihr gerade nicht damit beschäftigt seid, Verliese zu durchstreifen, seid ihr in der Schule oder erkundet die wunderschöne Tokio-Konzeption mit euren Freunden. All das ist sehr abwechslungsreich gestaltet, stets findet sich etwas Interessantes in der stylischen Welt.
2. Klassisches Gameplay garniert mit frischen Ideen
Die Rezeptur ist dabei erstaunlich einfach: Betretet einen Dungeon, durchstreift ihn nach Gegenständen und vermöbelt die bösen Geschöpfe, die ihr dort trefft. Doch diese Beschreibung würde dem Ausnahme-Rollenspiel keinen guten Dienst erweisen. Falls ihr bereits einige JRPGs gespielt habt, könnt ihr euch zwar in etwa vorstellen, was euch erwartet. Aber seid darauf gefasst, auf einige Überraschungen zu stoßen, mit denen sich der Titel klar von der Konkurrenz abhebt. So verfügen etwa die Dungeons über rasante Action-Passagen – und jene befinden sich außerhalb der Kämpfe. Ihr huscht von Deckung zu Deckung, um ungesehen an Feinden vorbeizukommen, oder springt geschickt durch die Levels, um Abkürzungen zu nehmen.
Die Kämpfe selbst bestehen aus altbewährter, durchdachter Rundentaktik. Ihr wählt einen Angriff oder eine Fähigkeit, visiert einen Gegner an – und los geht’s. Verschiedene Feinde verfügen über unterschiedliche Stärken und Schwächen. Und ihr tut gut daran, behutsam zu entscheiden, welcher Charakter am besten für bestimmte Typen an Widersachern geeignet ist. Ansonsten droht euch – öfters als die paar obligatorischen Male – der Game-Over-Screen. Ihr stoßt also durchaus auf fordernde Herausforderungen, wobei es niemals so gnadenlos zugeht wie in der berühmt-berüchtigten Souls-Reihe. Dennoch: Wer ohne Plan in die Fights geht, erlebt auch in Persona 5 sein blaues Wunder.
3. Interaktion und Kooperation
Die Serie war seit jeher dafür bekannt, Social Links einen besonderen Platz einzuräumen. Jene Beziehungspflege zwischen den Charaktere, die zudem eure Persona (Wesen aus einer anderen Dimension) stärken, gibt es auch im aktuellen Teil, sie läuft nur etwas anders ab als gewohnt. Denn diesmal seid ihr schließlich in geheimer Mission unterwegs und verfügt nicht über die Zeit und Muße, einfach so mit euren Freunden abzuhängen. Stattdessen geht es darum, gezielt mit euren Verbündeten Zeit zu verbringen, um das Vertrauen zu stärken. Wenn das aber bedeutet, zusammen einen Film anzusehen oder gemeinsam die Shopping Mall unsicher machen, dann werden auch jene Aktivitäten mit Elan durchgeführt. Denn nur ein uns freundlich gesonnenes Team ist ein effektives. Und das Bonding eröffnet euch mit der Zeit immer mehr Möglichkeiten: So erlangt ihr gewisse Special Items und Fähigkeiten, die oftmals eine große Hilfe darstellen, nur dadurch.
Confidantes heißt das neue System, das noch stärkere Auswirkungen in Aussicht stellt als die früheren Social Links. Neue Strategie-Optionen oder mehr Macht über Dämonen wirken sich direkt auf die Kämpfe aus, die ihr durch soziales Interagieren erlangt. Andere Confidantes lassen euch Schusswaffen modifizieren, Werkzeug basteln oder unterstützen beim Stat-Training.
Also, ruft am besten gleich Ann an und fragt sie, ob sie abends noch in die Stadt will; es zahlt sich aus. Und danach kommen die anderen Kollegen an die Reihe. Neben den messbaren Belohnungen erfahrt ihr viele Details über eure Mitstreiter, die tieferen Einblick in ihre Gefühlswelt und ihre Motive geben. So mögen für die Hauptgeschichte nicht unbedingt erforderlich sein, verleihen den beteiligten Personen aber noch mehr Charisma.
4. Ein bezaubernder Soundtrack
Müsste man die Musik von Persona mit einem Wort beschreiben: grandios! Es ist ein fantastischer Mix aus verschiedenen Stilen und Einflüssen, die der Gesamterfahrung außerordentlich zuträglich sind, ohne vom restlichen Geschehen abzulenken. Und den Soundtrack zu solch einem epischen Rollenspiel zu komponieren, ist eine ganz besondere Herausforderung. In diesem Fall ist dies aber souverän gelungen: In jeder Situation weiß das Spiel insbesondere mit akustischen Mitteln eure Emotionen zu tragen. Hierbei findet sich von fetzigen Pop-Rock-Songs bis hin zu rührenden Balladen eine große Bandbreite an Musik. Aber lasst euch am besten überraschen, während ihr immer tiefer ins Abenteuer eintaucht. Eins ist sicher: Diese Melodien werden euch noch lange begleiten, nachdem die Geschichte abgeschlossen ist.
5. Herausragendes Art Design
Stil und Präsentation können wesentlich zu Sieg oder Niederlage eines Spiels beitragen. Klar, es ist nicht alles Gold was glänzt; und auch viele andere Faktoren sind nötig, um ein bemerkenswert gutes Produkt zu liefern. Andererseits hat kein Titel etwas davon, wenn er so richtig mies aussieht, oder?
Wie die Musik, ist auch das Art Design von Persona sehr individuell. Oberflächlich betrachtet, könnte es bloß als eines von vielen Anime-JRPGs gehalten werden. Doch zahlreiche Elemente verleihen dem Titel eine ganz besondere Note. So sticht etwa schnell der exzessive Einsatz der Farbe Rot ins Auge, der das Abenteuer von Anfang bis Ende durchzieht. Im Gegensatz zum Vorgängerspiel Persona 4, das mit seinen fröhlich anmutenden Gelbtönen erstaunlich viel Wärme versprühte, atmet das in Blutrot getränkte Persona 5 eine düsterere Atmosphäre.
Umso tiefer ihr euch ins Abenteuer einlasst, desto mehr werdet ihr die Stilsicherheit zu schätzen wissen. Egal ob Umgebungen, Menüs, Monster oder die Charaktere selbst – in Sachen Style kommt kaum ein anderer Titel mit diesem Ausnahme-Rollenspiel mit. Und allein die wunderschöne Eröffnungssequenz spielt in einer eigenen Liga. Doch ein besonderer Hinweis gilt an dieser Stelle den namensgebenden Personas: Diese monsterartigen Kreaturen unterstützen euch nicht nur dabei, im Kampf gegen die feindliche Übermacht zu bestehen. Sie sind zudem Manifestationen der inneren Gefühle, Hoffnungen und Sehnsüchte des jeweiligen Charakters, der sie beschworen hat. Und obgleich jene wichtigen Helfer nur so vor Details strotzen, sind sie erstaunlich geradlinig designt. Kurzum: Persona 5 ist die Sorte von Spiel, für die die Anschaffung eines Art Books eigentlich obligatorisch ist.
6. Eine packende Geschichte
Persona-Games unterhalten nicht nur, sie fordern auch. Viele Wendungen, Rückblicke, die Auseinandersetzung mit teils schwierigen sowie berührenden Themen – es erwartet euch eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Alle relevanten Charaktere sind geschickt mit der Erzählung verwoben. In unzähligen anderen Spielen übernehmt ihr die Rolle von hohlen, austauschbaren Figuren, die in einer 08/15-Welt gegen die ultimative (langweilige) Bedrohung kämpfen. Und dann gibt es Persona 5 mit all seinen schrulligen, jedoch liebenswerten Figuren, die die vorherrschenden Gesellschaftsstrukturen nicht nur kritisieren, sondern auch gegen das Unrecht in die Schlacht ziehen. Themen wie moderne Sklaverei und Ausbeutung werden diskutiert, während die Heroen gegen eine dämonische Bedrohung ankämpft, die an Spannung kaum zu überbieten ist. Dabei setzt ihr eure Kräfte ein, um euch in die Herzen jener zu stehlen, die korrupt und voller Habgier sind. So lassen sich die Bösewichte mit der Zeit in bessere Personen verwandeln. Hier ist der griffige Marketing-Slogan des Rollenspiels Programm: Take your heart!
7. Einfluss auf kommende Teile
Entwickler Atlus liebt es, Spin-Offs zu erschaffen. Persona ist bereits eine Subreihe von Shin Megami Tensei, und es kommen mit Sicherheit noch weitere Games auf uns zu, die sich in irgendeiner Form auf Persona 5 beziehen. Immerhin gab es allein beim Vorgänger unter anderem ein Re-Release (Persona 4 Golden), ein Beat’em Up (Persona 4 Arena) und sogar ein Rhythmusspiel (Persona 4: Dancing All Night) – ganz zu schweigen von der Manga-Serie und zwei Anime-Umsetzungen. Konstanter Nachschub scheint also garantiert.
Alles was folgt, wird ebenfalls Kanon sein und das aktuelle Abenteuer auf unterschiedliche Art und Weise ergänzen. Als ob 100+ Stunden nichts Besonderes wären, die hier im Angebot sind! Schön auch, dass jedes Game der Reihe gut in sich abgeschlossen ist. Natürlich gibt es hier und da kleine Referenzen. Doch tatsächlich ist das Wissen um andere Werke absolut nicht nötig, um mit Persona 5 Spaß zu haben – ganz im Gegenteil.
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