Yu Mizokamis Horror-Spiel macht euch zum kleinen Mädchen und setzt euch in einer Welt voller Geister aus
Stellt euch vor, ihr seid ein kleines Mädchen. Ihr wohnt in einer ländlichen Gegend und verliert bei einem abendlichen Spaziergang euren geliebten Hund. Ihr lauft nachhause und eure größere Schwester verspricht euch, euer Hündchen zu suchen. Doch eure Schwester kehrt nicht zurück. Würdet ihr alleine losziehen und sie suchen? Klingt gruselig, aber in Yomawari: Night Alone, dem neuen Horror-Spiel von NIS America und Yu Mizokami, tut ihr genau das.
Inspiriert ist Yomawari (PS Vita) von Yu Mizokamis eigenem Nachhauseweg. Ihr Büro befindet sich nach eigenen Angaben “mitten im Nirgendwo” und wenn sie abends nachhause fuhr, flößte ihr die tiefe Dunkelheit oft Angst ein. Auf schauderhafte Geister traf Mizokami dabei nicht, doch genau diese Wesen sind es, die dem kleinen Mädchen in Yomawari zusetzen. Zur Wehr setzen könnt ihr euch gegen die Geister nicht – schließlich seid ihr nur ein kleines Mädchen, bewaffnet mit einem Rucksack und einer Taschenlampe. Beim direkten Kontakt mit den Geistern werdet ihr sterben. Ihr macht also genau das, was ein kleines Mädchen machen würde: Ihr versteckt euch.
Ist ein Busch oder ein Schild in der Nähe, könnt ihr schnell dahinterhuschen. Das Mädchen verschließt dann vor Angst ihre Augen und alles, was ihr über den schwarzen Bildschirm wahrnehmt, sind die Bewegungen der Geister in Form von roten Erscheinungen und den Herzschlag des Mädchens, der schneller wird, wenn sich der Geist nähert und langsamer, wenn er sich entfernt. Wenn ihr Herzschlag sich normalisiert und die roten Flecken verschwinden, traut ihr euch wieder hervor und sucht weiter nach Hinweisen auf euer Hündchen oder eure Schwester.
So durchstreift ihr langsam das kleine japanische Dörfchen und deckt nach und nach die Karte auf, die das Mädchen unterwegs per Hand zeichnet, damit sie auch wieder den Weg nachhause findet. Ihr findet den Spielplatz, einen Friedhof, eine verlassene Fabrik, die Schule und Schreine. Das Dorf ist wunderschön gezeichnet und nah an der japanischen Realität. Die kleinen Schreine (dienen gleichzeitig für Schnellreisen) und die Getränkeautomaten auf offener Straße dürften Japanreisenden bekannt vorkommen.
Einfach ist eure nächtliche Erkundungstour aber keinesfalls: In ständiger Angst vor den Geistern bewegt ihr euch oft nur langsam vorwärts. Es gibt nämlich unterschiedliche Typen von Geistern. Manche reagieren empfindlich auf eure Taschenlampe, andere wiederum schreckt ihr mit dem Licht regelrecht auf. Manche Geister bleiben passiv, andere verfolgen euch aggressiv. Neben dem Verstecken bleibt euch nur die Flucht, doch das Herzrasen des Mädchens nach einer Geisterbegegnung führt auch dazu, dass sie nicht mehr schnell und weit rennen kann. Ihr werdet ganz bestimmt mehr als einmal sterben.
Deshalb solltet ständig auf die Geräusche in eurer Umgebung achten – und natürlich auf den Herzschlag des Mädchens. Es gibt keine Hintergrundmusik in Yomawari und das ist die absolut richtige Designentscheidung, denn so wird die angespannte Atmosphäre wunderbar transportiert. Laut Mizokami waren die Entwickler nachts selbst auf den Straßen unterwegs, um die richtige Soundkulisse einzufangen. Das ist auf jeden Fall gut gelungen.
Gut gelungen ist auch das Paket, das NIS America pünktlich zu Halloween schnürte. Ihr findet Yomawari: Night Alone nämlich im Handel – nicht nur im PlayStation Store – und der Verkaufsversion liegt obendrein htoLNiQ: The Firefly Diary (PS Vita) bei. Das ist Yu Mizokamis letztes Spiel und auch in The Firefly Diary übernehmt ihr die Rolle eines kleinen Mädchens in einer dunklen Welt voller Gefahren.
Yomawari ist kein Horror-Spiel, wie ihr es euch vielleicht vorstellt. Das ist auch nicht überraschend, denn als Yu Mizokami Yomawari erschuf, dachte sie nach eigenen Angaben nicht im Traum daran, dass NIS America das Spiel lokalisieren würde. Aber wenn ihr Erkundungen und japanischen Horror mögt, bekommt ihr mit Yomawari auf jeden Fall ein atmosphärisches und spielenswertes Spiel mit viel japanischer Folklore. Noch ein persönlicher Tipp zum Abschluss. Spielt Yomawari: Night Alone abends im Dunkeln im Bett. Das ist nicht gut für die Augen, aber super für die Atmosphäre und mit PlayStation Vita bekanntlich problemlos machbar. Übrigens ist Yomawari: Night Alone auch mit PS Vita TV kompatibel und somit auch am großen Fernseher spielbar.
Zitate von Yu Mizokami kommen aus ihrem einzigen Interview zum Spiel, das ihr hier findet.
Über den Autor
Tony Barthelmann spielt seit mindestens 20 Jahren Videospiele. Vor vielen Jahren entdeckte er seine Liebe zu Videospielen aus dem Land der aufgehenden Sonne. Was Japan außer Final Fantasy, Metal Gear Solid und Dark Souls noch zu bieten hat, erfahrt ihr auf seiner Website www.jpgames.de!
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