Warum ihr das PS4-exklusive Adventure What Remains of Edith Finch auf dem Radar haben solltet

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Warum ihr das PS4-exklusive Adventure What Remains of Edith Finch auf dem Radar haben solltet

Creative Director Ian Dallas spricht über seinen faszinierenden Nachfolger von The Unfinished Swan


Fred Dutton, SCEE:

Wie ihr vielleicht gesehen habt, haben wir diese Woche einen neuen Trailer für What Remains of Edith FinchWhat Remains of Edith Finch veröffentlicht, ein neuer Adventure-Titel exklusiv für PS4. Das Spiel stammt vom selben Team, das euch das schillernde The Unfinished Swan auf PS3 geliefert hat.

Das Spiel dreht sich um die Titelfigur, die zu ihrem fernen, ländlichen Zuhause zurückkehrt, um die Geheimnisse um ihre Vorfahren zu ergründen. Im Prinzip handelt es sich um eine Sammlung von Kurzgeschichten, die alle von einem anderen Mitglied des Finch-Clans handeln und um eine eigene Gameplay-Mechanik herum angelegt sind.

Als großer Fan von The Unfinished Swan habe ich mit dem Creative Director des Spiels, Ian Dallas, gesprochen, um mit ihm etwas tiefer in seine Vision für das Spiel einzutauchen. Und wie erwartet habe ich genug erfahren, um in Edith Finch einen der spannendsten Kandidaten unter den PS4-Spielen für das Jahr 2016 zu erkennen.

Lest weiter, um Details zu erfahren, aber um es kurz zu machen: Ein Spiel, das es schafft, auf Edgar Allen Poe, Dark Souls, This American Life und Twin Peaks Bezug zu nehmen, und all das in einem schönen, sehr existenzialistischen Bogen verknüpft, hat es einfach verdient, dass man es im Auge behält, oder?

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„Ein Spiel, das es schafft, auf Edgar Allen Poe, Dark Souls, This American Life und Twin Peaks Bezug zu nehmen, hat es einfach verdient, dass man es im Auge behält, oder?”

Was hat Edith Finch von The Unfinished Swan geerbt, sowohl in Sachen Gameplay als auch hinsichtlich der Art der Erzählung?
Ian Dallas: Bei beiden Spielen geht es darum, das Unbekannte zu erkunden. In The Unfinished Swan war das Unbekannte konkreter – eine weiße Landschaft, die man mithilfe von Farbplatschern entdeckt – während es bei What Remains of Edith Finch mehr um das Geheimnis geht, warum alle anderen Familienmitglieder gestorben sind, und die düstere Art von Geschichten, bei denen man nie die volle Wahrheit kennt – sondern nur die Perspektive von einer Person.

In Sachen Spielmechanik versuchen beide Spiele gleichermaßen Abwechslung in die Handlungen der Spieler zu bringen, damit das Ganze interessant bleibt. Außerdem sollen die Spieler die Denkweise dieser Charaktere verinnerlichen. Als Spieler entdeckt ihr auf dieselbe Art neue Gameplay-Mechaniken, wie die Charaktere neue Welten erkunden.

Welche kulturellen Bezüge gibt es bei Edith Finch? Edgar Allen Poe? Roald Dahl? Brüder Grimm? Stanley Kubrick?
Ian Dallas: Das Kurzgeschichten-Genre, das als „Weird Fiction” bekannt ist, war für uns die größte Quelle der Inspiration. Das beinhaltet bekannte Größen wie Poe, Lovecraft, Borges und Neil Gaiman, zusammen mit neueren Favoriten wie Lord Dunsany, Jean Ray und Kelly Link.

Andere große Einflüsse beinhalten Hundert Jahre Einsamkeit, Unglaubliche Geschichten (The Twilight Zone), Twin Peaks, Ugetsu – Erzählungen unter dem Regenmond, und bei allem, was ich mache, steckt auch ganz sicher irgendwo ein bisschen Alice im Wunderland drin.

„Ich habe mich schon immer für Tod und Vergänglichkeit interessiert. Familien bilden einen guten Kontrast dazu – etwas, das nach uns weiterlebt.”

Edith erscheint sehr menschlich und verletzlich – sie ist unbewaffnet, sie hat keine besonderen Kräfte. Sie widersetzt sich traditionellen Videospiel-Archetypen, was natürlich erfrischend ist, doch wie verkauft man das dem Spieler und macht aus ihr eine Heldin, die er erleben will?
Ian Dallas: Edith soll für die Spieler in gewisser Weise ein Mysterium sein. Es geht nicht so sehr darum, dass die Leute mit ihr sympathisieren sollen, sondern darum, dass sie einfach wissen wollen, was in dieser Welt als Nächstes passiert.

Im Einklang mit unserem Fokus auf das Unbekannte bleibt bei Edith zu Beginn sehr viel im Unklaren. Wir wissen, dass sie zu diesem Haus zurückkehrt, aber wir wissen nicht, warum. Wie die Geschichten, die es im Spiel für jedes Familienmitglied gibt, ist Ediths eigene Geschichte eine bewusste Konstruktion und es gibt Dinge, auf die sie den Schwerpunkt setzt, und Dinge, die sie ausblendet.

Wir haben zwei ganz verschiedene Welten im Spiel, das Haus der Familie Finch, das Edith erkundet und die unwirklichere, stilisierte Welt der Geschichten, die jeweils den Charakter und den Gemütszustand des Familienmitglieds widerspiegeln, von dem die Geschichte handelt. Wir wollten, dass sich Edith verletzlich und vertraut anfühlt, um dem Spieler eine stabile Sichtweise auf dieses recht bizarre Universum zu ermöglichen.

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Aus thematischer Sicht scheint das Thema „Familie” ziemlich im Mittelpunkt des Spiels zu stehen. Wie sehr ist diese Geschichte für dich auch eine persönliche? Kommen darin auch irgendwo deine eigenen Erfahrungen vor?
Ian Dallas: Bei meiner Mutter wurde mitten im Entwicklungsprozess von The Unfinished Swan Eierstockkrebs im späten Stadium diagnostiziert und sie verstarb im ersten Jahr der Entwicklung von What Remains of Edith Finch, was ganz sicher dazu beigetragen hat, dass in diesen beiden Spielen die Familie eine große Rolle spielt.

Ich habe mich schon immer für Tod und Vergänglichkeit interessiert und ich glaube, Familien bilden einen guten Kontrast dazu – etwas, was wir erschaffen, das weiterlebt, nachdem wir nicht mehr da sind.

Die Geschichten im Spiel sind alle relativ kurze, in sich abgeschlossene Erlebnisse, weshalb wir mit einer Änderung des Fokus auf die Familie besser verstehen können, wie sich diese Ereignisse in einen größeren Kontext einbetten lassen, und die Themen erkunden können, die uns interessieren.

„Wir versuchen auf jeden Fall, den Kontrast einer beschränkten menschlichen Existenz abzubilden, die von einer großen, unberührten Wildnis umgeben ist.”

Und was das Haus selbst angeht …? Ist das ein vertrauter Ort für dich? Bist du in ähnlichen Verhältnissen aufgewachsen?
Ian Dallas: Das Haus der Familie Finch und die Geschichten im Spiel basieren auf Orcas Island im Staat Washington, ein Ort, den ich als Kind oft mit meiner Familie besucht habe. Und wir versuchen auf jeden Fall, den Kontrast einer beschränkten menschlichen Existenz abzubilden, die von einer großen, unberührten Wildnis umgeben ist, die man heute noch auf der Insel findet.

Das Haus der Familie Finch hat nichts mit dem Haus gemein, in dem ich aufgewachsen bin, und das ist auch gut so. Die Mitglieder der Familie Finch sind keine besonders stabilen Menschen und ihr Haus spiegelt das wider – es ist ein enormes Wirrwarr aus architektonischen Stilen und, wie die meisten Häuser in Spielen oder Filmen, wahnsinnig unpraktisch. Aber ich habe meine gesamte Kindheit mehr oder weniger im selben Haus verbracht und ich glaube, dass sich das in unserer Herangehensweise an das Finch-Haus widerspiegelt.

Es ist ein Ort, an dem man die Auswirkungen vieler Menschen fühlen kann, die über einen langen Zeitraum kleine Veränderungen vorgenommen haben und sich selbst und ihre Sorgen als Spuren in der Umgebung hinterlassen haben.

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Wie man hört, bist du ein großer Fan des Podcasts This American Life und dessen Herangehensweise an das thematische Kurzform-Erzählen hat deine Arbeit beeinflusst. Kannst du das etwas erläutern?
Ian Dallas: Ich liebe die Intimität des Hörfunks. In einer Sendung wie This American Life kann man die Geräuschkulisse von Menschen, die eine Meile unter der Erde einen U-Bahn-Tunnel graben, mit einem alten jamaikanischen Mann kombinieren, der erzählt, was diese Art von Arbeit mit den Gelenken macht, und als Zuhörer kann ich beide Dinge gleichzeitig im Kopf behalten.

Es ist eine sehr künstliche Welt, die komplett aus Geräuschen besteht, die sich aber seltsam real anfühlt. Ich denke, wenn man so viele der Dinge weglässt, auf die wir uns eigentlich konzentrieren würden, kann man den einzigartigen Charakter dessen, was übrig bleibt, leichter schätzen – zum Beispiel die Stimme der Person.

Bei The Unfinished Swan haben wir hauptsächlich Laiensprecher verwendet, weil sie natürlicher klingen, und ich glaube, es ist leichter, eine emotionale Bindung zu ihnen aufzubauen. Sie schauspielern nicht, sie sind einfach sie selbst. Und bei What Remains of Edith Finch haben wir es bis jetzt genauso gemacht.

Es ist sehr schwer, in Spielen etwas intim und menschlich erscheinen zu lassen, aber Laien-Synchronsprecher haben uns hier bis jetzt wirklich gut weitergeholfen und ich glaube, dass darin auch ein Teil der Atmosphäre einer Sendung wie This American Life widerhallt.

„Es ist sehr schwer, in Spielen etwas intim und menschlich erscheinen zu lassen, aber Laien-Synchronsprecher haben uns hier bis jetzt wirklich gut weitergeholfen.”

Es sticht zwar nicht ins Auge, aber das Spiel weist eindeutig ein Horror-Element auf. Wie schwierig ist es, jemandem Angst einzujagen, und wie wird der Erfolg darin während der Entwicklung gemessen?
Ian Dallas: Wir hatten niemals das Ziel, jemandem Angst einzujagen. Ich würde sagen, dass es mehr darum geht, ein Gefühl der Neugierde und des Unbehagens zu erzeugen. Was nicht bedeutet, dass das Spiel nicht vielen Leute Angst macht. Es läuft darauf hinaus, wie man selbst als Person mit dem Unbekannten umgeht. Und dieses Spiel bietet einem hoffentlich die Möglichkeit, dieses Gefühl zu erkunden.

Es ist schwer, so etwas in Spieltests zu bewerten. Es ist viel leichter, das Gegenteil zu messen – welche Dinge stören das Gefühl des Mysteriums oder die Empathie oder das Eintauchen in die Welt. Und bei jedem Spieltest finden wir sehr viele dieser Probleme und geben unser Bestes, um sie zu beheben.

Ich persönlich strebe immer einen Moment im Spiel an, an dem die Leute so überwältigt sind, dass sie unbewusst ein „Woah” von sich geben. Man erreicht das natürlich nicht immer, aber das ist das Ziel.

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„Ich strebe immer einen Moment im Spiel an, an dem die Leute so überwältigt sind, dass sie unbewusst ein „Woah” von sich geben.”

Man kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass Edith Finch und Unfinished Swan keine „typischen” Videospiele sind. Es gibt da draußen nicht viel Vergleichbares. Wie sieht es bei dir mit Videospielen aus? Spielst du viel?
Ian Dallas: Ich spiele nicht mehr so viele Spiele wie früher und ich denke, der Grund dafür ist eine Kombination aus fehlender Zeit, der Tatsache, dass sich die meisten Spiele inzwischen ziemlich bekannt anfühlen, und dem Gefühl, dass mir die meisten Spiele nicht so viel sagen.

Ich glaube, die meisten Spiele sollen entweder schwierig sein oder ein unterhaltsamer Zeitvertreib. Und viele Menschen suchen genau das – ich aber nicht. Ich mag Spiele, die mir etwas zeigen, was ich noch nie zuvor gesehen habe, und die einen Charakter, eine Umgebung oder ein Gefühl wirkungsvoll erkunden.

„Irgendwann sterben wir doch alle, oder? Alles, was wir uns wünschen können, ist ein interessantes Leben und ein befriedigender Ausgang.”

Das letzte Spiel, in das ich wirklich eingetaucht bin, war Dark Souls, ein Spiel, von dem ich nicht erwartet hatte, dass es mir Spaß machen würde. Ich finde, dass dieses Spiel auf fantastische Art ein Gefühl des Kampfes vermittelt. Ich finde es großartig, wie unergründlich die Welt ist, wie gewaltig und unverständlich sie sich anfühlt. Meiner Meinung nach ist Dark Souls so fesselnd, weil es sich so vereint anfühlt – dass all die verschiedenen Elemente, die Beleuchtung, die Ökonomie, die ausführlichen Angriffsanimationen, alle zu diesem Gefühl der Schwere und des Kampfes beitragen.

Ein weiteres Thema scheint das unbedeutende, vorübergehende Dasein der Menschheit im Gegensatz zur unendlichen Weite der Natur zu sein. Das klingt nach einem ziemlich schweren Thema für ein Stück interaktiver Unterhaltung! Kannst du uns ein Happy End versprechen?
Ian Dallas: Irgendwann sterben wir doch alle, oder? Alles, was wir uns wünschen können, ist ein interessantes Leben und ein befriedigender Ausgang. Und ich glaube, das dürfen die Spieler von Edith Finch und dem Rest der Familie erwarten. Es wird auf jeden Fall interessant werden.

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