Angespielt: Rainbow Moon PS Vita

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Angespielt: Rainbow Moon PS Vita

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Als Rainbow Moon vergangenes Jahr auf PlayStation 3 veröffentlicht wurde, ging eine regelrechte Schockwelle durch die Rollenspieler-Gemeinde. Der unscheinbare Titel spielte sich innerhalb weniger Tage in die Herzen unzähliger Fans auf dem gesamten Globus und etablierte sich in jener Region, in der man Videospiele allgemein als Hit bezeichnet, fernab von jedem Untergrund-Kult-Image, welches man einem solchem Spiel reflexmäßig vielleicht gerne anhängen würde.

Die deutschen Entwickler bei den SideQuest Studios hatten einen Nerv getroffen, der eigentlich schon lange totgeglaubt war. Gleichzeitig vernahmen sie aus der Community unzählige Rufe nach einer PS Vita-Umsetzung des Rollenspiels. Gesagt, getan: In dieser Woche erschien die mobile Variante von Rainbow Moon endlich im PlayStation Store. Für uns Grund genug, noch einmal ungezählte Stunden auf dem Rainbow Moon zu verschwinden und die dabei entstandenen Eindrücke hier für euch zusammenzufassen.

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Rollenspielpuristen

Die Genre-Bezeichnung “Rollenspiel” ist in etwa so präzise wie die Messung der Rundenzeiten von Formel 1-Autos in Minuten. Einige Spieler definieren “ihr” Rollenspiel über eine episch ausgebreitete Story, andere stellen die Grafik-Pracht in den Vordergrund. Wenn man aber an die Anfänge dieser Stilrichtung zurückgeht, stößt man auf zwei Grundelemente, die als Ausgangspunkt für jede weitere Entwicklung gedient haben: Entdecken und Entwickeln!

Fans der alten Schule, die sich nach wie vor auf diese beiden Aspekte beschränken wollen, kommen fast ein wenig puristisch daher. Sie sind Dungeon Crawler und wollen nicht mehr als viele Verliese, Höhlen und Schlösser, die es zu entdecken gilt, und einen Charakter, dessen Statuswerte man entwickeln kann. Im Zentrum von Rainbow Moon steht genau das. Sicherlich ist das Spiel in eine Story eingebettet und tatsächlich trifft man zahlreiche Charaktere mit denen sich immer wieder wirklich witzige Dialoge entwickeln, doch die Entwickler wollen gar nicht erst den Anschein erwecken, als wären diese Elemente mehr als ein Rahmen für das puristische Herz des Spiels.

Stattdessen wird man mit einem Charakter auf Level 1 in die Welt geworfen und hat im Grunde nur eine Mission: Entwickel dich weiter und entdecke den Rainbow Moon mit all seinen zahlreichen Ecken und Geheimnissen. Im Angesicht aufgeblähter Gameplay-Monster moderner Videospiele mag das wie ein sehr risikoreicher Ansatz wirken. Die verwöhnten Spieler von heute könnten schnell die Motivation verlieren, ihre Reise in der Spielwelt fortzusetzen. Doch die schlichte Botschaft nach maximal 30 Minuten Einspiel-Zeit lautet: Es funktioniert.

Komplex einfach, einfach komplex

Das liegt vor allen Dingen daran, dass die Entwickler die Kleinigkeiten richtig gemacht haben und zusätzlich alle Enden exzellent miteinander verknüpfen. Nach einer kurzen Intro-Sequenz werden wir von einem finsteren Gesellen durch ein Dimensions-Portal geschubst und landen auf einer Insel des Rainbow Moon. Zum Unglück der ortsansässigen Bewohner kommen wir nicht alleine, sondern haben zahlreiche Monster mitgebracht, die fortan die Spielwelt terrorisieren.

Schon gewusst?

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SideQuest Studios ist ein deutscher Entwickler mit Sitz in Mainz. CEO Marcus Pukropski hat schon das eine oder andere Mal hier am Blog für euch geschrieben und war unter anderem an der Entwicklung der “Anno”- und “Die Siedler”-Reihen beteiligt.

Trotz der widrigen Umstände erfreuen wir uns im ersten Moment an der visuellen Pracht. Die Spielwelt ist bunt und fröhlich, die Charaktere sind vergleichsweise groß, das schafft eine gute Verbindung zwischen Spiel und Spieler. Viel Zeit zum Staunen haben wir nicht, alsbald bekommen wir den ersten Auftrag, sollen bei einem Dorfbewohner vorstellig werden. Wenige Schritte danach treten wir bereits in unser erstes Gefecht ein. Von nun an werden wir in kurzen Tutorials Schritt für Schritt mit den zahlreichen Mechaniken rund um Kampf und Entwicklung im Spiel bekannt gemacht. Man wird wohl schon seine drei bis vier Stunden gespielt haben, bevor man alle wesentlichen Erklärungen einmal durchlaufen hat.

Das ist auch gut so, denn unter seiner einfach anmutenden Oberfläche hat der Titel ein komplexes Geflecht unterschiedlicher Gameplay-Ideen zu bieten. Der erste Kampf erscheint noch vergleichsweise simpel: Rundenbasierte Kämpfe, zunächst mal nur physische Angriffe, wir ahnen aber bereits, dass bald auch zusätzliche Zauber hinzukommen werden. Merkwürdig erscheint zunächst lediglich die Feld-Logik im Kampf: Die Schlacht-Bildschirme sind in quadratische Spielfelder unterteilt. Um einen Gegner attackieren zu können, müssen wir die richtige Distanz zu ihm einnehmen. Dazu müssen wir Teile unseres Zuges dazu aufwänden, uns über das Schlachtfeld zu bewegen.

Anfangs erscheint das noch überflüssig, doch schon bald kann unser Charakter, genauso wie seine Gegner, in einer Runde mehr als einen Zug unternehmen. Schnell erkennt man die strategischen Möglichkeiten. Ein gut durchdachter Wechsel von Angriffen und geschickten Bewegungen kann dazu führen, dass unsere Gegner uns nicht treffen können. Hat man dann den ersten Begleitcharakter in sein Team aufgenommen, der ganz andere Distanzen bei seinen Attacken benötigt, nimmt jeder Spielzug bald Schach-artige Dimensionen an. Was anfangs so putzig und einfach aussah, ist plötzlich ein motivierender, ständig neuer Brainteaser.

Da die Kämpfe eines der Kernelemente im Spiel sind, wurden sie für den Spieler so angenehm wie möglich gestaltet. Wir können jederzeit fliehen, Zufallsduelle können abgelehnt werden und selbst wenn man einmal stirbt, ist die Strafe verkraftbar. Es soll Spaß machen und nicht frustrieren. Und genau das tut es auch.

So erarbeiten wir uns Schritt für Schritt das komplexe Kampfsystem und merken dabei gar nicht, wie uns das Spiel immer heftiger mit dem Sammelfieber infiziert. Mit unseren Kämpfen steigen wir nicht nur im Level auf, sondern sammeln auch kleine Orbs, die wir bei einem Händler für die Aufrüstung unserer Statuswerte eintauschen können. Neue Techniken werden gekauft oder gefunden. Kleine Sammler-Sidequests motivieren dazu, sich immer wieder mit den gleichen Gegnern anzulegen und ehe man sich versieht ist man in diesem fatalen “Nur noch einen weiteren Kampf”-Modus, der die weit mehr als 50 Stunden Spielzeit auch mal gerne innerhalb von wenigen Tagen rumgehen lässt.

Von wegen Indie

Rainbow Moon trägt den Stempel eines Indie-Titels, doch schon nach kurzer Spielzeit stellt sich einem unweigerlich die Frage: Warum eigentlich? Klar gehört Publisher eastasiasoft nicht zu den ganz großen Big Three der Major-Spieleverleger, doch die unpolierten Ecken und Kanten eines Indie-Spiels sind hier einfach nicht vorhanden. Stattdessen haben die Entwickler fest auf ihre eigene Engine gebaut um das Spiel in butterweichen und stabilen 60 Bildern pro Sekunde ablaufen zu lassen.

Gleichzeitig sind die Spiel-Mechaniken fein ausbalanciert und intelligent miteinander verknüpft worden. Rein technisch hat man hier ein hochwertiges Produkt in der Hand, welches für die Umsetzung auf PS Vita noch einmal aufpoliert wurde. So hat man über 30 Verbesserungen gegenüber der PS3-Version vorgenommen (die natürlich auch für die ursprüngliche Version nachgereicht werden). Insbesondere das neue Cross-Save Feature, mit dem man seinen Spielstand auf PS3 speichern und auf PS Vita fortsetzen kann (oder natürlich andersherum), dürfte für Freude bei den Fans sorgen.

Das leicht zugängliche Spielprinzip eignet sich hervorragend dafür, auf einer kurzen Busfahrt mal eben ein paar weitere XP zu sammeln. Es ist genau die richtige Spielportion für unterwegs und bindet doch über Stunden an den Bildschirm. Die makellose Umsetzung auf PS Vita war eine hervorragende Idee und bereichert ein eh schon grandioses Spiel noch einmal zusätzlich.

Entwickler Plattform Release Wer sollte es spielen?
SideQuest Studios PS Vita
Auch für PS3 erhältlich
PS Vita: 04.12.2013
PS3: 04.07.2012
Kenner des Genres erwartet ein hochklassiger, modern aufpolierter Nostalgie-Trip. Jüngere Spieler finden einen perfekten Einstieg in die fast vergessene Welt der Dungeon Crawler.

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