Wie ihr euch bestimmt noch erinnern könnt, waren wir gegen Ende des letzten Monats in Berlin und haben uns mit den Entwicklern von The Last of us für PS3, Naughty Dog getroffen. Bei der Gelegenheit haben wir uns auch mit dem parasitären Pilz selbst beschäftigt.
Während des Events war ein Evolutions-Biologe anwesend, der uns in seiner Präsentation die biologischen Hintergründe des Spiels nähergebracht hat. Manche von euch werden wissen, dass dieser Pilz, der Cordyceps unilateralis genannt wird, real ist und in Urwäldern unseres Planeten sein Unwesen treibt. Dabei hat uns David Hughes ein paar beunruhigende Details verraten…
Hallo David, würdest du dich unseren Lesern kurz vorstellen?
David Hughes: Hi! Mein Name ist David Hughes und ich bin ein Assistenz-Professor der Entomologie und Biologie auf der Pennsylvania State University in Amerika.
Mit welchen Bereichen befasst du dich hauptsächlich?
David Hughes: Als Evolutions-Biologe erforsche ich das Verhalten von Tieren, genauer gesagt, wie sich Parasiten auf das Verhalten von Tieren auswirken. Die Hälfte allen Lebens auf dem Planeten ist parasitär, und manche Parasiten haben die Fähigkeit entwickelt, ihre Wirte zu kontrollieren.
Die Pilz-Infektion, die wir in The Last of Us sehen, basiert auf einem echten Parasiten. Kannst du uns etwas darüber erzählen?
David Hughes: Der Pilz nennt sich Cordyceps unilateralis und ist ein Parasit, der Ameisen befällt und ihr Verhalten kontrolliert. Wenn die Ameisen also in Kontakt mit dem Pilz kommen, werden sie infiziert und der Pilz wächst in ihrem Körper heran. Nach zirka 2 Wochen fängt der Pilz an die Ameise zu beeinflussen und lässt sie zum Sterben an spezielle Plätze gehen. In diesem Fall an die Unterseite von Blättern im Wald.
Der richtige Platz ist wichtig, denn der Pilz braucht eine ideale Lage, um zu wachsen und schließlich aus dem Hinterkopf der Ameise zu sprießen. Das passiert über einen Zeitraum von mehrere Stunden und Wochen. Wenn der Pilz ausgewachsen ist, sondert er Sporen ab, die auf den Waldboden fallen – und der Kreislauf beginnt von vorne.
Das ist etwas, das wir im Wald beobachten und weiter erforschen. Und dieser Pilz war auch Inspiration für die Infizierten in The Last of Us, in dem Menschen von diesem Pilz befallen werden und genauso wie die Ameisen unter dem Einfluss des Parasiten stehen.
Ist es denkbar, dass uns dieser Pilz auch in der Realität gefährlich werden könnte – zum Beispiel durch eine Mutation oder ähnliches?
David Hughes: Es muss nicht unbedingt eine Mutation sein – Leben verändert sich durchgehend. Wichtig ist das Zusammentreffen. Wenn wir viel Kontakt mit Tieren haben, können auch deren Krankheiten auf uns Menschen übertragen werden. Weil wir zum Beispiel viel Zeit mit Katzen, Hunden, Pferden oder Hühnern verbringen, bekommen wir auch deren Krankheiten.
Wenn wir viel im Urwald unterwegs sind und Insekten oder andere Tiere wie Schimpansen dort essen, können wir deren Infektionen und Krankheiten genauso bekommen. Wir gehen aber nicht in den Wald und jagen Ameisen, deshalb sind wir auch dieser Gefahr nicht ausgesetzt. Es passiert insgesamt aber sehr oft, dass Krankheiten von Tieren auf uns übertragen werden.
60% der Krankheiten, denen wir Menschen ausgesetzt sind, kommen von Tieren, die unserem näheren Umfeld leben. Das nennt man Anthropozoonosen. Wie zum Beispiel Influenza, Vogelgrippe, AIDS, die Pest damals – das sind alles Krankheiten, die ihren Ursprung bei Tieren haben, die entweder Nahe bei uns leben oder Teil unserer Nahrung sind.
In deiner Präsentation hast du einen Organismus erwähnt, der Toxoplasmose genannt wird und Menschen beeinflussen kann. Wie kann man sich das vorstellen?
David Hughes: Es kommt vor, dass auch der Mensch von Parasiten befallen wird. Toxoplasmose ist da ein sehr interessantes Beispiel. Normalerweise befällt er Ratten, die dann durch eine Änderung ihres Verhaltens keine Scheu mehr vor Katzen zeigen. Das interessante dabei ist, dass der Parasit darauf aus ist den Wirten zu wechseln – von der Ratte zur Katze – und um genau das zu erreichen, nimmt er den Ratten die Angst vor ihrem schlimmsten Feind, die dann natürlich eher gefressen werden als sonst.
Das ganze ist deshalb möglich, weil der Parasit die Neurochemie im Hirn seines Wirten beeinflussen kann. Er sitzt dort wie eine Zyste und kontrolliert den Dopaminausschuss.
Bei Menschen macht er genau das gleiche. Nicht, weil wir ein natürlicher Wirt für ihn sind, sondern einfach nur, weil er am falschen Ort ist und das gleiche tut wie sonst auch. Unsere Neurochemie wird also auch verändert und in weiterer Folge steigt die Chance, dass wir zum Beispiel in einen Autounfall verwickelt werden. Der Grund dafür ist, dass die Toxoplasmose unsere Reaktionsgeschwindigkeit und Konzentration schwächt.
Das wäre also auch ein Beispiel, wie Parasiten uns befallen und unser Verhalten kontrollieren bzw. verändern können. Teilweise sogar mit großen Konsequenzen.
Ist das etwas, von dem viele Menschen betroffen sind? Stellt es insgesamt eine Gefahr dar?
David Hughes: Es kann zwar nicht von Mensch zu Mensch übertragen werden, aber es ist definitiv etwas, dass viele Menschen betrifft. 40%, 50%, teilweise sogar bis zu 60% der Bevölkerung sind infiziert – je nach Land ist das unterschiedlich. In Frankreich und Brasilien sind die Infektionsraten zum Beispiel sehr hoch. Es ist also etwas, dass uns definitiv betrifft. Außerdem glaubt man, dass es in vielen Fällen einen Zusammenhang zwischen Toxoplasmose und Schizophrenie gibt.
Danke für das Interview, von nun an werden wir wohl unter andauernder Angst vor Pilzen leben müssen.
David Hughes: Gut, gern geschehen. (lacht)
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