Wie viele von euch sicher schon wissen, haben wir letzte Woche die Werkstatttüren für Gran Turismo 6 geöffnet – den aufregenden nächsten Teil der legendären Rennspielserie aus dem Hause Polyphony Digital, der noch dieses Jahr für PlayStation 3 erhältlich sein wird.
Während die versammelten Medienvertreter anlässlich unseres Silverstone-Events einen ersten Blick auf das Spiel werfen konnten, hat sich PlayStation Blog mit dem Macher des Spiels, Kazunori Yamauchi, CEO von Polyphony, und Jim Ryan, CEO von Sony Computer Entertainment Europe, zusammengesetzt, um über die beeindruckende 15-jährige Geschichte von GT zu sprechen und einen Blick in die aufregende Zukunft eines Spiels zu werfen, das die Grenzen des Genres neu definiert.
PlayStation.Blog: Wie sah deine erste Begegnung mit der „Gran Turismo”-Serie aus?
Jim Ryan: Ich war eigentlich ein großer Fan von Motor Toon Grand Prix. Ich war gerade in Tokyo – keine Ahnung, wie das Entwicklungsstudio damals hieß – und jemand sagte zu mir: „Du musst dir Kazunoris neues Spiel ansehen.” Ich hatte mich an ein sehr lustiges Rennspiel mit Cartoon-Charakter gewöhnt, holte mir diese frühe Version von GT und dachte mir: „Ah, das könnte sehr gut werden und technisch beeindrucken und die Grafik ist auch nett, aber ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist. Motor Toon GP war einfach so ein tolles Spiel!”
Natürlich lag ich falsch und Kazunori hatte zu 100 Prozent Recht! Wenn er mit Motor Toon GP weitergemacht hätte, würden wir jetzt wohl nicht hier sitzen und 70 Millionen weltweit verkaufte Einheiten von Gran Turismo feiern …
Wann kam deiner Meinung nach der entscheidende Wendepunkt für die Serie?
Jim Ryan: Ich erinnere mich daran, wie wir das PlayStation 2-System auf den Markt gebracht haben. Das ist jetzt 13 Jahre her, es wurden 170 Millionen Geräte hergestellt und wir feiern die größte Erfolgsgeschichte einer TV-basierten Spielekonsole. Der Anfang des Produktlebenszyklus gestaltete sich in Europa allerdings sehr schwierig. Die Preispunkte waren hoch und das System verkaufte sich nur schleppend. Und dann kam GT3. Es wurde in dieser hübschen roten Verpackung geliefert und wir verkauften viele Hardware-Bundles. Die Verkaufszahlen für PS2 schossen in die Höhe und es nahm kein Ende. GT3 hatte einen extrem großen Einfluss auf das PS2-System. Für mich war das der schönste Augenblick.
Was ist deiner Meinung nach der Grund dafür, dass sich GT weiterentwickelt hat, während andere Rennspielserien wieder von der Bildfläche verschwunden sind?
Jim Ryan: Die Qualität des Fahrerlebnisses ist unserer Meinung nach viel höher als auf Konkurrenz-Plattformen. Ob nun das Fahrerlebnis oder die originalgetreue Nachbildung der Strecken – wir finden, dass es auf dem Markt nichts Vergleichbares gibt.
Es gibt keinen Ersatz für höchste Qualität und obsessive Detailtreue. Wenn man sich daran hält, hat man eine weitaus größere Chance auf Erfolg. Zu den großartigen Eigenschaften von Yamauchi-san gehört, dass er sich nicht davon abbringen lässt, Perfektion zu schaffen.
Kazunori, du arbeitest jetzt seit fast 20 Jahren an Gran Turismo. Fällt es dir schwer, bei der Sache zu bleiben und mit der Energie weiterzumachen, die du damals in das Original investiert hast?
Kazunori Yamauchi: Unsere wichtigste Aufgabe besteht darin, das zu verbessern, was vor uns liegt. Es muss viel harte Arbeit investiert werden, aber genau das ist es, was wir gerne tun. Dabei kann man viel Spaß haben. Ich denke, dass, wenn wir weiterhin so hart arbeiten, am Ende etwas Großartiges entsteht. Vielleicht ist mein Gedankengang zu einfach gestrickt, aber das ist die Grundidee dahinter.
Was würde der junge Kazunori Yamauchi, der das erste Gran Turismo gemacht hat, denken, wenn du ihm GT6 zeigen würdest?
Kazunori Yamauchi: Ich glaube, er würde denken, dass sein Traum wahr geworden ist. Er wäre der Meinung, dass es sich hier um die Art von Game handelt, die er spielen und entwickeln möchte.
Die Verbesserung dessen, was wir bisher geschafft haben, wurde über Jahre hinweg weitergeführt. Das ist nicht etwas, das die ganze Zeit über gelingt, auch wenn man es versucht. Wir hatten sehr viel Glück: Daran konnten wir die letzten 15 Jahre arbeiten – und das auch noch mit demselben Team. Wenn man sich die Spielebranche ansieht, gibt es nicht viele Hersteller, bei denen über Jahre dasselbe Team am selben Titel arbeitet.
Warum feiert Gran Turismo 6 sein Debüt auf dem PS3- und nicht auf dem PS4-System?
Jim Ryan: GT1 und GT2 wurden für PSone, GT3 und GT4 für PS2 entwickelt. Dann gibt es da noch GT5 für PS3 und dann eine Lücke. Der Unterschied zwischen Gran Turismo und GT2 ist unglaublich groß, sie werden aber beide auf derselben Plattform gespielt. Die Unterschiede zwischen GT3 und GT4 sind ebenfalls riesig. Wir sind uns ganz sicher, dass ihr, wenn GT6 auf den Markt kommt, die beeindruckende Entwicklung seit GT5 sehen werdet. Im PS3-System schlummert noch sehr viel Potenzial, das ein Entwickler wie Polyphony ausnutzen kann.
Ein weiterer Faktor ist, dass Spiele für PS3 bereits auf 70 Millionen Geräten gespielt werden können. Für PS4-Spiele liegt diese Zahl aber noch bei Null. Es wird zahlreiche Games geben, die den PS4-Start unterstützen – darunter das Rennspiel Driveclub von den Evolution Studios, einem Studio mit einer beeindruckenden Titelliste.
Was die Grafiktreue betrifft, haben wir einen Punkt erreicht, an dem es schwierig ist, von einem Serientitel zum nächsten große Unterschiede zu erkennen. Wie schwer ist es, die Spieler mit einem Titel wie GT6 zu überraschen?
Kazunori Yamauchi: Das ist eine gute Frage. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem die Hardware sehr weit entwickelt ist und man kaum sieht, was es grafisch gesehen Neues gibt. Profis erkennen so etwas, aber dem Durchschnitts-Spieler fällt wahrscheinlich nichts auf. Zu GT kann ich sagen, dass wir neue Technologie lieben und immer versuchen, sie weiterzuentwickeln und einzusetzen, egal ob es nun um die Verbesserung der PS3-Version oder um die Arbeit an einem PS4-Titel geht. Der zentrale Aspekt von GT6 ist die Verschmelzung von „real” und „virtuell” – etwas Neues und Interessantes entsteht aus der
Verbindung zweier völlig unterschiedlicher Branchen. Je mehr man daran arbeitet, desto interessanter wird es.
Dabei geht es nicht wirklich um das Verwischen der Grenze zwischen realer und virtueller Welt. Interessant wird es, wenn das „Reale” beginnt, das „Virtuelle” zu beeinflussen und umgekehrt. Bei GT versuchen wir, am Effekt zu arbeiten, den diese beiden Welten aufeinander haben und genau das ist es, was GT so interessant macht.
GT Academy ist ein Beispiel dafür. Dabei geht es nicht wirklich nur um die Ausbildung von Rennfahrern. Dort wird auf bestimmte Weise neu definiert, was ein Rennfahrer ist. Es werden neue Wege eingeschlagen und das System und die Funktionsweise der Rennsportwelt werden neu erfunden.
Etwa die Hälfte der Gesamteinnahmen von Gran Turismo kommen aus Europa. Warum ist das Spiel Ihrer Meinung nach hier so beliebt?
Jim Ryan: Ich glaube, die Antwort darauf finden wir in der Beschaffenheit der Märkte. Der amerikanische Markt ist eher ein Core-Gamer-Markt, wo Shooter und Action-Adventures wie GTA bevorzugt werden, während die Spieler auf dem europäischen Markt dazu tendieren, zu jüngeren und ungezwungeneren Titeln zu greifen. Diese Demografie ist wie geschaffen für ein Spiel wie GT, das sich an beide Geschlechter und alle Altersstufen wendet.
Eine Frage noch, Jim, für welchen Motor entscheiden Sie sich, wenn Sie GT starten?
Jim Ryan: Das überlasse ich dem Zufall! Ehrlich gesagt ist der Motorsport keine große Leidenschaft von mir. Das Spiel gefällt mir, aber der echte Motorsport … Geschwindigkeit ist nicht mein Ding. Ich fahre langsam und nicht gerade oft.
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