Erinnert ihr euch noch? Es ist schon ein paar Wochen her, da hatte ich euch ein ausgedehntes Interview mit dem Demo-Szene Musiker Romeo Knight präsentiert (Teil 1 und Teil 2).
Heute habe ich jetzt eine weitere richtige Legende aus dieser Szene: Der Niederländer Jeroen Tel. Viel Spaß beim Interview!
Hi Jeroen. Wie gehts dir? Kannst du dich zu Beginn mal den Usern unseres schönen Blogs vorstellen? Wer bist du, was machst du, welche Farbe hat dein Lieblingspullover?
Hi, mir geht’s gut. Ich bin einer dieser Pioniere der Videospielmusik aus den 80er Jahren. Zu dieser Zeit war ich noch sehr jung (14, 15, 16 Jahre alt) und habe Unmengen an Musikstücken für Spiele auf dem Commodore 64 (Bis heute der bestverkaufte Homecomputer aller Zeiten) geschrieben.
Heute komponiere ich immer noch Musik für Games, jetzt aber eher für Handyspiele oder Direct 2 TV Games, dafür braucht man besonders technische Fähgkeiten. Zudem komponiere ich auch Musik für kurze Animationsfilme oder Fernseh- und Radiowerbung; manchmal schreibe ich sogar das Sound-Design für die Feature Websiten zu großen Hollywoodfilmem (z.B. Mr&Mrs. Smith, The Matrix, X-Men III) .
In meiner Freizeit arbeite ich gerade an meinem ersten Independent-Album (Das mache ich eigentlich schon seit ein paar Jahren, aber ich hab zu viel zu tun).
Mein Lieblingspullover ist schwarz, aber er ist nur deswegen mein Lieblingspullover weil er so verdammt bequem ist, das hat nichts mit der Farbe zu tun.
Von Romeo Knight haben wir inzwischen einiges über die Demoszene erfahren. Was ist deine Verbindung dazu? Wie bist du da reingerutscht?
Im Alter von zwölf Jahren habe ich mit dem Komponieren für den Commodore 64 angefangen (in einer sehr einfachen Programmiersprache namens BASIC). Damals hab ich dann ein paar Leute getroffen die selber einfache Demos programmiert haben und mich fragten, ob sie meine Musik für ihre Demos benutzen könnten.
Mit 14 habe ich dann erfahrene Programmierer kennengelernt die mit mir zusammengearbeitet haben. Einer von ihnen war Charles Deenen, ein Virtuose im Umgang mit dem Maschinencode des Commodore 64, zusammen haben wir dann den „Music Driver“ ins Leben gerufen. Er hatte zwar schon ein solches Programm geschrieben, aber mit meinem Music-Chip (The SID chip) konnten wir den besten „Music Driver“ dieser Zeit entwickeln (etwa um 1987).
Wir sind dann natürlich auch zu den Demo-Parties gegangen, wo man viele Leute getroffen hat, die sich durch ihre Fähigkeiten etablieren wollten. Mit unserem neuen Music Driver und meiner Musik haben wir für Erstaunen gesorgt und viel Lob geerntet. Meine Hauptaufgabe war es damals, Musik für die Demos zu schreiben (besonders für die Gruppe „Scoop Design“). Charles Deenen gehörte auch zu ihnen.
Heutzutage würden die meisten Leute ein Computerprogramm mit grafischem Output sehen, dazu etwas Musik und die Sache wäre klar: Ein Videospiel! Tatsächlich sind Demo und Videospiel aber völlig unterschiedliche Dinge. Worum geht es in einer Demo?
Eine Demo ist nicht mehr (und sicherlich auch nicht weniger) als ein Kunstobjekt im Computer. Das Coding, die Grafik und die Musik bilden ein Gesamtwerk. Es ist einfach etwas, was man sich gerne ansieht, genauso wie einen Film.
Ich habe gelesen, dass du ein Gründer von Maniacs of Noise und Mitglied bei Focus bist. Was sind das für Gruppen?
Maniacs of Noise (MoN) ist eine Firma die Charles Deenen und ich gegründet haben um Musik und Soundeffekte für Videospiele zu komponieren und designen. Maniacs of Noise ist immer noch meine Firma und auch immer noch Teil der Demoszene.
Focus ist eine reine Demo-Gruppe. Eine Reihe von Typen die Demos erschaffen damit die Welt sich daran erfreuen kann. Die meisten Mitglieder in der Gruppe sind extrem talentiert und widmen sich mit vollem Einsatz der Sache. Wir erschaffen (sogar jetzt) immer noch Demos für einen, “wie man sagt”, überholten Computer, nur um zu zeigen, wie sehr wir uns der Sache verschrieben haben. In erster Linie haben wir aber einfach sehr viel Spaß beim Erschaffen dieser Demos.
Kannst du uns deinen Stil beschreiben? Was sind deine wichtigsten Einflüsse?
Ich hab keinen besonderen Style, weil ich über die Jahre fast alles Styles durchkomponieren musste, von Electronic, über Jazz, Funk zu Klassik und was es nicht alles noch gibt. Am ehesten wurde ich aber wohl von der 80er Jahre Popmusik beeinflusst, aber auch von Elektromusik von Jean Michelle Jarre und sicherlich auch von Rob Hubbard (ein alter, aber legendärer Musikkomonist für den Commodore 64).
Meine frühesten Einflüsse kamen aus meiner Familie (Ich komme aus einer musikalischen Familie). Ich war gerade erst geboren, da hörte ich schon den Chor meines Vaters alle möglichen Stilrichtungen singen, Klassisches, Mittelalterliches, Altenglisches, Keltisches und Kammermusik.
Mein Vater und meine Mutter hörten sehr unterschiedliche Musik über ihre Stereosysteme. Beatles, Leonard Cohen, John Denver aber auch Mozart, Beethoven, Vivaldi, etc. Es ist sehr schwer einen “Haupteinfluss” zu definieren wenn ich danach gefragt werde.
Es ist eine Mischung von Songs die ich mochte (und mag) und der Dinge, die ich meiner Analyse nach an ihnen mochte UND von Songs die ich nicht mochte (und immer noch nicht mag) und der Dinge, dich ich meiner Analyse nach nicht an ihnen mochte.
Grundsätzlich habe ich von einer großen Menge an Musikern und Bands ein paar Songs genommen, die guten Sachen herausgepickt und die Schlechten herausgeschmissen.
Wenn ich meinen eigenen Style beschreiben müsste, wäre es wohl funky, melodische und harmonische, tanzbare Musik, insbesondere aber Musik die ihr immer und immer wieder hören wollt ohne das sie langweilig wird. Sorry für die lange Antwort, aber manchmal benötigt eine kurze Frage eine lange Erklärung. 🙂
(Fortsetzung folgt am Mittwoch…)
Kommentare sind geschlossen.