Was mag sich unter der Oberfläche dieses hypnotisch-minimalistischen Abenteuers verbergen?
Es ist dunkel. Es ist einsam. Du gehörst nicht in diese Welt. Nicht, dass es eine feindselige Welt wäre … Es ist nur … Sie ist irgendwie fremd. Während du ihre Geheimnisse lüftest, wird sie dir vertrauter. So fühlt es sich zumindest an, doch du weißt auch: Du hast nur an der Oberfläche gekratzt. Je mehr du entdeckst, desto klarer wird dir, dass da noch unglaublich viel auf dich wartet. Geheimnisse führen zu weiteren Geheimnissen. Es fühlt sich an, als würdest du immer weiter in ein hochauflösendes Foto hineinzoomen. Und wenn sich dein Blick fokussiert, verrät die Welt ihre Geheimnisse.
Wenn ich Animal Well beschreiben soll, fange ich eigentlich immer mit der Stimmung an, die ich zu erzeugen versuche. Das Spiel versprüht eine Survival-Horror-Atmosphäre, ist aber nicht wirklich gruselig. Es gibt Rätsel und Platformer-Elemente, aber es ist kein reiner Rätsel-Platformer. Die Grafik sieht nach Pixel-Art aus, nutzt aber Beleuchtungs- und andere visuelle Effekte, die der Hardware der PlayStation 5 einiges abverlangen. Man könnte das Spiel auch als Metroidvania-Vertreter beschreiben, obwohl es eigentlich keine Elemente dieser beiden Spiele aufweist. All diese Vergleiche werden dem Spiel einfach nicht gerecht. Ultraschwere Platformer-Herausforderungen sucht man vergeblich, genau wie heftige Kämpfe oder Jump-Scares. Dafür bietet es jede Menge situationsgebundene knifflige Aufgaben in einer unheimlichen und dabei doch seltsam verlockenden Welt.
Was die Spielmechanik betrifft, ist Animal Well recht einfach gestrickt. Man kann sich in der Welt nach links und rechts bewegen und springen. Zudem findet man im Laufe des Spiels eine Handvoll Gegenstände und kann sie einsetzen – ein Jo-Jo oder eine Wurfscheibe etwa. Das ist das Fundament des Spiels.
Im Laufe meines Lebens habe ich es stets als äußerst befriedigend empfunden, wenn ich mich mit einem Raum vertraut machen und ihn in meinem Kopf kartieren konnte. Ich habe als Kind so viel Zeit im Haus meiner Eltern verbracht, dass sich jeder Schrank, jede Schublade und jedes Regal in mein Gedächtnis eingebrannt hat. Doch eines Tages, nach Jahren, fand ich eine neue Schublade, die irgendwie unter unserer Küchenarbeitsplatte versteckt war. Sie war zwar leer, aber ich fand das aufregend. Ich kann mir kaum vorstellen, wie groß diese Aufregung gewesen wäre, wenn ich etwas so Spannendes wie einen Geheimraum gefunden hätte.
Solch ein Gefühl möchte Animal Well einfangen und hundertfach verstärken. Man erkundet ein surreales, in sich verbundenes Labyrinth, das enorm viele Geheimnisse birgt. Die Spielwelt ist dabei längst nicht so groß wie in manch anderem Spiel, soll dafür aber viel dichter wirken. Selbst einen bereits bekannten Bereich erneut aufzusuchen kann sehr spannend sein, da sich zum Bekannten gern auch Neues gesellt. Möglicherweise verfügt man über eine neue Fähigkeit oder neue Erkenntnisse, die einem dabei helfen, etwas zu entdecken. Indem es die Kamera fixiert, bis man einen Raum verlässt, regt einen das Spiel dazu an, jeden Abschnitt gründlich zu untersuchen und zu überlegen, wo etwas versteckt sein könnte. Manchmal wartet die nächste Überraschung direkt vor der eigenen Nase.
Diesen Entdeckergeist heraufzubeschwören ist heutzutage viel schwerer als vor dem Siegeszug des Internets. Damals konnten ihn die Entwickler einfach voraussetzen. Eine Strategie besteht darin, Geheimnisse zu erschaffen, die schwerer zu finden und aufzulösen sind. Dadurch dauert es länger, bis alles aufgedeckt und ausführlich online dokumentiert wird. Allerdings würden solche Elemente den meisten Spielern, die sich ohne Hilfsmittel auf das Geschehen einlassen, wohl entgehen. Wenn man Teile des Spiels zugänglich gestaltet und die Leute mit der Nase auf die Lösungen stößt, haben vielleicht mehr von ihnen Spaß daran. Dabei bleiben die Stärken des Geheimnisvollen und der erwähnte Entdeckergeist allerdings auf der Strecke. Das irgendwie auszutarieren, ist keine leichte Aufgabe für einen Spieldesigner.
Animal Well möchte da einen goldenen Mittelweg finden. Ich versuche, dem Spiel bewusst mehrere Ebenen zu verleihen. Die erste Ebene ist das Grundspiel mit allem, was nötig ist, um das Ende zu erreichen. Das allein wird schon eine sehr lohnende Erfahrung sein. Schätzungsweise werden die meisten Spieler 10–15 Stunden benötigen, um das Spiel ohne zusätzliche Hilfe zu absolvieren. Die zweite Ebene sind optionale Gegenstände und Bereiche – also etwas für die Spieler, die ein Spiel gern zu 100 % abschließen. Erwartungsgemäß muss man für diese zweite Ebene gelegentlich eine Online-Suche einschieben, um den ein oder anderen Hinweis zu finden. Über diesen Punkt gehen die meisten anderen Spiele nicht hinaus. Auf der dritten Ebene erwarten einen dann weitaus obskurere Rätsel, die die meisten Spieler gar nicht entdecken werden. Ich schätze, man wird sich im Internet zusammenraufen müssen, um die Lösungen dafür zu finden – wenn überhaupt! Auf der vierten Ebene gibt es dann Rätsel, deren Lösung nur ich kenne. Damit werfe ich den Fehdehandschuh und fordere das Internet heraus, all das aufzudecken. Ich werde es auf jeden Fall offiziell verkünden, wenn ich geschlagen bin.
Viele Details darüber, was es in Animal Well tatsächlich zu tun gibt, halte ich hier bewusst vage. Im Laufe des Jahres bleibt aber noch genug Zeit, da in die Tiefe zu gehen. Ich freue mich schon riesig darauf, dass das Spiel für PS5 erscheint und alle darin eintauchen und es in seiner ganzen Tiefe erkunden können!
Kommentare sind geschlossen.