Der Co-Creator der Mortal-Kombat-Serie erzählt von den Ursprüngen und der Zukunft des legendären Kampfspiels.
Ed Boon hat in der Gamingwelt quasi königliches Blut. Er arbeitet schon seit den späten 80ern als Designer an Spielen, wobei es sich am Anfang um Flipper- und schnelle Spielhallenspiele handelte. Aber dann erschufen er und drei Kollegen Mortal Kombat – und der Rest ist Geschichte.
Die legendäre Kampfserie wird morgen ganze 30 Jahre alt – berechnet ab der Veröffentlichung der ersten ursprünglichen Mortal-Kombat-Spielhallenautomaten am 8. Oktober 1992. Und Bloon hat seither in jedem der 30 Jahre an Mortal Kombat gearbeitet – eine sehr ungewöhnliche Geschichte in der Welt des Gamedesigns.
Zur Feier des Tages habe ich mich mit dem freundlichen Schöpfer, der jetzt Chief Creative Officer für Mortal Kombat & NetherRealm Studios ist, getroffen und über seine tiefen Wurzeln in der Serie gesprochen, seine Karriere in der Entwicklung von MK beleuchtet und versucht zu erahnen, wie es von hier an weitergeht.
PlayStation.Blog: Wo ist Mortal Kombat 2022?
Ed Boon: Naja, es feiert 30jährigen Geburtstag – 30 Jahre in der Öffentlichkeit. Natürlich haben wir das letzte noch nicht gemacht. Ich denke, das ist das Beste, was ich sagen kann, ohne zu viel zu verraten.
Für mich ist die größte Überraschung, dass Spieler mitgekommen und so lange bei uns geblieben sind. Und die Tatsache, dass sie bei uns geblieben sind, gibt uns natürlich für jede neue Iteration des Spiels Kraft.
PSB: Jetzt zu diesem 30. Geburtstag von Mortal Kombat: ist das für dich auch ein Anlass, dein Leben und seine Verbindung zur Serie zu reflektieren?
EB: Nicht so wirklich mein ganzes Leben, aber definitiv meine Karriere in der Gamingbranche. Mortal Kombat ist mittlerweile für mich wie verschiedene Stufen meiner Ausbildung: die Spielhallenspiele waren die Grundschule und die 3D-Spiele dann die weiterführende Schule oder Oberstufe.
Und jetzt mit den aktuellsten Spielen – Mortal Kombat 9, MKX und MK11 – fühle ich mich wie in meiner Ausbildung oder an der Uni. Ich glaube, meine Karriere ist in verschiedene Kapitel aufgeteilt, weil sie so lang war. Und wir haben diese Spiele recht konsistent gemacht über 30 Jahre hinweg, oder? Wir haben nicht zwischendurch 10 Jahre Pause gemacht, um dann zurückzukommen.
PSB: Gibt es andere Jubiläen, die du feierst – abgesehen vom ersten Tag des Originals in den Spielhallen?
EB: Den Tag feiere ich auf jeden Fall. Aber es gibt auch noch andere Jubiläen. Zum Beispiel haben wir 1991 angefangen, an dem Spiel zu arbeiten, als es noch ein Van-Damme-Spiel war und so.
Und dann wird nächstes Jahr der 30. Geburtstag von Mortal Monday kommen, die Marketingkampagne, die Acclaim damals schuf. Sie haben echt gute Arbeit geleistet und Mortal Kombat auf ein ganz neues Level an Bekanntheit gebracht. Und dann sind es 20 Jahre seit Mortal Kombat: Deadly Alliance, oder? Ich glaube, für die nächsten paar Jahre kommen immer ein paar runde Geburtstage von der ein oder anderen Version von Mortal Kombat auf uns zu.
PSB: Wenn du in der Zeit zurückreisen und dir selbst einen Tipp geben könntest, während du noch am Original gearbeitet hast, was wäre das?
EB: Arbeite nicht so viel? In deinen 20ern hast du fast unbeschränkte Energie. Aber deswegen hätte ich damals vermutlich auch nicht auf meinen Ratschlag gehört. Wir waren so ambitioniert. Wir waren so motiviert, etwas Besonderes zu machen. Und mir jeder neuen Sache, die wir gesehen haben, die wir ins Spiel gebracht haben, und für die dann die Reaktion der Leute darauf gesehen haben … das hat uns alle nur immer weiter angetrieben und es gab für uns gar kein Halten zu der Zeit. Wir waren total motiviert und einfach auf einer Mission.
PSB: Und so habt ihr das Original Mortal Kombt in weniger als einem Jahr aufgebaut, richtig?
EB: Ja, das hat etwa acht Monate gedauert, jepp.
PSB: Einer deiner Co-Creator von Mortal Kombat, John Tobias, hat vor einer Weile einen Einblick in die Schöpfung des berühmten Drachenlogos gegeben. Gibt es Geschichten über die Serie, die du immer erzählen wolltest, aber die nie in Interviews aufkamen?
EB: Definitiv! Und ich habe versucht, diese Geschichten über Social Media zu erzählen. Ich habbe zum Beispiel ein paar der Videoaufnahmen gezeigt, die wir gemacht haben, um die Bewegungen von Schauspielern einzufangen, die die Moves durchführen. Und da ist natürlich, wisst ihr, da ist natürlich die Idee, dass ich ein Buch oder so etwas schreiben könnte, wenn ich die Zeit habe. Weil es über die Jahre hunderte von Geschichten gegeben hat. Immer mal wieder denkt man daran mit so einem „Ach ja!“, wisst ihr? Weil es 30 Jahren gewesen sind.
PSB: Das klingt nach einem guten Buch! Was hat Mortal Kombat deiner Meinung nach über 30 Jahre erhalten? Was ist das Geheimnis?
EB: Das Geheimnis ist, denke ich, einfach die harte Arbeit und die konstanten neuen Veröffentlichungen, die wir rausbringen. Wir haben nicht für 10 Jahre Pause gemacht und sind dann wiedergekommen. Und wir haben es geschafft, in jedem Spiel etwas Neues zu machen. Wenn man sich Mortal Kombat 1 oder Deadly Alliance oder Mortal Kombat 3, Mortal Kombat 9, Mortal Kombat X ansieht – die spielen sich alle nicht gleich und sehen nicht gleich aus. Sie bringen alle etwas Neues mit, neue Kampfmechaniken, die kein anderes Spiel bis dahin hatte. Und dadurch gibt es immer diese Frische beim Spielen.
Die Grafikhat sich natürlich auch dramatisch entwickelt. Ich denke also, dass diese immer neuen quasi regelmäßig erscheinenden Versionen dabei wirklich geholfen haben. Es gab auch Dinge außerhalb der Spiele, die wirklich den Horizont erweitert haben: die Filme, die Animation, all das Merchandise – jeder hält es einfach wirklich in der Öffentlichkeit.
PSB: Du kannst dazu vermutlich nicht viel sagen, aber wie läuft die Filmfortsetzung? Es gab Berichte in der Presse …
EB: Naja, ich würde sagen, es ist gut. [lacht]. Ich vermute, ich sollte dazu wirklich nicht zu viel sagen. Aber ich bin froh, dabei involviert zu sein. Und Mortal Kombat Legends: Snow Blind ist auch ein toller Eintrag, wir haben also eine Menge gutes Zeug am laufen.
PSB: Zurück zur Zeitreise nach 1991 – wenn du deinem früheren Ich sagen würdest, dass es in der Zukunft drei oder vier Filme und Fernsehserien und Animationen basierend auf Mortal Kombat geben würde – was wäre wohl seine Reaktion?
EB: Unglaube? Ich … das ist witzig. Unter all diesen großen Mortal-Kombat-Events, die es noch bekannter gemacht haben, denke ich an zwei Sachen: wenn Acclaim beschloss, 10 Millionen Dollar in eine Marketingkampagne zu investieren und Mortal Monday erschaffen hat. Damals riefen Kinder auf der Straße „Mortal Kombat!“. Ich erinnere mich daran, dass sie mir das Video gezeigt haben, und ich meinte: „Leute, ihr geht zu weit – so groß wird das nicht!“ – und da hätte ich mich nicht mehr irren können.
Und dann wieder, als sie beschlossen, dass sie einen Film darauf basieren lassen würden. Ich war wieder eher „Leute, ihr könnt nicht alles auf ein Pferd setzen!“ … ich war also immer eher vorsichtig oder vielleicht auch pessimistisch. Aber ich war nie „Oh, das hier wird das nächste große Ding!“. Das war immer eine Überraschung für mich und für alle, die daran gearbeitet haben, dass es so groß geworden ist.
PSB: Hast du oft die Gelegenheit, mit anderen Leuten in der Kampf-Spiel-Entwicklerwelt zu reden?
EB: Nicht sehr oft. Ich bin ein großer Fan der Spiele. Ich liebe Tekken, ich liebe Street Fighter und spiele von diesen Spielen jede neue Version, die rauskommt. Die, ihr wisst schon, offensichtlich die Guilty Gears und Samurai Showdowns und all das sind großartig, ich liebe sie.
Aber die meisten davon leben und entwickeln ihre Spiele in Japan und da bin ich nicht sehr oft. Also sehen wir uns vielleicht ab und an auf einer E3 oder so. Aber die Gelegenheiten sind selten.
PSB: Was denkst du allgemein jetzt über die Kampfspielszene? Ist sie gesund?
EB: Ich bin da sehr positiv. Beispielsweise Mortal Kombat, Street Fighter, Tekken – das sind Mainstreamspiele, oder? Sie sind nicht Nischenspiele, die ein paar Leute spielen. Sie gefallen allgemein den Leuten und sind sehr unterschiedich.
Ich glaube, dass sie alle verstanden haben, dass sie nicht zu komplex sein dürfen, oder dass es eine Schicht geben muss, die für die Allgemeinheit zugänglich ist, die nicht Frames zählt. Sie wissen das einerseits, aber erhalten auch ein tieferes Element, das die Hardcore-Spieler wirklich fressen werden. Also freue ich mich wirklich insbesondere auf die nächsten paar Jahre. Wir werden viele bekannte große Hits wieder sehen.
PSB: Was treibt deiner Meinung nach die Entwicklung des Kampfgenres voran?
EB: Technologie natürlich. Jedes Spiel, das rauskommt, hat eine neue, bessere Grafik. Onlinespiele sind auch riesig. Wenn sich Spiele online besser spielen, schafft man damit noch mehr Publikum und es gibt mehr Gegner, gegen die man spielen kann. Und dann eben Öffentlichkeit: Events wie EVO werden immer beliebter und zeigen, was man mit diesen Spielen machen kann. Also werden viele Spieler davon inspiriert, wenn sie Profis spielen sehen.
PSB: Street Fighter feiert dieses Jahr auch Jubiläum und wird 35. Noch mal zurück ins Jahr 1991: Wie war das, Street Fighter II damals zum ersten mal zu sehen?
EB: Was mit damals an Street Fighter II auffiel, war wie groß die Charaktere waren. Für damalige Verhältnisse waren sie riesig auf dem Bildschirm. Und das hat Spaß gemacht und uns wirklich inspiriert, unsere Charaktere noch größer auf dem Bildschirm zu machen.
Man könnte sagen, dass Karate Champ das Genre so richtig angestoßen hat. Street Fighter II machte es dann zu einem Phänomen. Einige Leute meinen, dass Street Fighter II und die Kampfspiele danach damals die Spielhallen aus einem Loch retteten.
PSB: Und spielst du zur Zeit was Gutes?
EB: Nein … meine Tage sind einfach komplett ausgebucht. Es gibt einige Spiele, die ich spielen möchte und in die ich mal reingesehen habe. Es gibt also diesen Stapel an Spielen, die ich definitiv ausprobieren werde, aber ich hab schon ewig keins mehr durchgespielt.
Ich freue mich immer auf das nächste God of War. Das wird garantiert Spaß machen.
PSB: Und noch einmal zurück zu Mortal Kombat: wo geht’s in Zukunft hin?
EB: Wisst ihr, die gleiche Frage hättet ihr mir vor 10 oder 20 Jahren stellen können. Und eine Sache, die so großartig daran ist, an den Mortal-Kombat-Spielen schon so lange zu arbeiten ist, dass wir jetzt Teammitglieder haben, die noch gar nicht geboren waren, als das erste Spiel erschien.
Also hatten wir immer so eine große Vielfalt an Spielern, Erfahrungen, Altersklassen, Diversität und Hintergründen. Es gibt also nie zu wenig neue Ideen. Und während ich die nicht wirklich vorhersagen kann, bin ich doch zu 100 % sicher, dass wir immer wieder etwas Neues mit jeder Iteration von Mortal Kombat schaffen können.
Das ist das eine, was ich sicher sagen kann: Mortal Kombat wird sich weiterhin frisch anfühlen, neu anfühlen und die Grenzen von gewissen Aspekten des Spieldesigns verschieben.
Anmerkung: Das Interview wurde für mehr Verständlichkeit und Kürze zusammengefasst.
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