Wie dank Motion-Capturing Kampf und Action zu einem stylishen Blockbuster verschmolzen.
Midnight Fight Express ist ein nervenaufreibendes 3D-Kampfspiel, das die Spieler in die Glanzzeit der Actionfilme und -spiele der 80er-Jahre zurückversetzt. Der Titel wurde größtenteils von einem Mann, Jacob Dzwinel, entwickelt und wird am 23. August von Humble Games für PS4 veröffentlicht. Um die dynamischen Kämpfe des Spiels auf ein ganz neues Niveau zu heben, holte sich Dzwinel den Stuntman von Kratos, Eric Jacobus, höchstpersönlich mit ins Boot. Der wiederum stellte in seinem SuperAlloy Interactive Studio in Las Vegas ein Actionteam zusammen, um die Motion-Capture-Aufnahmen für die einzigartige Kampf-Engine des Spiels zu choreografieren und durchzuführen.
Was das Spiel so anders macht
Dzwinels Liebe zum Entertainment der 80er Jahre inspirierte ihn dazu, den Kampf mit spannenden Gegenangriffen, einer Vielzahl von Waffen, erbarmungslosen (und manchmal witzigen) Finishern und einem einzigartigen nach allen Richtungen offenen Kampfsystem zu spicken. Was das Spiel jedoch wirklich einmalig macht, ist die Art und Weise, mit der Dzwinel und Jacobus den Actionstil zum Leben erweckt haben.
Da haben sich zwei gefunden
Schon lange bevor er zu MFE stieß, hatte Jacobus den Fortschritt des Spiels anhand einer Reihe von Beiträgen verfolgt, die Dzwinel veröffentlicht hatte, um den Core Loop (das Herzstück) der Gameplay-Engine vorzustellen. Jacobus sagte zu seinem Geschäftspartner und Executive Producer Zac Swartout: „Wir müssen unbedingt an diesem Spiel mitarbeiten. Lass uns diesen Kerl kontaktieren.“ Das Problem war nur, dass Dzwinel als einsamer Entwickler im fernen Polen quasi unerreichbar zu sein schien. Also gab Jacobus auf. Doch eines Tages nahm Humble Games Kontakt zu Jacobus auf und fragte ihn, ob er Lust hätte, das Motion-Capturing für ein Spiel zu übernehmen, das das Studio veröffentlicht. Als er herausfand, dass es sich um Midnight Fight Express handelte, ergriff er die Gelegenheit sofort.
Motion-Capturing in Aktion
Nach einem ersten Telefonat einigten sich Jacobus und Dzwinel auf ein viertägiges Mocap-Shooting, bei dem das Team 300 geplante Aufnahmen, inklusive Kombos, Paraden, Finisher, Umweltangriffe und gegnerischer Moves, umsetzen sollte. Am Tag des Shootings wurde Jacobus und Dzwinel klar, dass sie sich missverstanden hatten: Jeder einzelne Move musste gegen einen Gegner im Norden, Süden, Osten und Westen ausgeführt werden. Also mussten in den vier Tagen keine 300, sondern 1.200 Aufnahmen gemacht werden. „Kein Problem“, meinte Jacobus, der die Bewegungen zusammen mit seinem langjährigen Stuntman-Kollegen und Freund Fernando Jay Huerto umsetzen sollte. „Jay und ich arbeiten schon seit Jahrzehnten zusammen. Wir müssen einfach nur dafür sorgen, dass jede Aufnahme gleich beim ersten Take sitzt.“
Im Laufe der vier Tage lief das Motion-Capturing auf Hochtouren und das Team zog die benötigten 300 Aufnahmen pro Tag stets um Haaresbreite durch.
Der Action-Design-Prozess
Dzwinel gestaltete den Kampf mit groben Eckdaten: Held greift Gegner an, Held führt einen Finisher aus, Gegner stirbt. Den Rest überließ er Jacobus und seinem Team. Dzwinel klinkte sich von seinem Laptop aus via Skype in das Shooting ein, um sicherzustellen, dass das Mocap-Team innerhalb der Grenzen des Kampfsystems blieb. Bei der Gestaltung der Action war sich Jacobus bewusst, dass eine lockere Atmosphäre gefragt war. „Das Publikum hat schon genug superernste Actionspiele und -filme. MFE kann das erlösende Ventil sein, das die Spieler brauchen. Nicht nur durch physisch aufregende Bewegungen, sondern auch durch Bewegungen, die ins Groteske gehen.“ Jacobus und Huerto schlugen Dzwinel ihre grotesken Ideen vor und er wiederum sagte ihnen, ob sie zu lang, zu kurz, zu verrückt oder (was noch öfter vorkam) nicht verrückt genug waren.
300 Action-Mocap-Aufnahmen pro Tag
Jacobus und Huerto wussten, dass sie unter Zeitdruck standen. Bei angepeilten 300 Aufnahmen pro Tag blieben ihnen nur 1,6 Minuten pro Aufnahme, um sich die Szenenliste anzusehen, die Bewegungen zu choreografieren, sie mit Jacob abzustimmen, die Aufnahme vorzubereiten, das Motion-Capturing durchzuführen, das Ganze zu filmen – und Schnitt. Sie beschleunigten den Kreativprozess, indem sie sich ein System für die Himmelsrichtungen ausdachten: Auf der Nordseite wurde geprügelt, denn das war die frontale Perspektive; auf der Westseite gab es Taekwondo, Erics Top-Martial-Arts-Stil und seine Schokoladenseite, was Tritte angeht; auf der Südseite gab es Muay Thai, was sich besser eignet, wenn man hinterrücks angegriffen wird; und die Ostseite war für einen Mix aus Hapkido, einem weiteren Stil, den Eric kannte, und Wrestling, Huertos Spezialität, reserviert.
Kenne deine Kampf-Engine
Nach dem anfänglichen viertägigen Motion-Capture-Shooting wurden Jacobus und sein Team beauftragt, weitere 40 Finisher für die Pistole und die Schrotflinte im Spiel aufzunehmen, diesmal in einer vierstündigen Motion-Capture-Session. Damit blieben ihnen sechs Minuten pro Aufnahme. Trotz des etwas entspannteren Zeitplans entwickelte Jacobus schon vorab über 50 Finisher, um sicherzustellen, dass sie sie auch alle würden abdrehen können, darunter coole Pistolenwürfe, akrobatische Entwaffnungen und ausgefallene Nahkampfangriffe mit der Schrotflinte.
Leider stieß Jacobus schon bald auf ein weiteres Problem: Die Engine von MFE ordnet die Waffe der rechten Hand zu, aber bei sämtlichen Finishern, die Jacobus sich ausgedacht hatte, musste die Waffe die rechte Hand verlassen. Also musste sich Jacobus wieder blitzschnell etwas einfallen lassen und schließlich überarbeiteten er und Jacob alle 40 Finisher und wurden noch vor der Deadline fertig. Die Moral von der Geschichte? Kenne deine Kampf-Engine, bevor du in die Previsualisierung gehst!
Am Ende kommt alles zusammen
Da der Motion-Capture-Prozess jetzt abgeschlossen war, musste Dzwinel die Motion-Capture-Animationen jetzt in MFE integrieren. Dzwinel hatte von Hand animierte Kampfbewegungen, aber jetzt standen ihm über 1.200 Animationen zur Verfügung, mit denen er herumspielen konnte. Das Einfügen der Animationen war laut Dzwinel ein einfacher Vorgang. „Die Integration der ganzen Animationen aus den Mocap-Sessions war kinderleicht. Ich konnte sie einfach ins Spiel einfügen, musste sie nur noch auf die benötigte Länge schneiden und nach wenigen Minuten lief sie. Ich hatte jede Menge Animationen und konnte mir die besten herauspicken und damit viel Abwechslung in mein Kampfsystem bringen.“
Eine strahlende Zukunft für Actionspiele
Jacobus glaubt, dass Spiele wie MFE Vorboten dafür sind, dass der Spielentwicklung große Veränderungen bevorstehen. „In der Vergangenheit traten die Entwickler nicht gerade viel Kontrolle an das Actionteam ab. Jetzt sind wir ins Projekt eingebunden wie ein Entwicklerstudio. Tatsächlich war unser Actionteam größer als das gesamte Entwicklerteam!“
Dzwinel weist darauf hin, wie wichtig Vielfalt in Midnight Fight Express sei. „Die Vielfalt der Animationen macht Midnight Fight Express so spannend. Es war eine großartige Erfahrung für mich, die Gelegenheit zu haben, mit Eric und seinem Team zu arbeiten. Ohne seine Hilfe wäre ich heute nicht dort, wo ich bin. Wir haben gemeinsam etwas Besonderes erschaffen und ich hoffe, dass die Menschen die Vielzahl der Möglichkeiten, die Midnight Fight Express ihnen bietet, zu schätzen wissen werden.“
Jacobus sagt, dass Dzwinel das Fundament für eine gemeinschaftliche Erfahrung gelegt habe. „Er hat einen Prozess entwickelt, der es uns erlaubte, uns zahllose Ideen einfallen zu lassen, und je verrückter, desto besser. Nachdem wir die Hauptszenen abgedreht hatten, habe ich heimlich noch verschiedene Moves und Kombos aufgenommen und sie Jacob geschickt. Ich hätte am liebsten ewig mit dem Motion-Capturing weitergemacht. Wenn Humble mich nicht gebeten hätte aufzuhören, würde ich heute noch Mocap-Aufnahmen für das Spiel machen.“
Midnight Fight Express erscheint am 23. August für PS4.
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