Der Level Creator des PS VR-Rhythmusspiels erzählt uns mehr über die Philosophie, die hinter den Levels steckt
Josh „Freeek” Joynes, Level Creator in Vollzeit, und Michaela Dvorak, Head of Marketing, Beat Games:
Vor einigen Tagen konnten Spieler in Beat Saber einen neuen musikalischen Höhepunkt erleben. Wir haben das Imagine Dragons Music Pack veröffentlicht – eine Auswahl der 10 beliebtesten Hit-Songs der Band, zusammen mit einer brandneuen Industrial-Umgebung. Für dieses Music Pack haben wir mehrere Monate gebraucht.
Manchmal wissen die Leute gar nicht, wie viel Arbeit für so etwas notwendig ist. Es kommt auf die richtige Songauswahl an, die Qualität und den Flow der Levels sowie eine immersive Umgebung. All das ist uns extrem wichtig und sehr aufwändig. Um die Philosophie, die hinter den Levels in Beat Saber steckt, besser zu verstehen, habe ich mich mit Freeek, unserem Level Creator in Vollzeit und dem Autor des Imagine Dragons Music Packs zusammengesetzt.
Michaela: Freeek, warum denkst du, sind musikalische Erlebnisse im VR-Raum so besonders?
Freeek: In der virtuellen Realität können wir die Welt auf die unterschiedlichste Weise erleben. Musik bildet da keine Ausnahme. Beat Saber lässt den Spieler Musik auf eine neue Art und Weise erfahren. Das kann man nur schwer erklären, ohne es selbst jemals erlebt zu haben. Das ist wie einen Song, den man schon tausendmal gehört hat, zum ersten Mal mit hochwertigen Kopfhörern zu hören. Mit Beat Saber können die Spieler die Musik auf noch nie dagewesene Weise erleben. Einfach ausgedrückt, erlebt man die Musik sowohl physisch als auch visuell. Ein Tanzspiel ist ein physisches Erlebnis, eine Lichtshow ein visuelles, aber beides zusammen gab es vorher eigentlich nicht, vor allem nicht für den Heimgebrauch. Dinge wie die Umgebung und die Beleuchtung spielen hierbei wichtige Rollen, aber diese neue Erfahrung lebt größtenteils von der Bewegung. Jeder Würfel, jede Richtung, jede Bombe und jede Mauer sind allesamt von uns absichtlich dort platziert worden, um die Musik auf vollkommen neue Weise erleben zu können. Und alles zusammen bezeichnen wir als „Level”.
Michaela: Kannst du uns mehr darüber sagen, wer sich jetzt um die Levels kümmert und wie es am Anfang war?
Freeek: Die ursprünglichen 10 Levels wurden alle von Jan „Split” Ilavsky kreiert, alle nachfolgenden Inhalte entstanden in Teamarbeit. Wir haben nach der Veröffentlichung neue Leute angeheuert und so ein relativ großes Team geschaffen, aber aktuell sind es nur noch Split, GreatYazer und ich, der Level Creator in Vollzeit.
Michaela: Wie hat sich die Zusammenarbeit der Level Creators untereinander seit der Veröffentlichung von Beat Saber verändert?
Freeek: Jaroslav ist für die Musik verantwortlich. Wir hören uns also erst mal die Musik an – und das mehrere Tage lang fast schon in Dauerschleife. So können wir jeden Aspekt des Songs wirklich verstehen. Ich erinnere mich noch daran, dass ich mir Crab Rave echt eine ganze Woche lang angehört habe, bevor ich überhaupt mit der Arbeit angefangen habe. Dabei versuche ich, herauszufinden, ob der Song etwas Einzigartiges hat, das ich in etwas verwandeln kann, was den Spielern Spaß macht. Bei „POP/STARS” habe ich mir beispielsweise die „Hinter den Kulissen”-Tanzvideos öfter angesehen als das eigentliche Musikvideo. Ich habe mir die Teile des Tanzes rausgesucht, die für die Spieler richtig toll sein könnten, und das als Ausgangspunkt benutzt. Nachdem ich mit dem Level und seinen Schwierigkeitsgraden fertig bin, geht es ans Testen – und wir testen wirklich AUSGIEBIG. Wir spielen die Songs immer und immer wieder auf allen Schwierigkeitsgraden durch. Dabei teste ich auch unterschiedliche Geschwindigkeiten, um sicherzustellen, dass alles perfekt läuft. Auf dem einfachen Schwierigkeitsgrad spiele ich kniend und ziehe die Arme an, um zu sehen, wie Kinder das Level erleben. Auf den höheren Schwierigkeitsgraden wie Expert+ wird außerdem jeder einzelne Abschnitt auf Herz und Nieren geprüft, um zu garantieren, dass eine Full Combo auch tatsächlich möglich ist. Am Ende wirft Jan selbst dann noch mal abschließend ein Auge auf die Levels und nimmt noch notwendige Änderungen vor.
Michaela: Steckt hinter den Mustern in den Levels ein tieferer Sinn?
Freeek: Viele der Ideen, die wir in die Levels einbauen, kommen uns für gewöhnlich beim Anhören der Songs. Wir lassen uns von vielen verschiedenen Dingen inspirieren, auf einige würde man niemals kommen. Der Liedtext ist natürlich eine offensichtliche Inspirationsquelle, aber zum Beispiel ist es auch wichtig, ob der Song in der Dur- oder Moll-Tonleiter ist, welches Instrument verwendet wird, ob es externe Bedeutungen oder Traditionen gibt usw. Diese zusätzliche „Ebene” eines Songs versuche ich mit den Mustern wiederzugeben. Es dreht sich nicht alles ausschließlich um den Schwierigkeitsgrad. Jedes Level hat mehrere dieser „Ebenen”, die vielen Spielern gar nicht auffallen. Einige Beispiele:
Bei „Overkill” erzeugt der Haupt-Drop ein erbauendes Gefühl. Ein gewaltiger Synth-Effekt, der höher wird – und zwischendrin jeweils ein Snare-Effekt. In diesem Abschnitt ist der Spieler gezwungen, nach oben zu schlagen – und zwar immer weiter -, aber dazwischen kommt jedes Mal ein sehr tiefer Würfel.
Bei „Crab Rave” konzentrieren wir uns hauptsächlich auf ein Links-Rechts-Muster, um die schunkelnden Krabben im Musikvideo zu imitieren.
Bei „Whatever It Takes” gibt es einige Abschnitte in den Strophen, die ähnlich genutzt werden. „Run me like a racehorse” gibt einem das Gefühl, wirklich auf einem Pferd zu reiten und die Zügel in der Hand zu halten. „Break me down and build me up” verlangt vom Spieler, Blöcke erst in absteigender und dann aufsteigender Reihenfolge zu zerstören.
Und bei „Unlimited Power” steht im Liedtext „From red to blue, from blue to red, and ducking the red from overhead” und der Spieler führt genau diese Moves zu diesem Zeitpunkt aus – also erst rot, dann blau, dann blau, dann rot und dann dem roten Block von oben ausweichen.
Das sind nur einige wenige Beispiele, wie viel Detail in die Levels fließt. Selbst unterschiedliche Musikinstrumente können bei der Gestaltung eine Rolle spielen: Wenn ein Klavier erklingt, läuft das Muster geordneter ab und die Position der Blöcke stimmt eventuell mit der Tonlage einer Notenrolle überein. Bei Trommeln geht es meist eher um Auf- und Abwärtsbewegungen. Die Bassgitarre gibt uns mehr Noten in der unteren Reihe, beim Gesang sind sie dagegen höher. Oftmals vermischen sich diese Muster, weil verschiedene Instrumente gleichzeitig zum Einsatz kommen.
Michaela: Die Beleuchtung ist ja ein ganz wichtiger Aspekt bei den Levels. Ich stelle mir das wahnsinnig kompliziert vor, so eine Lichtshow zu erschaffen. Wie gehst du bei der Level-Erstellung an diese Herausforderung ran?
Freeek: Oh ja, für die Beleuchtung wenden wir eine Menge Zeit auf. Meistens gibt es sogar mehr Lichtauslöser als Blöcke! Selbst auf Expert+! Bei „Digital” gibt es auf Expert+ beispielsweise 951 Blöcke, die es zu treffen gibt, aber dem gegenüber stehen satte 3.000 Lichtereignisse! Viele der Überlegungen, wenn es um Anordnung der Blöcke geht, kommen auch bei der Beleuchtung zum Tragen. Bei „Thunder” setzen wir aus offensichtlichen Gründen hauptsächlich blau ein, aber haben auch mit speziell entwickelten Lichteffekten experimentiert, um ein echtes Gewitter zu simulieren. In „Radioactive” werden die blauen und roten Lichter erst vermischt, wenn das Wort „Radioactive” gesungen wird. In „Crab Rave” haben wir die Farbe der gesamten Umgebung geändert, damit es wie die Tropenlandschaft im Musikvideo aussieht – und das Monstercat-Logo ist jetzt orange … wegen der Krabben, haha. Viele Lichter werden auch per Hand mit dem Text synchronisiert. Beim nächsten Spielen von „POP/STARS” sollte man mal den Modus mit endlosen Leben starten und auf die großen „X”-Lichter achten. Bei einem Song, den wir bald veröffentlichen werden, habe ich mir ganz genau angeschaut, wie sich die Lichter bei einem Karussell verhalten (vor allem am Anfang und am Ende einer Runde), um das im Level zu imitieren. Wir haben sogar einzigartige Lichteffekte für jeden Song auf Expert+. Das liegt vor allem daran, dass die krassen Stroboskopeffekte den Spieler auf den niedrigeren Schwierigkeitsgraden nicht komplett aus dem Konzept bringen. Wir stellen auch sicher, dass die intensiveren Lichter zur Bildwiederholrate unterschiedlicher Headsets passen, damit die Spieler sie auch tatsächlich sehen können.
Michaela: Welche Künstler oder Bands würdest du persönlich gerne noch irgendwann in Beat Saber sehen?
Freeek: Wenn ich eins gelernt habe, dann, dass wir für Beat Saber jedes Genre nutzen können. Songs, die ich eigentlich gar nicht so gerne höre, können im Spiel eine Menge Spaß machen, wenn wir unsere Arbeit gut gemacht haben. Wenn ich dir aber spezifische Namen nennen soll, dann vielleicht Gorillaz, Linkin Park, Daft Punk, Red Hot Chili Peppers, Arctic Monkeys, Deadmau5, Flume, Black Keys, Skrillex, Will Sparks, Caravan Palace, Metallica, AC/DC, Guns n’ Roses, Kygo, Avicii, Nero, Pantera und Pendulum. Vielleicht ja auch was von Outkast, Eminem, Hilltop Hoods oder Kanye West. Oh, und natürlich noch mehr Jaroslav Beck!
Das sind eine Menge Namen, aber ich denke, die würden alle gut reinpassen. Selbst ein offizieller Level Creator darf träumen, oder?
Michaela: Eine tolle Auswahl! Dann wollen wir mal sehen, welche Songs uns als Nächstes erwarten. Unser Ziel für 2019 ist es, Beat Saber mit so vielen Genres wie möglich zu füllen, damit für jeden was dabei ist. Ich kann’s kaum erwarten!
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