Das interaktive Abenteuer legt das Schicksal von Affen und Menschen in eure Hände – und in die eurer Freunde
Gillen McAllister, SIEE:
Jeder, der diesen Sommer den exzellenten Film „Planet der Affen: Survival” im Kino gesehen hat, weiß, wie subversiv diese Trilogie sein kann. Und der Titel selbst lässt eigentlich vermuten, dass es im Film zu einer Art (Überlebens-)Kampf kommt. Zu einer explosiven Eskalation der gesamten Vorgeschichte.
Und dennoch … Der erwartete Höhepunkt, der finale Kampf zwischen Affen und Menschen? Er hat im Film nie stattgefunden. Die Geschichte ist überraschenderweise von dem, was die Trailer uns glauben machen wollten, abgewichen. Oder war das vielleicht gar nicht so „überraschend”?
Genau wie seine Vorgänger „Prevolution” und „Revolution” ist „Survival” mehr von inneren Kämpfen und persönlichen Konflikten durchzogen als von explosiver Bombastik. Ein Sommer-Blockbuster, der den Schwerpunkt eher auf die psychische Belastung legt, die der Krieg mit sich bringt, und nicht auf auf das Spektakel, das der Krieg bieten würde.
Das ist eine Vorlage, an die sich auch Planet of the Apes: Last Frontier erfolgreich gehalten hat. Das Spiel ist eine interaktive Erfahrung mit einer zentralen Erzählung, die sich auf die unnatürliche Gruppenpolitik fokussiert, die entsteht, wenn Menschen und Affen aufeinandertreffen.
Die Story geht allerdings noch mehr unter die Haut als die ihrer Kinobrüder. Auf der einen Seite sucht eine kleine Splittergruppe von Affen, die in „Revolution” im Zuge der Spaltung ihres Klans durch das Land gewütet ist, ein neues Zuhause. Auf der anderen Seite versucht eine gleichermaßen eng verbundene Gruppe aus Grenzbewohnern, sich mithilfe ihrer Erfahrung ein Leben in einem Land zu schaffen, das immer erbarmungsloser wird.
Wie sich die Gruppenpolitik und die internen Schwierigkeiten entwickeln – oder wie sie eskalieren -, liegt an euch. Oder, um es präziser auszudrücken, an euch und euren Freunden. Planet of the Apes wird nämlich Teil der immer weiter wachsenden Reihe von Multiplayer-PlayLink-Titeln für PlayStation 4, die man gemeinsam auf dem Sofa spielen kann.
Genauso wie die storylastigen Abenteuer wie The Walking Dead von Telltale oder Heavy Rain von Quantic Dream entwickeln sich auch hier die Situationen – ob groß oder klein – von Minute zu Minute weiter. Was als Nächstes geschieht, muss aus verschiedenen Dialog- oder Handlungsoptionen ausgewählt werden, die auf dem Bildschirm erscheinen. Ähnlich der Gruppendynamik im Spiel werden Entscheidungen per Mehrheitsentschluss gefällt, bei dem die Spieler mithilfe ihres Smartphones oder des Controllers ihre Stimme abgeben.
Das ist eine interessante Ähnlichkeit zwischen dem Spiel und seinen Leinwandbrüdern. Die moralische Ambiguität der Filme klang auch noch lange nach dem Abspann nach und entfachte Diskussionen, egal an welchem Wasserloch oder in welchem Café ihr euch danach noch zusammengesetzt habt. Man konnte die Aggression des Colonels, die auf persönlichen Verlusten beruhte, genauso nachvollziehen wie Caesars Probleme damit, auch im Angesicht des Hasses friedlich zu bleiben. Man konnte sich in Kobas Kriegslust einfühlen, da er davon angetrieben wurde, sich für seine früheren Misshandlungen zu rächen.
Und so ist es auch mit Last Frontier, einer Demo, die ich Seite an Seite mit den Entwicklern während eines Hands-on-Events im letzen Monat gespielt habe. Ich – wir – erlebten und interagierten mit einer Reihe von Spannungen auf beiden Seiten, die alle von dieser moralischen Ambiguität durchzogen waren.
Die Härte eines Verhörs, bei dem die Grenzbewohner Druck auf einen Orang-Utan ausüben, damit er ihnen Informationen gibt; Affen, die sich darüber streiten, ob sie sich auf eine unbewohnte Farm schleichen sollen, um sie zu plündern, oder nicht; die Frage, ob angreifende Menschen getötet oder gehen gelassen werden sollen.
Die Dialogoptionen sind zahlreich und vielseitig, und aufgrund der kurzen Zeit, die man zum Auswählen hat, entscheide ich eher nach Bauchgefühl und nicht auf Grundlage objektiver Betrachtung. Aber es gibt auch einige Momente, in denen ich ins Stocken gerate, in denen gesunder Menschenverstand im Konflikt mit meinen Gefühlen steht. Das ist genau die Art von Reaktion, die ein solches Spiel hervorrufen sollte.
Eine Woge der Genugtuung überströmt mich, wenn die Gruppe die gleiche Entscheidung trifft wie ich, und Frustration breitet sich aus, wenn sich Ereignisse in eine Richtung entwickeln, gegen die ich gestimmt habe. In einer Spielrunde mit Fremden sind die Diskussionen eher höflich. Ich kann mir gut vorstellen, dass es in einem Wohnzimmer voller Freunde anders zugehen wird.
Aber mit jeder Entscheidung bleibt ein Hauch von Ungewissheit, denn das Überleben eines Charakters ist nie garantiert. Genauso wenig wie die Auswirkungen, die durch Mitteilungen auf dem Bildschirm angedeutet werden. In einem Spiel, das von der Spieldauer her der Länge der Filme ähnelt, die es inspiriert haben, könntet ihr sogar das schlimmste Spielemassaker seit der finalen Mission von Mass Effect 2 erleben – und das im Zuge eines einzigen Abends.
Aber diese Kürze ist gleichzeitig eine Stärke des Spiels. Denn jeder von euch kann für die Dauer eines Films an einem Spiel interessiert und motiviert bleiben. Besonders wenn ihr selbst den Ausgang bestimmen könnt. Besonders weil ihr euer Telefon nicht aus der Hand legen müsst. Und die Diskussionen, die am Ende entfacht werden, werden bis tief in die Nacht hineingehen … und vielleicht sogar eine Wiederholung des Spiels erfordern.
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