Wie Uncharted: The Lost Legacy den Erzählstil der Reihe neu definiert

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Wie Uncharted: The Lost Legacy den Erzählstil der Reihe neu definiert

Creative Director Shaun Escayg über seine Vision eines „Best of Uncharted“-Erlebnisses

Matthew Groizard, SIEE:


Chloe Frazer und Nadine Ross gehören zwar zweifellos zu den Lieblingscharakteren der Uncharted-Fans, aber bisher waren sie in der Reihe von Naughty Dog eher nur Nebenfiguren. Das ändert sich allerdings mit Uncharted: The Lost Legacy, denn hier spielen die beiden selbst die Hauptrolle, und nicht mehr Nathan Drake.

Das ist ein großer und mutiger Schritt für eine Reihe um einen solchen Kulthelden, und es verleiht der bevorstehenden Fortsetzung eine faszinierende, unerwartete neue Dimension. Also habe ich mich vor der Veröffentlichung des Spiels im August mit dessen Creative Director Shaun Escayg getroffen, um ein bisschen ausführlicher über die Herausforderungen zu sprechen, mit denen das Team bei der „Entthronung” von Drake zu kämpfen hatte, und habe ein bisschen darüber erfahren, was wir von Chloe und Nadine erwarten dürfen.

Uncharted: The Lost Legacy

Nadine war nicht die erste Wahl als Chloes Gefährtin

„Chloe hat eine große Fangemeinde – die Spieler mochten sie -, aber im Grunde wussten wir nur wenig über sie”, erzählt Shaun über die Entscheidung des Teams, Chloe zur Hauptspielfigur des Spiels zu machen.

„Wie man in Uncharted 2 und Uncharted 3 gesehen hat, war sie eine Nebenfigur, die immer dann ausstieg, wenn die Dinge zu brenzlig wurden; deren Selbsterhaltungstrieb immer stärker war als der Drang, die Heldin zu spielen. Und genau das machte sie so interessant für uns. Warum steigt sie immer vorzeitig aus? Warum bringt sie keinen Job zu Ende? Hat sie überhaupt das Zeug dazu? Diese Fragen wollten wir beantworten.”

Ebenso charakteristisch für die Uncharted-Serie wie die spektakulären Standardsituationen sind die Neckereien der Charaktere untereinander – Drake hatte ja so gut wie immer einen Kumpel an seiner Seite. Diese Tradition sollte bei The Lost Legacy unbedingt beibehalten werden.

„Als wir uns für Chloe entschieden hatten, versuchten wir, aus einer ganzen Reihe verschiedener Charaktere einen passenden Partner für sie zu finden: Sullivan, Cutter … Und dann überlegten wir, okay, wer wäre der beste und gleichzeitig schlimmste Partner, den wir Chloe Frazer zur Seite stellen können? Wer lag da näher als Nadine Ross?”

„Nadine ist pragmatisch; eine militante Anführerin, der das Geschäft ihres Vaters aus den Händen gerissen wurde und die sich verzweifelt bemüht, es zurückzugewinnen. Chloe ist eine enigmatische Gaunerin, die gern doppeltes Spiel treibt – im Grunde das komplette Gegenteil -, doch eines ist beiden gemeinsam: der Selbsterhaltungsdrang. Zusammen boten sie uns die perfekte Mischung für unsere Geschichte: Werden diese beiden Persönlichkeiten einander verraten oder die Sache gemeinsam durchziehen?”

Und dieses Konzept zweier unberechenbarer Heldinnen scheint ein Hauptmotiv für die Autoren von The Lost Legacy zu sein. Wie Shaun erklärt: „Chloe ist einfach ziemlich … durchtrieben. Jemanden wie sie stellt man sich normalerweise nicht in der Heldenrolle vor. Und was Nadine Ross angeht – in Uncharted 4 war sie immerhin die Böse!”

„Die Welt der Diebe ist komplex. Jeder hat seine Vorzüge: Sie sind trotz allem menschlich, haben persönliche Ziele und eine Vorgeschichte, die man nachempfinden kann. Sobald man diese Eigenschaft gefunden hat, die sie so interessant macht – für uns war es Selbsterhalt versus Aufopferung -, muss man ihnen ein bestimmtes Ziel geben, einen Grund, für das große Ganze alles auf eine Karte zu setzen.”

Uncharted: The Lost Legacy

Die Geschichte birgt einen völlig neuen Ansatz für die Uncharted-Reihe

Für die Spieler bedeutet dies letztendlich die Chance, Nadine wie auch Chloe fernab ihrer bekannten Antagonisten-Rollen auf einer ganz persönlichen Ebene kennenzulernen.

„Man erfährt Dinge, die man nie von Nadine gedacht hätte – sie hat eine Seite, die man nicht erwartet hätte”, erklärt Shaun.

„Chloe hat eine sehr interessante Vergangenheit – es gibt da einen Konflikt, der einem tief verwurzelten Schmerz entspringt. Die Welt aus Chloes Perspektive zu sehen, eröffnet die Welt selbst – meiner Meinung nach ist diese Version die beste in Uncharted.”

Die Story und die Charaktere liegen dem Team wirklich am Herzen und sollen keine bloßen Randerscheinungen des Gameplay sein, sondern ein wesentlicher Bestandteil des Erlebnisses. Wie wir schon neulich in unserem Gameplay-Bericht gezeigt haben, bietet die offene, weniger lineare Struktur des Spielverlaufs Chloe und Nadine viel mehr Freiraum.

„Es gibt ein paar Nebenquests, bei denen ihr Schätze und Embleme sammeln könnt, die euch etwas mehr über die Region und die Geschichte der elf Könige verraten. So bekommt ihr auch etwas mehr Zeit mit diesen Charakteren und könnt ihre Bindung festigen – oder zerstören.”

Die Entdeckung so vieler Details allein der Neugier des Spielers zu überlassen, ist ein mutiger Schritt für die Uncharted-Serie, in der die Story immer der Leitfaden war und sich im Laufe des Spiels entfaltet hat. Aber es war eine bewusste Entscheidung.

„In dieser offenen Welt habt ihr die Wahl. Ihr könnt den direkten Weg einschlagen und euch von Punkt zu Punkt vorarbeiten, oder ihr könnt viele Stunden am selben Ort verbringen und jede Menge Einzelheiten über die Welt, die Charaktere und ihre Beziehungen zueinander erfahren.”

Uncharted: The Lost Legacy

Eure Beziehungen wirken sich auf die Handlung aus

Das ist zwar alles schon eindeutig Neuland für die Serie, aber Shaun und sein Team wollten dem Ganzen noch eins draufsetzen und etwas noch Radikaleres ausprobieren.

„Worauf wir wirklich stolz sind, ist, dass die Geschichte ins Gameplay hineinspielt”, erläutert Shaun. „Wenn sich die Charaktere gut schlagen – wenn sie gut miteinander zurechtkommen und sich anfreunden -, ist das Gameplay am effizientesten: Ihr kämpft und Nadine haut ordentlich mit drauf.”

„Sind die Charaktere jedoch zerstritten, wird die Sache schwieriger. Möglicherweise ist eure Partnerin sauer auf euch oder lässt euch sogar im Stich, um ihr eigenes Ding durchzuziehen. Und das ist sehr spannend für uns bei Naughty Dog, weil wir immer versuchen, die Grenze zwischen den Zwischensequenzen, den Ingame-Szenen und dem Gameplay verschwimmen zu lassen.”

Seit dem allerersten Spiel 2007 lautete eine der wichtigsten Philosophien der Uncharted-Reihe: immer an den Sticks bleiben. Das heißt, wann immer es möglich war, eine Actionszene oder einen dramatischen Moment vom Spieler steuern zu lassen, anstatt eine Zwischensequenz einzufügen, hat das Team sich für diese Möglichkeit entschieden. The Lost Legacy lotet zwar jede Menge neue Dinge im Hinblick auf die Charaktere und die Gameplay-Dynamik aus, bleibt aber dieser Kernphilosophie ebenso treu wie alle anderen Teile der Serie.

Es sind nur noch wenige Wochen, bis das Spiel am 23. August erscheint und ihr diese neue Version des Naughty Dog-Dauerbrenners selbst erleben könnt.

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