Nur noch etwas weniger als zwei Wochen und Heavy Rain prasselt vom Händler eures Vertrauens in die PlayStation 3-Systeme. Ich weiß, dass ich mich mit solchen Aussagen nicht sonderlich beliebt mache, trotzdem muss ich es zugeben: Ich habe das Spiel bereits jetzt ausführlich gespielt. Weil ich aber kein Unmensch bin lasse ich euch natürlich gerne an meinen Eindrücken teilhaben. Direkt vorweg: Macht euch keine Sorgen!
Ich werde NICHT spoilern!
Ihr könnt also völlig beruhigt meine kleine Preview Strecke lesen, einen guten Eindruck von Heavy Rain bekommen und das Spiel trotzdem in der ganzen Tragweite seiner wirklich spannend entwickelnden Story genießen.
Damit wären wir auch schon beim Stichwort des ersten von drei Teilen meiner Artikelreihe zu diesem Spiel angekommen: Die Story. So sehr ich mich auch anstrenge, ich kann mich nicht daran erinnern, jemals zuvor ein Spiel erlebt zu haben, bei dem solch ein großes Geheimnis um die inhaltliche Gestaltung des Titels gemacht wurde. Das hat seinen guten Grund: Auf bisher noch nicht gekannte Art und Weise bildet die Story das eigentliche Wesen von David Cages und Quantic Dreams Werk.
Es geht in erster Linie nicht etwa darum, bei atemberaubenden Kletterpassagen oder aberwitzigen Feuergefechten Spaß zu haben. Die Geschichte des Spiels liefert den eigentlichen Anreiz immer weiter fortzufahren. Den Entwicklern war dieser Aspekt sehr wohl bewusst, nicht umsonst tauchte in diversen Interviews immer wieder der Begriff des interaktiven Films auf.
Gleichzeitig wurde aber auch von dem großen Einfluss geschwärmt, den ein Spieler mit seinen Entscheidungen auf das weitere Spielgeschehen ausüben kann. Passt das überhaupt zusammen? Einerseits soll die Story das Leitmotiv in der Entwicklung gewesen sein, auf der anderen Seite kann der Spieler aber ständig an der Story herummanipulieren?! Wie viel Spielspaß kann ein interaktiver Film überhaupt liefern? Könnte man nicht genausogut einen guten Krimi lesen?
Durchaus berechtige Fragen, so lange man davon ausgeht, es bei Heavy Rain mit einem gewöhnlichen Videospiel zu tun zu haben. Genau das ist aber nicht der Fall. Ohne in den Lingus eines PR-Vermarkters verfallen zu wollen: Heavy Rain ist kein Videospiel in dem Sinne wie es der erfahrene Gamer kennt. Es gibt in Heavy Rain keine Level mit bestimmten Zielen die es zu erreichen gilt um auf die nächste Ebene aufzusteigen, keine Endgegner, die man besiegen muss um fortzufahren.
Jeder Gamer hat eben dieses Schema “Löse eine Aufgabe und erhalte deine Belohnung” verinnerlicht und genau davon wird er sich lösen müssen. Heavy Rain ist wie das Leben: Es schreitet voran, völlig unabhängig von dem Handeln und den Entscheidungen seiner Akteure. Ob der Spieler mit den Konsequenzen seiner Entscheidungen zufrieden ist oder nicht spielt garkeine Rolle. Wer den Titel spielt, wird zu einer für Gamer völlig neuen Erfahrung gezwungen: Die Spieler werden lernen müssen, ihre Fehler zu akzeptieren. Und Quantic Dream versteht es wirklich, diese Lektion immer wieder auf Bitterste zu erteilen.
Trefft ihr im falschen Moment die falsche Entscheidung oder macht ihr einen Bedienungsfehler, dann verursacht ihr damit vielleicht den vermeidbaren Tod eines Akteurs. Ich selber habe mich beim Spielen immer wieder dabei erwischt, wie ich nach dem unbefriedigendem Ablauf einer Szene instinktiv auf “Pause” gedrückt habe um nach dem Neu-Laden-Button zu suchen. Einfach vom letzten Kontrollpunkt neustarten und die Szene ordentlich zu Ende bringen. Videospiele eben…
Nix da! Quantic Dreams hat eben jene “Korrekturversuche” ganz bewussterschwert. An jeder Schlüsselstelle speichert das Spiel automatisch. Ein Zurücksetzen aus dem Spiel heraus ist nicht möglich, es sei denn ihr wollt euch zurück ins Hauptmenü klicken und die Szene nochmal komplett von vorne anfangen. Der Effekt, der aus dieser Systematik resultiert ist bemerkenswert. Noch nie zuvor brachte ein Spiel den Spieler so nah an die Charaktere wie Heavy Rain. Die Gewissensqualen, die moralischen Herausforderungen mit denen sich die Figuren im Laufe der Geschichte konfrontiert sehen, sind in Wirklichkeit direkte Fragen an den Gamer.
Der eine oder andere wird sagen: “Diese Phrasen gab es schon oft, genauso wie deren Umsetzung! Im Endeffekt spielt sich aber doch alles nur im Rahmen der vorgezeichneten Story ab.”.Diese Umsetzungen mag es tatsächlich bereits geben und klar: Heavy Rain verfolgt eine Story die sich an festen Eckpfeilern orientiert. Aber Quantic hat es verstanden, feste und variable Elemente auf eine Art und Weise zu vermischen, die einem im Nachhinein jede Sicherheit raubt: War die Tragödie gerade wirklich unvermeidbar oder hätte ich mich bloß anders verhalten müssen? Schnell nachprüfen kann man es jedenfalls nicht.
Ganz ab von diesen fast schon philosophischen Ausführungen hat David Cage es aber auch ganz einfach verstanden, die Geschichten der vier Protagonisten auf unglaubliche spannende Art und Weise miteinander zu verweben. Personen, die nicht unbegrenzt Zeit zur Verfügung haben (was also so ziemlich jeder Mensch sein dürfte) werden ihre Schwierigkeiten bekommen, einen Moment zum Ausstieg aus einer Session zu finden. Cliffhanger zu Cliffhanger, Vorstellung eines mysteriösen Elements zu möglicher Auflösung eines vorherigen, nicht weniger neugierig machenden, Elements – Cage weiß ganz genau, wie man eine spannende Geschichte erzählt. Die Struktur seiner Story muss sich vor keinem Bestseller- oder Hollywoodautor verstecken.
Damit wären wir jetzt bei den Protagonisten angekommen. Das bedeutet, dass zumindest ich einen guten Ausstieg aus dieser Session gefunden habe. Ich melde mich in ein paar Tagen mit Teil 2 meiner Preview-Strecke zurück und stelle euch ausführlich die Charaktere aus Heavy Rain vor.
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