Bloodborne angespielt

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Bloodborne angespielt

Beinhart und brutal, aber nie frustrierend: Bloodborne erhebt das Sterben zum Spielprinzip.

Eigentlich sollte ich den Weg zum nächsten Speicherpunkt doch kennen. Gut ein Dutzendmal bin ich mit meinem Jäger schon durch die verwinkelten Gassen der Stadt geschlichen. Ich kenne die Standorte der aggressiven Bewohner, die wie in einem Frankenstein-Film der 1930er Jahre mit Mistgabeln, Sensen und Fackeln die Straßen patrouillieren. Ich weiß wo die Orks und Werwölfe im Dunkeln auf mich lauern. Trotzdem erreiche ich auch diesmal wieder nicht mein Ziel. Warum? Weil in einem dunklen Raum ein alter Mann in einem Rollstuhl sitzt und ich mir denke, das er Hilfe benötigt. Und was macht er? Er schlitzt mich einfach auf! Und wieder erwache ich an dem letzten Speicherpunkt, weitab von meinem Ort des letzten Ablebens.

Bloodborne Customisation

Und das ist beileibe kein Einzelfall oder die Konsequenz meiner persönlichen Unfähigkeit. Denn Bloodborne, das neue Werk der japanischen Spiele-Sadisten von From Software, verfolgt stringent die Firmenphilosophie, die in Demon’s Souls und den Dark Souls-Spielen eine breite Fangemeinschaft gefunden hat. Die Befürchtung, dass der PlayStation 4-exklusive Titel, eine „Casualisierung” darstellen und viel zu einfach sein könnte, wird bereits in der ersten Spielstunde vollständig zerstreut.

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Natürlich gibt es Unterschiede im Spielprinzip zu den Demon- und Dark-Titeln. Mein individuell erschaffener Held wird nicht durch klassisches Aufleveln stärker, nur mit neuer Rüstung und neuen Waffen wird aus meinem schwächlichen Recken langsam ein ernstzunehmender Gegner für die Monsterhorden. Das Kampfgeschehen ist schneller, aggressiver, kein Schild schützt mich vor den Angriffen. Ich muss mich auf meine Reflexe verlassen, nach vorne Rollen, nach hinten ausweichen und meine Waffen, von denen ich zwei gleichzeitig nutzen kann, geschickt einsetzen.

 

Aber das Gefühl der Herausforderung ist sofort wieder da. Das Kribbeln im Bauch, die Gänsehaut, wenn ich um eine Ecke spähe und genau weiß, dass da etwas auf mich lauert. Aber bevor ich meinen Gegner nicht sehe, kann ich ihn nicht ausschalten. So laufe ich immer wieder mit offenen Augen in eine weitere, äußerst kreative, Todesfalle. Ich werde mit einem riesigen Hammer erschlagen, von Klauen zerfetzt, gehe in Flammen auf. Zwei, vielleicht drei Treffer genügen, viel hält mein Charakter noch nicht aus. Aber die Entwickler haben es wieder geschafft, dass nicht Frustration die Folge meines Versagens ist, sondern das Glücksgefühl über das Meistern einer weiteren Herausforderung im Vordergrund steht.

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Und bislang habe ich nur von meinen ersten Gehversuchen in der mysteriösen Stadt Yharnam berichtet. Als mich der Weg auf eine Brücke zu einem verschlossenen Tor führt, steht mir die erste echte Prüfung bevor: Das Kleriker-Biest. Der erste Bossgegner, ein bildschirmfüllendes Monstrum, anscheinend direkt aus einem Fiebertraum von H. P. Lovecraft, versperrt den Weg. Es wird ein zähes Ringen, bis ich das Angriffsschema des Biests erinnerlicht habe.

Der erste Bossgegner – ein bildschirmefüllendes Monstrum.

Ausweichen, Wegrollen, Zurückspringen. Im richtigen Augenblick ein Schlag mit meinem Hammer oder ein Schuss aus meiner Silberbüchse. Die deprimierend lange Lebensleiste des Kleriker-Biests scheint sich kaum zu verringern. Besser geht es da mit einem Molotow-Cocktail, der in das Gesicht des Monstrums geworfen, für ein paar Sekunden Verwirrung sorgt. Genug Zeit, um kräftig loszuhacken und endlich wirklich nennenswerten Schaden anzurichten.

Ein Tipp: Versucht gar nicht in den Kampf zu gehen, ohne euren Vorrat an Blutampullen zu maximieren. Auch eine Neuerung, ihr könnt sie euch direkt über einen Tastendruck einverleiben und so noch ein wenig mehr Lebenszeit erkaufen. Den notwendigen Lebenssaft und andere wichtige Gegenstände findet ihr bei erlegten Gegnern oder könnt sie in einem Geschäft in der Hub-Welt kaufen. Zu dieser gelangt ihr über einen frei geschalteten Speicherpunkt und könnt euch dort, sicher vor allen Gräueln, mit Gegenständen eindecken und eure Ausrüstung verbessern.

Bloodborne

Die verwinkelte Stadt Yharnam, mit unzähligen Gassen, Treppen und Kellern birgt überall ein Geheimnis. Es lassen sich Abkürzungen entdecken, wichtige Gegenstände finden, und hier und da offenbart das Spiel ein wenig von der Hintergrundgeschichte.

Optisch setzt Bloodborne Maßstäbe.

Optisch setzt Bloodborne Maßstäbe. Das perfekte Zusammenspiel von Licht und Schatten, die bedrohlichen Gebäude sind in einer Stilmischung aus Gotik, und dem aus The Order: 1886 bekannten neoviktorianischen London, gehalten. Kadaver von Menschen und Tieren liegen in unterschiedlichen Zuständen der Verwesung auf den Straßen. Werwölfe sind an noch brennende Scheiterhaufen gebunden, Nebel und Regen behindern die Sicht auf die gnadenlosen Gegner.

Die Fülle an Details ist übrigens unglaublich, wenn man denn die Zeit und Ruhe hätte alles genau zu betrachten. Aber immer sitzt die Angst im Nacken, die Furcht vor dem nächsten Tod und dem unausweichlichen Neubeginn. Und genau das macht für mich den richtigen Reiz aus. Ein Spiel zum Reinfuchsen, zum Erlernen, zum Meistern.

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Fazit

From Softwares Game Director Hidetaka Miyazaki bleibt seiner Linie, und seinen Fans, treu. Seit 2009 Demon’ Souls gezeigt hat, dass es sehr viele Spieler gibt, die nicht einfach in einem Schlauchlevel einem Befehle brüllenden Kameraden hinterherlaufen wollen, damit er bloß nicht von den Aufgaben überfordert wird, liefert das Studio konsequent spielbare Herausforderungen an das Können und die Geduld ab. Bloodborne ist die konsequente Weiterentwicklung der Demon Souls-Serie und bietet mit seiner morbiden Atmosphäre, der fantastischen PlayStation 4-Edelgrafik, sowie den schier endlosen Möglichkeiten zu Entdecken, zu Erleben und zu Sterben, ein Meisterwerk für alle Action-Rollenspieler.

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