Viele von euch werden bemerkt haben, dass die Review-Scores für The Last of Us, den brandneuen PS3-Titel vom Uncharted-Studio Naughty Dog, endlich da sind. Während ich das hier schreibe steht der Metacritics Score bei mächtigen 95/100 und zementiert somit den Ruf des Spiels als eines der Besten der aktuellen Konsolen-Generation. Einige der härtesten Kritiker der Branche haben perfekte Punktzahlen vergeben, darunter Eurogamer, Edge und Videogamer. In Deutschland hat sich Gamepro das Spiel schon genauer angesehen.
In nur sieben Tagen könnt ihr euch eine eigene Meinung bilden, für die Zeit bis dahin haben wir uns mit dem Creative Director des Spiels, Neil Druckmann, getroffen um in die Ursprünge des Projekts, seine Entwicklung und die Gedanken des Studios zum fertigen Produkt abzutauchen. Er war wirklich Bestform – als wir gerade mit dem Gespräch anfangen wollten, wurde ihm die erste Review zugespielt – 10/10 in der Edge. Lest jetzt weiter um ein paar tolle Einblicke in die Videospiel-Entwicklung auf dem allerhöchsten Level zu gewinnen.
PlayStation.Blog: Neil, du hattest die Aufgabe, eine brandneue IP zu entwickeln die auf die extrem erfolgreiche Uncharted-Serie folgt. Verspürst du viel Druck auf deinen Schultern?
Neil Druckmann: Auf jeden Fall, einfach schon weil es für mich als Autor und Creative Director eine neue Position ist. Ich glaube aber, es geht da weniger um die Leute außerhalb des Studios als darum, dass ich mein Team stolz machen will. Ich habe das schon ein paar Mal gesagt: Ich habe das Gefühl als wäre ich von den talentiertesten Leuten der ganzen Industrie umgeben – da denkt man oft, dass das eine Liga zu hoch für mich ist. Ich lege also viel Wert darauf, dass sie stolz auf unsere Arbeit sind. Es war wirklich ein tolles Gefühl als wir mal ein Resumee gezogen haben und viele Leute gesagt haben, wie stolz sie auf das Projekt sind.
Joel und Ellie sind nicht unbedingt die typischen Videospiel-Helden. Wie sicher bist du dir, dass sie zu Legenden werden so wie es bei Nathan Drake und Crash Bandicoot der Fall war.
Neil Druckmann: Ich weiß nicht ob sie zu Legenden werden, doch was ich mit Sicherheit sagen kann nachdem ich gesehen habe wie Leute das Spiel spielen ist, dass die beiden eine der besten Performances in der gesamten Videospielgeschichte hingelegt haben. Das ist eine stolze Behauptung, doch die beiden haben uns echt in Begeisterungsstürme versetzt. Nicht nur das: Wir hatten einige Fokus-Tester die das Spiel gespielt haben und tatsächlich anfingen zu weinen. Sie kamen zu uns und meinten: “Ich habe mich noch nie so sehr mit einem Charakter verbunden gefühlt.”.
Wie schwer ist es, ein Videospiel mit glaubhafter Emotion und Drama anzureichern?
Neil Druckmann: Das kann schwierig sein. Ich will nicht sagen, dass es zu schwer war – da ich mit so talentierten Schauspielern arbeiten konnte musste ich gar nicht viel dazutun. Ich habe mich einfach sehr bemüht, immer die Linie beizubehalten die wir mit dem Spiel zeigen wollten und einfache Dialoge zu schreiben. Mein Mantra war “verliebe dich nie zu sehr in den Dialog”. Halte es einfach kurz und natürlich. Wenn es irgendwann mal falsch klingt, ändere es. Die Schauspieler waren sehr gut darin, mir genau zu sagen wenn irgendwas nicht funktioniert hat. Wir haben viel Zeit mit den Proben verbracht, Zeilen gesprochen, sie glattgebügelt und so natürlich wie möglich klingen lassen.
Das grobe Thema in der Story von The Last of Us ist zur Zeit wirklich in Mode – The Road, Revolution und The Walking Dead haben alle in dem gleichen Bereich gespielt. Welche einzigartigen Neuheiten bringt ihr deiner Meinung nach in das Genre ein?
Neil Druckmann: Die Sachen die du da erwähnst stammen alle aus passiven Medien – Man schaut sie an oder liest sie. Wir sind Fans von diesen Sachen, doch uns war auch klar: In einem Spiel, insbesondere in einem Action-Spiel, kann man mit den Mechaniken und dem Gameplay viel machen um euch wirklich mit den Charakteren zu verbinden. Man kann über die Story, die Performance, den Dialog und die Gameplay-Mechaniken eine echte Beziehung aufbauen.
während man mit Ellie interagiert bildet man eine echte Verbindung zu diesem Charakter. Unserem Gefühl nach war diese Kombination sehr stark und kam in Videospielen bisher kaum vor, insbesondere im Survival-Genre. Wir wollten alles um diese Beziehung herum aufbauen. Jede Entscheidung verlief nach dem gleichen Muster: “Wie hilft das der Beziehung und dem Ziel, ein Band zwischen Joel und Ellie zu erzeugen?”. Ich bin wirklich überzeugt, dass wir hier etwas einzigartiges geschaffen haben und die Leute die das Spiel gespielt haben, haben uns genau das bestätigt.
Hast du schon BioShock Infinite gespielt? Was sind deine Gedanken zu der Art und Weise wie sie ihren unterstützenden Charakter, Elizabeth, genutzt haben?
Neil Druckmann: Ich habe es noch nicht gespielt – ich muss da noch einiges aufholen. Ich kann sagen dass wir bei Ellie immer darum bemüht waren, sie lebendig und menschlich wirken zu lassen. Ob man sich nun innerhalb oder außerhalb eines Kampfes befindet: Ellie soll selbst interessante oder überraschende Entscheidungen treffen.
In vielen Spielen die mit NPCs arbeiten die einen begleiten, sind die Begleiter nervig weil man sie letzlich babysitten muss. Wir wollten das vermeiden doch dabei auch nicht das genaue Gegenteil erreichen: Die Charaktere einfach nur in der Ecke sitzen lassen während die Gegner sie ignorieren. wenn das passiert fühlen sie sich nicht wie eine echte Person an. Für uns war es wichtig, dass die Gegner auf Ellie reagieren. Und wenn man im Kampf attackiert wird, hebt sie einen Stein auf und hilft dir. Wenn man im Spiel fortschreitet und sie mehr und mehr Zeit mit Joel verbringt, wachsen ihre Fähigkeiten. Es fühlt sich an, als würde sie sich als Person verändern.
Wie groß ist das Universum und der Mythos den ihr erschaffen habt? Gibt es Raum für weitere Geschichten?
Neil Druckmann: Wir haben viel Zeit auf die Recherche der Welt, der Seuche und die Art und Weise, wie Institutionen auf eine Pandemie reagieren, verwendet. Viel davon spielt sich aber auch bloß im Hintergrund ab und wir haben es ganz bewusst dort belassen, denn darum soll es in der Story nicht gehen – Es geht um die zwei Charaktere und die Reise die sie beschreiten.
Ich denke, die Welt ist reichhaltig genug für weitere Geschichten, doch was die Reise von Joel und Ellie betrifft: Sie endet mit diesem Spiel. Wir wollten die Story ganz bewusst nicht im Unklaren enden lassen. Wenn es niemals ein Sequel geben wird ist das für uns in Ordnung, denn wir haben die Geschichte erzählt die wir erzählen wollten.
Welche Elemente habt ihr eingebaut um den Spieler zu wiederholten Playthroughs zu motivieren?
Neil Druckmann: Es ist, wenn man sich die reine Stundenzahl ansieht, die längste Kampagne die wir je gemacht haben. Außerdem gibt es mehr Sammlerstücke als je zuvor – über diese kann man sehr viel Hintergrundgeschichte mitbekommen. Man wird sie beim ersten Durchspielen wahrscheinlich nicht finden.
Dann gibt es da noch die Rollenspiel-Elemente durch die Joel seine persönlichen Fähigkeiten verbessern kann – wie ruhig ist sein Zielarm, wie viel Gesundheit hat er und so weiter. Es gibt sogar für jede einzelne Waffe Upgrades. Man findet sie nicht beim ersten Spielen nicht finden, deswegen haben wir New Game+ eingebaut, womit wir Spieler motivieren wollen, in einzelne Szenarios einzusteigen und verschiedene Strategien zu probieren.
Es ist unser bisher systematischstes Spiel. Stealth, die Strategie.. jede Konfrontation kann unterschiedlich verlaufen. Man kann den Kampf auch komplett vermeiden wenn man will. Es ist schwierig, aber möglich.
Habt ihr das Kampf-Gameplay im Vergleich zur Uncharted-Serie verändert?
Neil Druckmann: Die Spiele sind sehr unterschiedlich. Ich weiß die Leute versuchen, es mit Uncharted zu vergleichen, doch wir hatten Spieler die besonders hervorgehoben haben, wie anders das Spiel ist – nicht nur im Vergleich mit unseren anderen Spielen, sondern von jedem anderen Spiel das sie bisher gespielt haben.
Ein Beispiel: Wegrennen ist in diesem Spiel eine gute Strategie. Normalerweise macht man das in einem Shooter nicht. Man geht in Deckung und feuert aus allen Rohren. Hier muss man manchmal davonrennen und eine neue Strategie finden, eine Bestandsaufnahme über das Inventar machen, neue Gegenstände herstellen und so weiter. Ganz am Anfang gibt es eine Lernkurve, doch sobald man einmal im Flow ist wird es sich ganz anders anfühlen als alles was man zuvor gespielt hat.
Wie weit ist das fertige Spiel von dem ursprünglichen Konzept entfernt mit dem ihr angefangen habt?
Neil Druckmann: Überraschenderweise hat es sich im Kern so gut wie nicht mehr verändert. Wir hatten die Idee zu diesen Charakteren und wir wollten mit der Story etwas sehr spezifisches ausdrücken. Das hat sich nicht verändert, auch wenn große Teile der Story um diesen Kern sich verschoben haben und Gameplay-Elemente rausgeschnitten und ersetzt wurden. Das Herz des Spiels bilden Joel und Ellie und das Band das sich zwischen ihnen aufbaut. Das war unsere ursprüngliche Vision und ich kann stolz sagen, dass wir uns daran auch gehalten haben.
Bereust du irgendwas?
Neil Druckmann: Du meinst, wenn ich zurückgehen und irgendwas verändern könnte? Mit dem Team das wir hatten und der Zeit die uns zur Verfügung stand, haben wir genau das Spiel entwickelt das wir spielen wollten. Wir haben immer gesagt: Lasst und keinen Kopf darum machen was andere Leute mögen oder was gerade populär ist oder gar irgendwie raten, was auf dem Markt erfolgreich sein könnte. Lasst uns einfach das Spiel machen das wir spielen wollen, das es bisher aber noch nicht gibt. Genau das haben wir auch getan.
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