Gestern habe ich euch ja bereits den ersten Teil unseres Interviews mit Romeo Knight, dem Musiker mit Wurzeln in der Demo-Szene, präsentiert. Heute folgt logischerweise der zweite Teil. Alle Infos über Romeo Knight findet ihr übrigens auf seiner Homepage www.romeoknight.net. Jetzt wünsche ich viel Vergnügen mit dem Interview.
Neben deinem Portfolio an Demo-Arbeiten findet man auch den einen oder anderen Soundtrack für kommerzielle PC-Games aus den frühen bis mittleren 90ern. Es sind einige sehr prominente Namen darunter, unter anderem Bomberman, Dungeon Quest und Nectaris. Der Übergang aus Demoszene zu kommerziellen PC-Games war wohl nur naheliegend auch wenn ich gelesen habe, dass Gamer in der Demoszene manchmal fast schon als verpöhnt gelten. Wie viel Demoszene steckt in der heutigen Videospielbranche?
Man muss da zwei Dinge unterscheiden: Gamer sind auf reinen Demoszene-Parties nicht erwünscht, weil es hier einfach um was anderes geht. Für Gamer gibt es LAN-Parties oder Parties wie z.B. “The Gathering”, auf denen ausdrücklich beides vertreten ist. Es ist allerdings schon so, dass ein Großteil der aktiven Szene tatsächlich in der Spielebranche arbeitet oder zumindest mal gearbeitet hat, letzlich hat die Entwicklung eines Demos mit der eines Spiels ja bis auf die Interaktivität grundsätzlich eine Menge gemein. Spieleentwickler rekrutieren bis heute aus der Demoszene, weil das programmiertechnische und kreative Potential dort einfach unglaublich hoch ist.
Wer war zuerst da, das Huhn oder das Ei?
Das Bier.
Dann folgte aber irgendwann der Bruch. Heute bist du, soweit ich weiß, berichtige mich gerne, nicht mehr in aktuelle Videospielproduktionen involviert. Was ist passiert?
Wie oben schon gesagt, war mir das rumkomponieren auf einer Computerplattform mit 4 Spuren irgendwann einfach nicht mehr genug. Ich hatte inzwischen angefangen, Gitarre zu spielen, wollte mit Bands auftreten und weg von der reinen Computer(spiel)musik, die ja zu dieser Zeit im allgemeinen immer noch weitgehend belächelt wurde. (Die standardmäßige Nutzung von voll ausproduzierter Musik aus dem Studio, wie heute üblich, war ja damals noch Zukunftsmusik (hahaha, Wortspiel 🙁 ))
Die Tatsache, dass ich inzwischen für ein paar Projekte bekannter Spielefirmen Musik abgeliefert hatte, liess mich dabei kalt; ich wollte mich als Musiker weiterentwickeln und somit war Tracker-Musik für mich ab da erstmal uninteressant, egal ob für Spiele oder Demos. Somit habe ich dann zunächst “nur” noch Gitarre in verschiedenen Bands gespielt, beruflich übrigens seit ’95 den Ton zu Werbespots produziert. Irgendwann habe ich dann die musikalische Studioarbeit vermisst und 2004 damit begonnen, C64-Remixe zu machen und an einigen Independent Game-Projekten mitzuarbeiten. Dadurchkonnte ich meine musikalische Bandbreite stark erweitern, insbesondere die C64-Remixe waren eine tolle Spielwiese, weil man ja auf Basis der oft rudimentären C64-Tracks alle möglichen Stilistiken ausprobieren konnte.
Aktuell suche ich jetzt gerade wieder den Weg zurück in die Spielemusik-Branche und arbeite inzwischen für einen neuen Hamburger Entwickler namens Mode6.
Lassen wir die Geschichte mal hinter uns und sprechen ein wenig über deine Musik. Wenn ich mich so ein wenig durch deine Projekte höre, hast du dich noch bis in die 90er hinein sehr stark mit den klassischen elektronischen Sounds aus den 80ern beschäftigt und deine Musik langsam immer gitarrenlastiger werden lassen. Trotzdem ist der Anteil an elektronischen Effekten immer sehr hoch geblieben. Bringt es das auf den Punkt oder habe ich was überhört? Woher kommen deine Inspirationen?
Nein, Du hast schon recht. Die intensive Beschäftigung mit der Gitarre hat natürlich meinen persönlichen Stil stark beeinflusst. Das schöne dabei ist, dass die (E-)Gitarre ein so vielseitiges Instrument ist, man kann sie in allen erdenklichen Stilrichtungen einsetzen und sie ermöglicht, ähnlich wie ein Synthesizer, eine unglaubliche Vielzahl an Sounds. So benutze ich in meinen neueren Demo-Tracks sehr viele Gitarrensounds, die im Kontext des Stückes aber gar nicht mehr als solche zu erkennen sind, sondern durch Bearbeitung und Manipulation eher synthetisch klingen. Nach wie vor nutze ich aber auch viele elektronische Sounds, oftmals greife ich im Studio aber auch bei elektro-lastigen Tracks dann doch zu Gitarre und Bass, weil ich damit einfach intuitiver komponieren und einspielen kann, ich bin schliesslich kein Pianist. Ich denke im Augenblick auch über die Anschaffung eines MIDI-Blaswandlers nach, da ich ja einen fundierten Klarinetten Background habe und solch ein Blaswandler (u.a. nach Aussagen befreundeter Komponisten) sehr expressive Modulationsmöglichkeiten bieten soll.
Inspirationen hole ich mir wie jeder von überall her – Musik, Filme, Spiele, Mitmenschen, emotionale Momente, aus dem ganz normalen Alltag, bewusst und unbewusst. Wichtig ist einfach, dass man sich nicht nur im Studio einschliesst, sondern gewollt Einflüsse von aussen zulassen muss, um sich kreativ nicht im Kreis zu drehen. Wenn man wie ich ganz unterschiedliche Musikrichtungen bedienen will, sollte man sich natürlich keinem Genre verschliessen und sich für alles interessieren. Sogar für Volksmusik. (Ok, für die vielleicht nicht :-))
Was machst du denn aktuell so?
Im Augenblick arbeite ich an der Musik für ein arcadiges iPhone-Puzzlegame von Mode6, und habe gerade das Sounddesign für das iPhone-Game “Merlin” zur aktuellen britischen BBC-TVSerie abgeschlossen (die Musik aus der Serie durfte benutzt werden, deshalb blieb für mich nur das Sounddesign übrig :-)). Desweiteren unterstütze ich seit Jahren das ambitionierte Independent-Projekt “Conquest of Heroes” für PC – hier sind orchestrale Soundtracks gefragt, was natürlich eine besondere Herausforderung darstellt; einige Tracks zu diesem Spiel sind auf meiner Website zu hören. Das muss aber natürlich in der Prorität gegenüber bezahlten Projekten zurückstehen. Ansonsten versuche ich nach wie vor, wenn es die Zeit erlaubt, C64-Remixe unter die Leute zu bekommen und natürlich auch Soundtracks für Demos zu produzieren. Die letzte war “Lucifer”, released auf der letzten Breakpoint. Desweiteren hoffe ich im Oktober auf der “X” (C64-Nerd-Party in Holland) wieder mit der C64-Coverband “6581” auftreten zu können, ist aber noch nicht sicher, ob das klappt!
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